Xeelee 3: Ring
Isolation.«
»Und«, mutmaßte Uvarov scharf, »zweifellos weist die lange Karriere von Suprahet auch einige dunkle Punkte auf…«
Poole antwortete nicht.
»Du sagtest, daß die Ziele von Suprahet durch den Zwischenfall mit den Freunden modifiziert wurden«, warf Louise ein.
»Ja. Laß mich das anhand dieser virtuellen Trickkiste erklären.«
Der Tetraeder erwachte erneut zum Leben. Er rotierte über ihnen, ein glitzerndes, kilometergroßes Juwel.
»Das Cauchy -Interface«, referierte der Virtuelle. »Die größte seinerzeit konstruierte Wurmlochmündung – und darüber hinaus das größte aus exotischer Materie konstruierte Exponat.«
Das Gesicht des Virtuellen wirkte hager im changierenden Licht des Interface – sehnsüchtig, sagte sich Louise.
Michael Poole war zu Recht wegen seiner Leistungen gefeiert worden. Er war der Brunel seiner Zeit gewesen, und noch mehr als das. Seine Wurmloch-Projekte hatten das Sonnensystem erschlossen, genauso wie die großen Eisenbahnen vor zweitausend Jahren den amerikanischen Kontinent erschlossen hatten.
Ein Wurmloch war eine Verzerrung der Raumzeit – ein Schlauch, der zwei Ereignisse in der Raumzeit miteinander verband, die sonst durch Lichtjahre oder Jahrtausende voneinander getrennt gewesen wären. Im Naturzustand existierten Wurmlöcher in allen Größenordnungen, wobei sie indessen überwiegend im Bereich der Planckschen Wellenlänge auftraten – 25 * 10 -40 m, dem Bereich, in dem der Raum selbst bereits in den körnigen Zustand überging.
Bei der Arbeit im Jupiterorbit hatten Michael Poole und sein Team natürliche Wurmlöcher isoliert und vergrößert; dabei hatte Poole so große Wurmlöcher konstruiert, daß ganze Raumschiffe hindurchpaßten.
Wurmlöcher waren grundsätzlich instabil. Poole hatte seine Wurmlöcher mit Gerüsten aus exotischer Materie stabilisiert – Materie mit einer negativen Energiedichte und einem Druck, der höher war als die Restmassenenergie. Die exotische Materie erzeugte negative Gravitationsfelder mit Abstoßungswirkung, so daß die Wurmlöcher offengehalten werden konnten.
Louise rief sich das Hochgefühl jener Zeit in Erinnerung. Poole-Interfaces wurden aus der Jupiterumlaufbahn geschleppt und überall im Sonnensystem stationiert. Die Wurmlöcher ermöglichten, daß das innere System mit unterlichtschnellen GUT-Schiffen in wenigen Stunden statt in Monaten durchquert werden konnte. Das Jupitersystem entwickelte sich zu einem Drehkreuz des interplanetarischen Handels. Port Sol – ein konvertiertes Kuiper-Objekt am Rande des Sonnensystems – wurde als Basis für die ersten großen, interstellaren Flüge eingerichtet.
Michael Poole hatte das Sonnensystem explosionsartig erschlossen, wobei der Vorgang seit den Tagen der Eroberung der Weltmeere auf der alten Erde alles an Dramatik überbot.
»Es war eine wunderbare Zeit. Aber du hattest doch noch größere Ziele vor Augen«, mutmaßte sie. »Nicht wahr, Michael?«
Der Virtuelle starrte zu dem Display hoch, mit eingefrorenen Gesichtszügen und offensichtlich unfähig, zu sprechen.
»Du meinst die Cauchy, Louise?« fragte Mark leise.
»Ja. Michael Poole benutzte die Wurmloch-Technologie zum Reisen – nicht nur durch den Raum –, sondern auch durch die Zeit.« Sie zeigte zu dem oben in der Kuppel hängenden Tetraeder. »Dies ist nur ein Interface aus Pooles größtem Wurmloch-Projekt: Terminals mit einer Größe von fünf Kilometern, und die Mündung selbst mit einem Durchmesser von mindestens anderthalb Kilometern. Das zweite Wurmloch-Interface wurde mit einem GUT-Schiff gekoppelt – der Cauchy.«
Das GUT-Schiff startete zu einem subrelativistischen Flug jenseits des Randes des Sonnensystems – einem kreisförmigen Flug, der das Schiff schließlich wieder zum Jupiter zurückbringen sollte. Die Cauchy transportierte eines von Pooles Wurmloch-Interfaces. Das andere verblieb in der Jupiter-Umlaufbahn.
Der Flug dauerte fünfzehn Jahrhunderte – aber dank der Effekte der Zeitdilatation vergingen für die Besatzung der Cauchy nur zwei Subjektiv-Jahrhunderte.
Die beiden Interfaces blieben durch die Verzerrung der Raumzeit miteinander verbunden. Wegen dieser Verbindung war das Cauchy-Interface, als es in das über ein Jahrtausend in der Zukunft liegende Sonnensystem einflog, noch immer mit seinem Gegenstück im Jupiterorbit verbunden – wo seit dem Start der Cauchy, wie auch für die Besatzung des Schiffes, nur zwei Jahrhunderte vergangen waren.
»Bei der Passage durch
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