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Xeelee 3: Ring

Xeelee 3: Ring

Titel: Xeelee 3: Ring Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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Oberkörpers zu aktivieren. Von seiner Wohnung hier auf Deck Zwei konnte Morrow durch den offenen, mehrschichtigen Boden einige Details des unterhalb liegenden Decks Drei ausmachen; er sah Häuser, Fabriken, Büros, und – alle anderen Gebäude überragend – die imponierende Architektur der Tempel der Planer, die sich wie dicke Wolken über die durchbrochenen Ebenen verteilten. Jenseits der Gebäude und Straßen waren die Wände der Welt: Schichten aus Metall, die mit Sicken versteift waren. Und über allem hing der vielschichtige Himmel, ein Deckel aus Verstrebungen und Platten, beengend und bedrückend.
    Er ließ die morgendliche Routine ablaufen – wusch sich, rasierte Gesicht und Kopf und delektierte sich an einem ballaststoffreichen Frühstück. Er stieg in seine sauberste Hose aus Standardgewebe. Dann machte er sich auf den Weg zu dem Termin mit Planer Milpitas.
    Die Sozietät umfaßte zwei Decks, Zwei und Drei. Die bewohnten Decks waren in einer Geometrie aus konzentrischen Kreisen entworfen worden, in einem Muster aus Sektoren und Segmenten, die durch als Radien und Sehnen konzipierte Straßen abgeteilt wurden. Deck Vier, die Ebene unterhalb von Drei, war zwar zugänglich, aber unbewohnt; Suprahet hatte schon vor langer Zeit verfügt, daß es als Rohstoffquelle dienen sollte. Und es gab auch noch eine Ebene darüber, Deck Eins genannt, das ebenfalls unbewohnt war – aber anderen Zwecken diente.
    Morrow hatte keine Ahnung, was sich über Deck Eins oder unter Deck Vier befand. Die Planer förderten die Neugier nicht.
    Er begegnete nur wenigen Leuten bei seinem Marsch über das Deck. Er ging natürlich zu Fuß; die Welt hatte nur einen Durchmesser von sechzehnhundert Metern, so daß Gehen oder Fahrradfahren meistens ausreichte. Morrow lebte in Segment 2, einem wenig reizvollen Decksabschnitt in der Nähe der Außenwandung. Der Tempel befand sich in Sektor 3 – fast auf der entgegengesetzten Seite, aber dicht am Zentrum des Decks. Morrow konnte die an Sektor 5 vorbeiführenden radialen Strecken abkürzen und fast direkt zum Tempel gelangen.
    Ein großer Teil von Sektor 5 firmierte noch immer unter der Bezeichnung Poole Park – ein Name, der ihm beim Start des Schiffes verliehen worden war, wie Morrow erfahren hatte. Jetzt indessen hatte er nicht mehr viel von einem Park an sich. Morrow, der keinen Wert darauf legte, zu früh bei Milpitas zu erscheinen, spazierte langsam an Reihen von armseligen, hüttenähnlichen Wohnungen und Geschäften vorüber. Die Läden trugen die Namen ihrer Besitzer und Waren, aber auch primitive, naive Gemälde der Güter, die drinnen feilgeboten wurden. Hie und da kämpften Unkraut und wilde Blumen zwischen den Wänden der Geschäfte ums Überleben. Er passierte zwei INST-’bots: Niedrige, mit Besen und Schaufeln bestückte Wägelchen, die mühsam die ausgetretenen Straßen abfuhren.
    Die Reihen kleiner Wohngebäude, die winzigen Läden und Treffpunkte, die Bibliotheken und Fabriken schauten aus wie immer: Nicht unbedingt schmutzig – jede Nacht wurde alles von den Regenmaschinen gesäubert –, aber uniform.
    Ein alter Funke regte sich in Morrows müdem Geist. Uniform. Ja, das war das Wort. Schrecklich uniform. Nun näherte er sich dem Tempel der Planer. Die viereckige Pyramide war achtzig Meter hoch und aus einem schimmernden Metall errichtet, dessen Kanten bläulich glänzten. Morrow fühlte sich richtig klein, als er darauf zuging, und unbewußt verlangsamten sich seine Schritte; in einer Welt, in der nur wenige Bauwerke mehr als ein Stockwerk hatten, waren die Tempel überall sichtbar, groß, anonym – und einschüchternd.
    Was zweifelsohne auch beabsichtigt war.

    Planer Milpitas wendete unablässig ein Stück Metall in den langen Fingern und beäugte Morrow dabei. Sein Schreibtisch war leer, und die Wände kahl. »Du stellst zu viele Fragen, Morrow.« Die Kopfhaut des Planers spannte sich dünn wie Papier über den Schädel und zeigte eine feine Narbenspur.
    Morrow versuchte zu lächeln; immer, wenn er ein Gespräch begann, fühlte er sich unsagbar müde. »Das habe ich doch immer schon gemacht.«
    Der Planer lächelte nicht. »Ja. Das hast du. Aber mein Problem ist, daß deine Fragen andere manchmal stören.«
    Morrow versuchte, ein Zittern zu unterdrücken. An der Oberfläche seines Verstandes war Angst und ein Gefühl der Hilflosigkeit – aber darunter brodelte ein Zorn, den er – wie er wußte – unter Kontrolle zu halten hatte. Milpitas konnte, wenn er nur

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