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Xeelee 3: Ring

Xeelee 3: Ring

Titel: Xeelee 3: Ring Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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ließ sie herabfallen. Er schien nicht zu wissen, was er sagen sollte; unmerklich veränderte sich seine Körperhaltung, und die Schultern sackten leicht ab; unter ihrem Blick bekam er Angst.
    Sie war größer als er. Merklich älter. Abrupt registrierte sie die noch kindlichen Rundungen seines Gesichts, sein unsicheres Auftreten. Der Gedanke, ihn zu berühren – die Erinnerung an ihre fiebrigen Träume in der Nacht –, schien ihr mit einemmal absurd.
    Sie spürte, wie sich die Halsmuskeln anspannten; sie glaubte schreien zu müssen. Matthew schien vor ihr zurückzuweichen, als ob sie ihn durch einen Tunnel sähe.
    Erneut hatten die emsigen Nanobots – die verdammte, endlose nanotechnische Infektion ihres Körpers – ihr ein Teil ihres Lebens genommen.
    Diesmal aber konnte sie es nicht mehr ertragen.

    Phillida hatte noch nie so alt ausgesehen. Die Haut schien sich straff über die Wangenknochen zu spannen, mit tief eingegrabenen Falten. »Es tut mir leid«, sagte sie. »Glaube mir. Als wir – George und ich – uns zu diesem Programm meldeten, wußten wir, daß es schmerzlich werden würde. Aber wir hätten uns nie träumen lassen, wie sehr. Keiner von uns hatte vorher schon Kinder gehabt. Sonst hätten wir vielleicht ermessen können, wie du dich jetzt fühlst.«
    »Ich bin ein Freak! Ein Krüppel! Ein absurdes Experiment«, schrie Lieserl. »Ein Konstrukt. Warum habt ihr einen Menschen aus mir gemacht? Warum nicht ein gefühlloses Insekt? Warum keinen Virtuellen?«
    »Oh, du mußtest schon ein Mensch werden. So menschlich wie nur möglich…«
    »Ich bin nur in Fragmenten menschlich«, entgegnete Lieserl bitter. »In Scherben. Die mir auch noch genommen werden, sobald ich sie finde. Das ist nicht menschlich, Phillida. Das ist grotesk.«
    »Ich weiß. Es tut mir leid, mein Liebes. Komm mit mir.«
    »Wohin?«
    »Nach draußen. In den Garten. Ich möchte dir etwas zeigen.«
    Mißtrauisch und feindselig tolerierte Lieserl, daß ihre Mutter sie an der Hand nahm; aber sie ließ die Finger starr und kalt in Phillidas warmem Griff liegen.
    Es war jetzt Vormittag. Das Licht der Sonne überflutete den Garten; Blumen – weiß und gelb – richteten sich gen Himmel.
    Lieserl schaute sich um; der Garten war leer. »Was soll ich mir denn anschauen?«
    Phillida deutete feierlich nach oben.
    Lieserl legte den Kopf in den Nacken und beschirmte die Augen, um das Licht auszublenden. Der Himmel war eine strahlend blaue Kuppel, die nur in großer Höhe von einem Kondensstreifen und den Lichtern der Raumstationen durchbrochen wurde.
    Sanft zog Phillida Lieserls Hand vom Gesicht, legte die Hände unter ihr Kinn und richtete ihr Gesicht auf die Sonne wie eine Blume.
    Das Licht schien ihren Kopf auszufüllen. Geblendet schlug sie die Augen nieder und starrte Phillida durch einen Schleier verschwommener, gestreifter Nachbilder auf der Netzhaut an. »Die Sonne?«
    »Lieserl, du wurdest – konstruiert. Du weißt das. Du wirst durch einen menschlichen Lebenszyklus gepreßt, der um mehrere hundertmal beschleunigt ist…«
    »Ein Jahr pro Tag.«
    »Ja, ungefähr. Aber die Sache hat einen Sinn, Lieserl. Eine Rechtfertigung. Du bist nicht nur ein Experiment. Vielmehr hast du eine Mission.« Sie deutete auf die ausgedehnten, freundlichen Gebäude, aus denen das Anwesen bestand. »Die meisten Leute hier, besonders die Kinder, wissen nichts von dir. Sie haben Jobs, Ziele – sie leben ihr eigenes Leben. Aber sie sind für dich hier.
    Lieserl, das Anwesen soll dich mit Menschlichkeit imprägnieren. Deine Erfahrungen sind konstruiert worden – George und ich wurden dafür ausgewählt –, um sicherzustellen, daß sich die ersten paar Tage deiner Existenz so menschlich wie möglich gestalten.«
    Die ersten paar Tage? Plötzlich war die ungewisse Zukunft wie eine schwarze Wand, die sich vor ihr auftürmte; sie glaubte, genauso wenig Kontrolle über ihr Leben zu haben, als ob sie ein Stein auf einem riesigen, unsichtbaren Brett mit Schlangen und Leitern gewesen wäre. Sie richtete das Gesicht in die Wärme der Sonne. »Was bin ich?«
    »Du bist… künstlich, Lieserl.«
    »In wenigen Wochen wird deine menschliche Hülle altern. Du wirst eine neue Gestalt annehmen… Dein menschlicher Körper wird…«
    »Abgelegt werden?«
    »Lieserl, es ist so schwierig. Dieser Moment wird mir wie dein Tod vorkommen. Aber du wirst nicht sterben. Es wird nur eine Metamorphose stattfinden. Du wirst über neue Fähigkeiten verfügen – auch dein Bewußtsein wird

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