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Xeelee 3: Ring

Xeelee 3: Ring

Titel: Xeelee 3: Ring Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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schnellen, koordinierten Flügen an ihr vorbeistoben. Sie spürte Ehrfurcht – und noch etwas anderes: Neid.

    Sie zog sich vom schrumpfenden Kern der Sonne zurück, hinaus aus der heißen Wasserstoff-Fusionsschale, und jagte in die Hülle – den aufgeblähten Gasmantel, in den sich die äußeren vierzig Prozent der gigantischen Sonnenmasse verwandelt hatten. Die Hülle war ein Universum aus dünnem Gas – so dünn, stellte sie sich vor, daß sie, wenn sie nur gründlich genug hinschaute, durch diese wirbelnden Schichten die dahinterliegenden Sterne sehen konnte (oder das, was von ihnen noch übriggeblieben war).
    Die Sonne war selbst zu einem ›Westentaschen-Kosmos‹ geworden, mit einem eigenen Stern – die Wasserstoff-Fusionshülle um den erloschenen Kern –, der im Mittelpunkt dieses dichten, mit Gas angefüllten Raums loderte. Aber die äußeren Schichten, der Mantel, waren so aufgebläht, daß sie den Kern winzig erscheinen ließen. In der Tat, so realisierte sie, glichen die Dimensionen der Sonne denen eines Atoms, wobei der geschrumpfte, flammende Kern in seiner Mantelwolke proportional den gleichen Raum einnahm wie ein Atomkern in seiner Elektronenwolke.
    Die Photino-Vögel ballten sich um den schrumpfenden Kern der Sonne und zapften unerbittlich seinen Energievorrat an. Sie befand sich jetzt außerhalb des Hauptschwarms – obwohl einige Nachzügler aus dem externen Universum noch immer an ihr vorbeijagten, auf dem Weg zur Herde. Mit einem neuerlichen Gefühl der Entrücktheit begann sie die Aktivitäten der Vögel mit einer sich verstärkenden Unruhe zu registrieren. Aus dieser Perspektive wirkten die Vögel wie Aas, dachte sie, oder wie winzige, bösartige Parasiten.
    Rastlos und beunruhigt bewegte sich Lieserl durch die riesige Hülle. Sie sah, daß selbst dieser immense Raum eine Struktur aufwies. Die Photosphäre des neuen Roten Riesen – seine riesige, glühende Oberfläche – war wirklich strahlungsdurchlässiger geworden; seine Temperatur war so weit gesunken, daß sich Elektronen wieder mit Protonen verbanden und die Durchlässigkeit der Oberflächenschichten erhöhten. So strahlte die Sonne in der Tat – obwohl sich ihre Oberflächentemperatur reduziert hatte – per Saldo mehr Energie ab, als das vor ihrer Expansion der Fall gewesen war.
    Um diesen Anstieg der Leuchtkraft zu unterstützen, hatten immense Konvektionszyklen eingesetzt – Zellen, die Millionen Kilometer umfaßten und eine Lebensdauer von mehreren hundert Tagen hatten. Die Konvektionszyklen gruben sich tief in den Mantel, um Energie aus den Kernregionen zu fördern und sie in den Weltraum abzustrahlen – und zusammen mit dieser Energiegewinnung, so erkannte Lieserl, veränderte die Konvektion auch die Zusammensetzung der Sonne und verschmutzte die äußeren Regionen mit Fusionsrückständen wie Stickstoff-14, der aus dem Kernbereich stammte.
    Kohärente Maserstrahlung zuckte an den Flanken der Konvektionszellen entlang und überraschte sie durch ihre Intensität.
    Während sie sich durch das dünne Gas bewegte, spürte sie schwache Stöße, eine Erschütterung des aus exotischer Materie bestehenden Gitters ihres Interface.
    Sie befand sich in einer Turbulenzzone. Der Konvektionsprozeß lief nicht mit maximalem Wirkungsgrad ab, und Energie, die aus den inneren Regionen herausstrebte, war gezwungen, sich in einer komplexen, raumfüllenden Konfiguration turbulenter Zellen aufzufächern. Auch das Magnetfeld der Sonne wurde von diesen Turbulenzen beeinflußt. Sie sah, wie der Fluß aus dem Innern der Zellen herausgedrückt wurde und dünne Schichten zwischen den Oberflächen der Zellen bildete – aber diese Lagen waren instabil und platzten wie Seifenblasen, wobei sie Flußstränge an den Nahtstellen der Turbulenzzellen zurückließen. Lieserl schwamm durch ein Millionen Kilometer weites Netz aus magnetischen Flußsträngen.
    Es war eine bizarre Vorstellung, daß sie – wenn sie es wollte – bis zum ehemaligen Orbitalradius der Erde vorstoßen konnte, ohne dabei den Bereich der Sonne zu verlassen.
    Lieserl wußte – mit entrückter, abstrakter Trauer –, daß die inneren Planeten, einschließlich der Erde – von dem abgekühlten, rotglühenden Mantel der Sonne verschlungen worden waren. Sie erinnerte sich an ihre kurze, goldene Kindheit: Die glitzernden Strände der Ägäis, den salzigen, lockenden Geruch des Meeres, das Gefühl des Sandes zwischen den Babyzehen. Vielleicht erfreuten sich Menschen, irgendwo, noch an

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