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Xeelee 4: Flux

Xeelee 4: Flux

Titel: Xeelee 4: Flux Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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wieder auf das Meer und sah, daß es in alle Richtungen leicht abfiel; es bestand kein Zweifel daran, daß er eine große Kugel betrachtete. Sogar die Feldlinien krümmten sich leicht, während sie auf die Horizonte des Meeres zuliefen. Es hatte den Anschein, daß sie das Meer wie ein Käfig umschlossen.
    Farr war in dem Bewußtsein aufgewachsen, daß die Welt – der Stern – eine vielschichtige Kugel darstellte, einen Neutronenstern. Die Kruste war die Oberfläche der Kugel; das Quanten-Meer war der unzugängliche Mittelpunkt; und der Mantel, einschließlich des menschlichen Habitats, war die zwischen Kruste und Quantenmeer befindliche Luft-Schicht. Doch die Theorie war eine Sache; das Phänomen mit eigenen Augen zu sehen war eine andere.
    Er war hoch oben. Und er spürte es. Er schaute in die Tiefe, in die Leere, die sich zwischen ihm und dem Meer erstreckte. Die Stelle, wo das Netz sich befunden hatte, war nur noch zu erahnen. Wenn die Überreste wenigstens noch zu sehen gewesen wären, hätte er etwas gehabt, woran er sich in dieser gigantischen Leere hätte festhalten können…
    Woran hätte er sich festhalten sollen?
    Plötzlich glaubte er, der Magen würde sich in Luft auflösen, und das Magfeld, in dem er emporkletterte, war nicht mehr nur unsichtbar, sondern es kam ihm fast nonexistent vor. Er hatte den Eindruck, sich im freien Fall zu befinden…
    Er schloß die Augen und versuchte sich in eine andere Welt zu flüchten, in die Phantasien seiner Kindheit. Vielleicht wäre er noch einmal ein Krieger in den Kern-Kriegen, den epischen Schlachten mit den Kolonisten am Beginn der Zeit. Einst waren die Menschen stark und mächtig gewesen, mit magischen ›Wurmloch-Schnittstellen‹, mit denen sie Tausende von Mannhöhen in einem Schritt bewältigten, und sie hatten große Maschinen besessen, mit denen sie zu den Sternen und darüber hinaus flogen.
    Doch die Kolonisten, die mysteriösen Bewohner vom Herzen des Sterns, hatten ihr schäbiges Reich verlassen, um Krieg gegen die Menschheit zu führen. Sie hatten die Schnittstellen und die übrige Technik zerstört oder gestohlen und hätten die Menschheit noch vom Antlitz des Mantels getilgt, wäre da nicht der listenreiche Farr gewesen: Farr der Ur-Mensch, der gigantische Gottes-Krieger…
    Plötzlich spürte er eine Berührung an der Schulter; er schlug die Augen auf und erblickte – keinen Kolonisten –, sondern Dura, die mit einem bewußt ausdruckslosen Gesicht vor ihm schwebte. Sie wies nach oben. »Wir sind da.«
    Farr schaute nach oben.
    Blätter – von denen jeweils sechs zu symmetrischen ›Blüten‹ angeordnet waren – hingen direkt über seinem Kopf. Unmotivierte Dankbarkeit wallte in Farr auf, und er verschwand in der Dunkelheit hinter dem Laub.
    Ein Ast, der ungefähr den Umfang seines Körpers hatte und aus pechschwarzem Holz bestand, führte in die von einem blauen Glühen durchdrungene Finsternis… nein, sagte er sich, es war genau umgekehrt; irgendwo dort oben war der Baumstamm, der aus der Kruste wuchs, und aus ihm wuchs der Ast, und aus diesem wuchsen wiederum die Blätter, die sich dem Meer zuwandten. Er strich über das Holz; es war hart und glatt, aber erstaunlich warm. Ein paar Zweige baumelten am Ast, und winzige Blätter drängten sich, dem Licht entgegenstrebend, zwischen ihre größeren ›Verwandten‹.
    Er schlug die Arme um den Ast, als ob er den Arm seiner Mutter umklammerte. Das Holz wärmte seinen ausgekühlten Körper. Irgendwie war ihm das peinlich, doch er verdrängte dieses Gefühl wieder; Hauptsache, er war in Sicherheit.
    Dura schlüpfte durch die Blätter und setzte sich neben ihn. Im Dämmerlicht zeichneten sich die Konturen ihres Gesichts ab. Sie lächelte ihn verlegen an. »Mach dir nichts draus«, sagte sie so leise, daß die anderen es nicht hörten. »Ich weiß, wie du dich fühlst. Mir ging es genauso, als ich zum ersten Mal hier oben war.«
    Farr runzelte die Stirn. Zögernd stieß er sich vom Ast ab. »Wirklich? Aber ich habe den Eindruck, als ob… als ob ich vom Baum gezogen würde…«
    »Es heißt ›vom Baum fallen‹.«
    »Aber das ist doch lächerlich, nicht?« ›Fallen‹ bedeutete für Farr, wenn man beim Schwimmen im Magfeld den Halt verlor. Die Fallhöhe betrug jedoch höchstens ein paar Mannhöhen – aufgrund des, wenn auch minimalen, Luft -Widerstands und der in der Haut induzierten Ströme wurde man bald abgebremst. Ein völlig ungefährlicher Vorgang. Anschließend schwamm man einfach

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