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Xeelee 4: Flux

Xeelee 4: Flux

Titel: Xeelee 4: Flux Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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weiter.
    Dura grinste. »Man hat den Eindruck…« – sie zögerte – »… als ob man vom Baum abrutschte, im freien Fall durch das Magfeld stürzte und schließlich im Meer versänke. Und bei dieser Vorstellung dreht sich einem der Magen um.«
    »Genauso ist es«, sagte er, wobei er sich über ihre präzise Beschreibung wunderte. »Aber was hat das zu bedeuten? Weshalb haben wir dieses Gefühl?«
    Achselzuckend zupfte sie an einem Blatt. Mit einem schmatzenden Geräusch löste sich das schwere, fleischige Blatt vom Ast ab. »Ich weiß es nicht. Logue sagte, es sei tief in uns drin. Ein Instinkt, über den die Menschen schon verfügten, als sie zu diesem Stern gebracht wurden.«
    Farr dachte darüber nach. »Muß wohl mit den Xeelee zu tun haben.«
    »Vielleicht. Oder mit noch älteren Wesen. Wie dem auch sei, es ist nichts, worüber du dir Sorgen machen müßtest. Hier.« Sie hielt ihm das Blatt hin.
    Vorsichtig ergriff er es. Das handtellergroße, bronzefarbene Blatt war von radialen purpurnen und blauen Linien durchzogen. Es war elastisch und warm wie das Holz, schien sich indes nach der Trennung vom Ast schnell abzukühlen. Er drehte es um und berührte es mit der Fingerspitze; die Unterseite war trocken und geschwärzt. Er schaute zu Dura hoch. »Danke«, sagte er. »Aber was soll ich damit?«
    »Vielleicht ist es eßbar«, sagte sie lachend.
    Nachdem er ihr Gesicht gründlich gemustert hatte, um sich zu vergewissern, daß sie keinen Witz gemacht hatte – normalerweise veralberte Dura ihn nicht; dazu war sie nämlich zu ernsthaft… aber man wußte ja nie –, führte Farr das Blatt zum Mund und biß hinein. Die Masse war weich und schien geradezu auf der Zunge zu zergehen, doch sie schmeckte erstaunlich gut, wie das Fleisch eines Luft-Ferkels; und dann stopfte Farr sich das Blatt in den Mund.
    Nach wenigen Sekunden hatte er es verzehrt und leckte sich genießerisch die Lippen. Das Blatt war ein wohlschmeckender, aber leichter Imbiß gewesen und hatte seinen Hunger nur verstärkt. Suchend schaute er sich um. Hier oben auf der Baumkrone hatten die Blätter sich nach unten zum Quantenmeer ausgerichtet, wie eine Fläche aus breiten, flachen Kindergesichtern. Farr bückte sich, um ein weiteres Blatt abzureißen.
    Dura hielt ihn zurück. »Nun mal langsam. Laß dem Baum auch noch ein paar Blätter«, sagte sie lachend.
    »Das schmeckt lecker«, sagte Farr mit vollem Mund.
    Sie nickte. »Ich weiß. Aber um satt zu werden, müßtest du den Baum schon entlauben… deshalb jagen wir auch die Luft-Schweine, die die Blätter – und das Gras – für uns fressen.« Sie schürzte die Lippen. »Wie wäre es mit einer kleinen Lektion«, sagte sie plötzlich in einem Tonfall, der für Farr eine erschreckende Ähnlichkeit mit der Diktion ihres verschollenen Vaters aufwies. »Was glaubst du wohl, weshalb die Blätter so schmackhaft sind?«
    »Weil sie mit Protonen angereichert sind«, sagte Farr nach einiger Überlegung.
    Dura nickte. »Fast richtig. Sie sind mit protonenreichen Isotopen gesättigt – Krypton, Strontium, Zirkonium, Molybdän… sogar etwas schweres Eisen ist dabei. Ein Kryptonkern besteht zum Beispiel aus hundertachtzehn Protonen, während die Zinnkerne in unserem Körper nur fünfzig haben. Und unser Körper braucht Protonen als Energielieferant.« Die schweren Kerne wurden im menschlichen Magen gespalten, wobei Protonen sich mit Neutronen aus der Luft zu Zinnkernen verbanden – Zinn war nämlich der stabilste Atomkern in der Luft – und Energie freigesetzt wurde. »Und woher stammt nun die protonenreiche Substanz?«
    »Von der Kruste«, erwiderte er mit einem Lächeln. »Das weiß doch jeder.«
    Die Kruste, die auch keine höhere Dichte hatte als Luft, war porös wie ein Schwamm. Die äußerste Schicht bestand aus Eisenkernen. In den darunterliegenden Schichten wurden die Atomkerne durch den ansteigenden Druck mit Neutronen angereichert, wodurch immer schwerere Isotope gebildet wurden… bis die Protonenkonfigurationen der aufgeweichten Kerne sich schließlich überlappten und die Neutronen aus dem Verbund verdrängten. Die freigesetzten Neutronen bildeten nun die Luft, ein Neutronen-Suprafluid.
    »Gut«, sagte Dura. »Und wie gelangen die Isotopen von der Kruste in die Blätter?«
    »Das ist leicht«, entgegnete Farr und pflückte ein weiteres Blatt. »Sie werden im Baumstamm gespeichert.«
    »Und zwar in mit Luft gefüllten Adern. Richtig.«
    Farr runzelte die Stirn. »Aber wieso? Was hat denn der

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