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Xeelee 4: Flux

Xeelee 4: Flux

Titel: Xeelee 4: Flux Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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Baum davon?« fragte er mit vollem Mund.
    Dura öffnete den Mund, als ob sie etwas sagen wollte. Dann schloß sie ihn wieder und lächelte mit halb geschlossenen Augen. »Das ist eine gute Frage«, sagte sie. »Die ich von jemandem in deinem Alter nicht erwartet hätte… Die Isotopen bewirken, daß die Blätter mehr von den Neutrinos aufnehmen, die aus dem Quantenmeer aufsteigen.«
    Farr nickte kauend.
    In steter Folge stieg ein Schwall Neutrinos vom Meer – vielleicht auch vom mysteriösen Kern tief unter dem Meer – auf. Sie durchdrangen das Magfeld und die Körper von Farr und den anderen Menschen, als ob sie Geister wären, und entwichen dann durch die Kruste in den Raum. Der Wald richtete das Laub auf dieses unsichtbare Licht aus und nutzte die gewonnene Energie dazu, sich auszudehnen. In Farrs Vorstellung war die gesamte Innenseite der Kruste mit Bäumen bedeckt, deren mit schweren Elementen gesättigte Blätter das Licht des Meeres aufsogen.
    Dura sah ihm eine Weile beim Essen zu; dann streckte sie zögernd die Hand aus und strich ihm übers Haar. »Ich will dir ein Geheimnis anvertrauen«, sagte sie dann.
    »Welches denn?«
    »Ich freue mich, daß du hier bist.«
    Im ersten Moment wollte er ihre Hand wegschieben und die für ihn peinliche Situation mit einem witzigen oder sarkastischen Kommentar entschärfen. Doch dann überlegte er es sich anders. Er betrachtete ihr Gesicht. Es war ein herbes Gesicht, breit und ebenmäßig, mit kleinen, stechenden Augen und einer grellgelben Nase. Es war kein schönes Gesicht, hatte aber Ähnlichkeit mit den energischen Zügen ihres Vaters; und nun, da die ersten Falten erschienen, wirkte es sogar charaktervoll.
    Doch er erkannte auch Unsicherheit in diesem Gesicht. Einsamkeit. Unentschlossenheit und den Wunsch, getröstet zu werden.
    Farr dachte darüber nach. Er fühlte sich sicher bei Dura. Zwar nicht so sicher wie damals, als Logue noch gelebt hatte… aber sicherer als jetzt würde er sich wohl nie mehr fühlen. Dura war nämlich gar nicht so stark, aber sie tat ihr Bestes.
    Und dieser Augenblick, wo die anderen sich von ihnen entfernten, sich leise unterhielten und von den Blättern kosteten, schien ihr wichtig zu sein. »Ja. Ich freue mich auch«, sagte er knurrig.
    Sie lächelte ihn an und bückte sich dann, um ein Blatt für sich selbst abzureißen.

    Adda glitt lautlos durch die Wipfel, wobei er einen Kreis mit einem Durchmesser von zirka zwanzig Mannhöhen beschrieb. Dann drang er etwas weiter in den Wald ein, wobei er sich parallel zu den Baumstämmen hielt. Die Bäume wuchsen ihrerseits parallel zu den Flußlinien des Magfelds, und er richtete den Speer entsprechend aus, während er sich auf der glatten Rinde vorarbeitete.
    Bis auf das klirrende Rascheln des Laubs und die gedämpften Gespräche seiner Gefährten war es still.
    Dann kletterte er am Baumstamm zum Blätterdach zurück. Keinem der Menschlichen Wesen – mit Ausnahme vielleicht von Farrs Sohn, der irgendwie verloren wirkte – war sein Verschwinden aufgefallen. Adda entspannte sich und mümmelte ein schmackhaftes Blatt. Aber er hielt das gesunde Auge offen.
    Die Menschlichen Wesen hatten sich um einen Baum versammelt, wobei sie sich mit einer Hand an den Ästen festhielten und mit der anderen die Blätter pflückten. Sie drängten sich zusammen, um sich gegenseitig zu wärmen. In dieser Höhe war es kalt, und die Luft war dünn: sie war sogar so dünn, daß Adda spürte, wie die Reflexe – und das Denkvermögen – nachließen. Er hatte den Eindruck, die letzten Reserven zu mobilisieren. Es war, als ob die Luft, sein Lebenselixier, sich in eine dünne, schale Suppe verwandelte.
    Farr hockte ungefähr eine Mannhöhe von den anderen entfernt auf einem Baum. Es schien ihm nicht besonders gut zu gehen: er zitterte sichtlich, und die Brust hob und senkte sich schnell in der dünnen Luft. Die Hast, mit der er sich die Blätter in den Mund stopfte, wurde anscheinend weniger durch den Hunger als durch das Bedürfnis nach Geborgenheit verursacht.
    Adda stieß sich ab und schwamm zu dem Jungen hinüber; er beugte sich zu ihm und blinzelte ihm mit dem gesunden Auge zu. »Wie geht’s dir denn?«
    Der Junge schaute zitternd zu ihm auf; dennoch wirkte er lethargisch. »Mir wird einfach nicht warm«, sagte er mit rauher Stimme.
    Adda schniefte. »So ist es eben hier oben. Die Luft ist zu dünn für uns, weißt du. Und je näher man der Kruste kommt, desto dünner wird sie. Aber du brauchst trotzdem nicht zu

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