Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Xeelee 4: Flux

Xeelee 4: Flux

Titel: Xeelee 4: Flux Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
Vom Netzwerk:
fühlte sich auch geborgen.
    Sie schaute zu Farr hinüber. Er schlief schon und hatte den Kopf auf die Brust gelegt. Auf einmal wallte ein Gefühl der Zuneigung für den Bruder in ihr auf und der Drang, ihn zu beschützen – und gleichzeitig wurde ihr bewußt, daß ihr Bruder weniger schutzbedürftig war als sie selbst. Farr schien sich an diesem geheimnisvollen Ort viel wohler zu fühlen als sie.
    Dura seufzte und versuchte, ein Gefühl der Unsicherheit zu unterdrücken. Indem sie ihren Bruder betrachtete, vergaß sie das Gefühl der Isolation und Bedrohung. Vielleicht, so sagte sie sich im Zustand zwischen Wachen und Schlafen, brauchte sie Farr mehr als er sie. In der Stille des Raums vernahm sie die Geräusche aus den angrenzenden Zimmern um so deutlicher. Sie hörte Tobas Murmeln und die Stimme des Jungen, Cris; und dann hatte sie den Eindruck, daß die Sphäre ihres Bewußtseins sich über dieses Haus hinaus ausdehnte und sie das leise, insektenartige Murmeln Tausender Leute in diesem riesigen menschlichen Bienenstock hörte. Die Holzwände knarrten leise, dehnten sich aus und zogen sich wieder zusammen; sie hatte das Gefühl, sie würde den Atem der ganzen Stadt wahrnehmen.
    Bald wurde ihr der Kokon zu warm und zu eng. Ungeduldig zog sie die Arme aus dem Schlafsack, doch die Luft war nur unwesentlich kühler. Es dauerte lange, bis sie eingeschlafen war.

    Tags darauf machte Ito einen etwas freundlicheren Eindruck. »Ich habe heute frei«, sagte sie nach dem Frühstück.
    »Wo arbeitest du denn?« fragte Dura.
    »In einer Werkstatt direkt hinter Pall Mall.« Sie lächelte müde beim Gedanken an die Arbeit. »Ich fertige Inneneinrichtungen für Wagen an. Und ich freue mich über ein wenig Freizeit. Bei Schichtende habe ich manchmal den Eindruck, daß ich den Holzgeruch überhaupt nicht mehr loswerde…«
    Dura hörte aufmerksam zu. Die Unterhaltung mit diesen Stadt-Menschen glich einem schwierigen Puzzle, und sie fragte sich, wo sie mit dem Zusammensetzen anfangen sollte. »Was ist eine Pall Mall?«
    »Es ist nicht eine Pall Mall«, sagte Cris lachend. »Es heißt einfach nur Pall Mall.«
    Ito bedeutete ihm, den Mund zu halten. »Es ist eine Straße, meine Liebe, die Hauptstraße, die vom Palast zum Markt verläuft… All das muß dir sehr fremdartig vorkommen. Weshalb schauen wir uns die Sehenswürdigkeiten nicht zusammen an?«
    Unsicher sah Dura Toba an. Der nickte. »Macht nur. Ich muß sowieso zur Deckenfarm zurück. Bis Adda Besuch empfangen kann, wird es noch einige Tage dauern. Und vielleicht kümmert Cris sich solange um Farr.«
    Zweifelnd musterte Ito die unbekleidete Dura. »Ich glaube nicht, daß wir so auf die Straße gehen sollten. Nacktheit ist zwar immer gut für einen Schockeffekt, aber ausgerechnet auf Pall Mall?«
    Also lieh Ito Dura eines ihrer Kleidungsstücke, einen Overall aus einem weichen, elastischen Material. Das Gewebe war zwar angenehm auf der Haut, doch als Dura den Reißverschluß hochzog, fühlte sie sich eingesperrt und spürte einen Anflug von Platzangst. Sie versuchte, im Raum umherzuschwimmen; das Material knisterte auf der Haut, und die Nähte beeinträchtigten die Bewegungsfreiheit.
    Nach einer Weile schlang sie sich das verschlissene Seil um die Hüfte und steckte das Messer und die Bürste in den Overall. Die vertrauten Gegenstände vermittelten ihr ein Gefühl der Sicherheit.
    Cris sah sie mit einem skeptischen Grinsen an. »Du brauchst kein Messer. Wir sind hier nicht am Oberlauf, mußt du wissen.«
    Wieder bedeutete Ito ihm zu schweigen; die beiden Erwachsenen enthielten sich eines Kommentars.
    Dann verließen die beiden Frauen zusammen mit Toba das Haus, während Farr und Cris zurückblieben. Toba führte die Frauen zum im ›Fuhrpark‹ abgestellten Wagen. Dura half ihm dabei, ein Team frischer Schweine aus dem Pferch zu holen und anzuspannen. Dann fuhr Toba durch ein Labyrinth aus unbekannten Straßen. Bald hatten sie das ruhige Wohngebiet hinter sich gelassen und erreichten die belebte Innenstadt. Dura versuchte, sich den Weg zu merken, doch erneut verlor sie die Orientierung. Sie war es gewohnt, sich an den prägnanten Merkmalen des Mantels zu orientieren: den Feldlinien, dem Pol, dem Quantenmeer. Die Fähigkeit, sich in diesem Gewirr aus hölzernen Korridoren zurechtzufinden, war wohl eine Gabe, die den Kindern von Parz schon in die Wiege gelegt wurde; sie hingegen würde sich das erst mühsam erarbeiten müssen.
    Schließlich fuhr Toba in die bisher breiteste

Weitere Kostenlose Bücher