Xeelee 4: Flux
Holzlampen zu ihnen heraus. »Ito!«
Eine Frau kam zur Tür geschwommen. Sie war ziemlich klein und untersetzt und hatte das Haar zu einem Knoten zusammengebunden; gekleidet war sie in einen fließenden, bunten Anzug. Sie war etwa genauso alt wie Dura, nur daß sie – komischerweise – keine gelben Strähnen im Haar hatte. Die Frau lächelte Toba an, doch beim Anblick der Oberströmler verging ihr das Lachen.
»Ito, ich muß dir etwas erklären…«, sagte Toba händeringend.
Mit durchdringendem Blick musterte Ito die Menschlichen Wesen von Kopf bis Fuß, die nackten Körper, das strubbelige Haar und die Waffen. »Ja, damit hast du verdammt recht«, sagte sie.
Tobas Wohnung war ein Holzverschlag mit einer Tiefe von ungefähr zehn Mannhöhen. Mit Trennwänden und farbigen Tüchern wurde er in fünf Räume unterteilt; kleine Lampen aus Kernbrand-Holz erleuchteten die Räume. Toba zeigte den Menschlichen Wesen einen Raum, in dem sie sich frischmachen konnten. Es gab Toilettenschüsseln und Schalen mit duftenden Tüchern. Dura und Farr probierten die Toiletten aus. Wie Toba es ihnen gezeigt hatte, zog Dura an den kleinen Hebeln, und die Exkremente verschwanden gurgelnd in Röhren, die zu den verborgenen Eingeweiden der Stadt führten. Mit offenem Mund schauten die Geschwister in den Abfluß.
Als sie fertig waren, führte Toba sie in ein Zimmer im Zentrum der kleinen Wohnung. Mitten im Raum schwebte eine Holzkugel; die Oberfläche der Kugel wies Halterungen und faustgroße Löcher auf. Ito – die nun eine leichte, wallende Robe trug – füllte eine heiße, unidentifizierbare Speise in die Löcher. Sie lächelte Dura und Farr an; allerdings wirkte dieses Lächeln eher gezwungen. Das dritte Familienmitglied war gleichfalls anwesend – Tobas Sohn, den er als Cris vorstellte. Cris war etwas älter als Farr, und die beiden Jungen musterten sich mit unverhohlener Neugierde, aber nicht unfreundlich. Dura erkannte, daß Cris im Vergleich zu den meisten Städtern ziemlich muskulös war. Sein langes Haar war gelb getupft, als ob er vor der Zeit gealtert wäre; doch die Farbe wirkte selbst im trüben Licht der Lampe noch so kräftig, daß Dura zu dem Schluß kam, er hatte sich das Haar gefärbt.
Auf Itos Aufforderung hin gingen die Oberströmler zum sphärischen Tisch. Dura, die noch immer nackt war und das Messer hinter dem Rücken stecken hatte, fühlte sich in dieser Umgebung fehl am Platz. Sie spürte die Energie, die aus der Nähe zum Pol resultierte und hatte Angst, sich zu schnell zu bewegen oder etwas zu berühren; vielleicht hätte sie am Ende noch etwas kaputtgemacht.
Sie folgte Tobas Beispiel und schaufelte mit kleinen hölzernen Utensilien Essen in den Mund. Das Essen war ungewohnt heiß und stark gewürzt. Als sie den ersten Löffel zum Mund führte, wurde Dura von einem regelrechten Heißhunger gepackt. Bis auf die paar Brotkrümel, die sie und Adda während der langen Reise zur Stadt zu sich genommen hatte, hatte sie seit der mißglückten Jagd nichts mehr gegessen – und wie lange das bereits zurücklag!
Die Mahlzeit verlief schweigend.
Nach dem Essen führte Toba die Menschlichen Wesen in einen kleinen Raum in der Ecke des Hauses. Eine einzige Lampe warf lange Schatten, und zwei Kokons hingen im Raum. »Der Raum ist zwar klein, aber für euch beide müßte er reichen«, sagte er. »Schlaft gut.«
Die beiden Menschlichen Wesen schlüpften in die Kokons; das weiche und warme Material schmiegte sich wie eine zweite Haut um Dura.
Toba Mixxax wollte schon nach der Lampe greifen – doch dann zögerte er. »Soll ich das Licht dämpfen?«
Diese Frage irritierte Dura. Sie schaute sich um, doch so tief in Parz gab es natürlich weder Lichtschächte noch sonst einen Zugang zur freien Luft. »Aber dann wäre es doch dunkel«, sagte sie schließlich.
»Ja… wir schlafen im Dunkeln.«
Dura hatte sich noch nie im Leben im Dunkeln aufgehalten. »Weshalb?«
Toba machte einen verwirrten Eindruck. »Ich weiß nicht… ich habe noch nie darüber nachgedacht.« Er zog die Hand von der Lampe zurück und lächelte ihnen zu. »Schlaft gut.« Dann schwamm er davon und schloß die Tür hinter sich.
Dura krümmte sich im Kokon, entfernte das Seil von der Hüfte und wickelte es um den Kokon. Dann knotete sie das Seil um das Messer und plazierte es griffbereit neben sich. Schließlich schlüpfte sie tiefer in den Kokon und zog die Arme nach. Es war ein merkwürdiges Gefühl, vollständig eingehüllt zu sein, aber sie
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