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Xeelee 4: Flux

Xeelee 4: Flux

Titel: Xeelee 4: Flux Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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fünf Speichen gehabt?
    »Ist das nicht großartig?« fragte Ito. »Diese kleinen Buden machen optisch zwar nicht viel her, aber man kann hier wirklich ein paar Schnäppchen machen. Obendrein ist das Zeug noch von guter Qualität…«
    Dura straffte sich und drehte sich zur Mall um, aus der sie gekommen waren. Hier, im Bauch dieser großen Stadt, schienen der Lärm, die Hitze und die ständige Bewegung sich zu verdichten und drohten sie zu überwältigen.
    Ito folgte ihr und faßte sie an der Hand. »Komm«, sagte sie. »Suchen wir uns einen ruhigeren Ort, wo es auch etwas zu essen gibt.«

    Cris’ Raum glich einem Schweinestall. Zerknitterte, farbenfrohe Bekleidung driftete durch die Luft, und zwischen den Ärmeln und Hosenbeinen der Kleidungsstücke lugten Flaschen mit Haarfärbemittel hervor, die im Schein der Lampe glitzerten. Zuversichtlich wagte Cris sich in diesen Morast und schob diverse Kleidungsstücke beiseite. Farr hatte größere Schwierigkeiten, den Raum zu betreten. Das kleine Zimmer und die Kleider, die ihn streiften, verursachten ihm Platzangst.
    Cris interpretierte seinen unbehaglichen Gesichtsausdruck falsch. »Entschuldige das Chaos. Meine Eltern machen mir die Hölle heiß deswegen. Aber ich schaffe es einfach nicht, für Ordnung zu sorgen.« Er ließ sich in der Luft zurückfallen und trat mit beiden Füßen gegen einen Haufen Kleidungsstücke; die Sachen verdichteten sich zu einer Kugel und schwebten in eine Ecke. Dadurch wurde es etwas übersichtlicher, doch Farr sah, daß die Kleidungsstücke sich bereits wieder entfalteten und die leeren Ärmel ausstreckten.
    Farr schaute sich um und fragte sich, was er darauf erwidern sollte. »Ein paar von deinen Sachen sind – attraktiv.«
    Cris sah ihn unergründlich an. »Attraktiv. Genau. Aber sie sind nicht halb so attraktiv, wie sie sein könnten, wenn wir etwas mehr Geld hätten. Aber die Zeiten sind hart. Sie sind immer hart.« Erneut tauchte er in das Kleiderbündel ein und zerrte es auseinander; offensichtlich suchte er etwas. »Ich glaube, als Kind bedeutet einem Geld noch nichts.«
    »Nein«, sagte Farr, ohne daß er wußte, was Geld überhaupt war. Verwundert stellte er fest, daß er Neid aus Cris’ Stimme herausgehört hatte.
    Mittlerweile hatte Cris etwas aus der Kleiderwolke hervorgeholt: ein Brett, ein dünnes Holzbrett mit einer Länge von ungefähr einer Mannhöhe. Die Kanten waren abgerundet, und die Oberfläche war, von den Griffmulden abgesehen, so glatt und blank poliert, daß Farr sich darin spiegelte. Ein dünnes Geflecht aus einem leuchtenden Material war ins Holz eingearbeitet. Zärtlich strich Cris über das Brett; es kam Farr so vor, als ob er seine Liebste streichelte. »Es muß großartig sein«, sagte Cris dann.
    »Was?«
    »Das Leben am Oberlauf.« Cris schaute Farr unsicher an.
    Wieder fehlten Farr die Worte. Sein Blick schweifte über die im Zimmer verstreuten Sachen – Farr hätte gewettet, daß Cris kein einziges Stück selbst angefertigt hatte –, und dann musterte er den kompakten, wohlgenährten Cris selbst.
    »Ich meine, ihr seid so frei dort draußen.« Cris fuhr mit der Hand an der Kante des Bretts entlang. »Schau, im nächsten Jahr werde ich mit der Schule fertig sein. Und was dann? Meine Eltern haben nicht das Geld, um eine weitere Ausbildung zu finanzieren – zum Beispiel die Universität oder das Medizinische Kolleg. Außerdem bin ich eh zu blöd dafür.« Er lachte, als ob er das witzig fände. »Für jemanden wie mich gibt es hier nur drei Möglichkeiten.« Er zählte sie an den Fingern ab. »Dummköpfe landen im Hafen und sammeln Kernstoff aus dem UnterMantel – vielleicht werden sie auch Holzfäller oder enden in den Entsorgungsanlagen. Wie auch immer. Etwas klügere Leute kommen vielleicht im Öffentlichen Dienst unter. Und wenn man überhaupt keine Lust hat, für das Komitee zu arbeiten, macht man sich eben selbständig. Man kann zum Beispiel eine Bude auf dem Marktplatz aufmachen. Oder eine Decken-Farm bewirtschaften, wie mein Vater; oder Wagen bauen, wie meine Mutter. Man legt sich also das ganze Leben lang krumm und führt obendrein den größten Teil des Verdienstes als Steuern ans Komitee ab.« Er zuckte die Achseln und umklammerte das Brett. »Und das war es dann«, sagte er im Brustton der Verachtung. »Viele Möglichkeiten hat man nicht, was?«
    Mit geschlossenen Augen hätte Farr den Eindruck gehabt, eher einem alten Mann wie Adda zuzuhören als einem Jungen, der das ganze Leben noch vor

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