Xeelee 4: Flux
Eber. Und er kann für sich selbst sprechen.«
»Madam, ich verbürge mich für den Jungen«, sagte Toba rasch. »Er hat in meinem Haus gewohnt und mit meiner Familie an einem Tisch gesessen. Im übrigen dürfte er…« – er schien eine schnelle Berechnung anzustellen – »einen Gegenwert von fünfzig Häuten darstellen.«
Die Frau runzelte die Stirn, aber ihr breites, feistes Gesicht drückte dennoch Interesse aus. »Wofür? Zehn Jahre?«
»Mit den üblichen Klauseln natürlich«, sagte Toba.
Die Frau zögerte.
Das zentrale Rad des Markts wurde von einer Menschenmenge umlagert. Der Geräuschpegel schwoll an, und Dura spürte, daß eine Spannung in der Luft lag… eine gefährliche Spannung; plötzlich wünschte sie sich, daß der Verschlag etwas solider gebaut gewesen wäre.
»Schau, ich habe keine Zeit zum Feilschen; ich will mir die Hinrichtung ansehen. Ich nehme ihn für fünfundvierzig.«
Toba zögerte kaum merklich. »Abgemacht.«
Dann tauchte die Frau in der Menge unter, nachdem sie Farr noch einen neugierigen Blick zugeworfen hatte.
Dura streckte die Hand aus dem Käfig und berührte Tobas Arm. »Zehn Jahre?«
»Das ist der Standard-Vertrag.«
»Und die Arbeit?«
»Sie ist hart«, sagte Toba unbehaglich. »Ich will das nicht verhehlen. Sie werden ihn in die Glocken stecken… aber er ist stark und wird es überleben.«
»Und wenn er sich dann verausgabt hat?«
Er schürzte die Lippen. »Er wird ja nicht für immer in den Glocken sein. Er könnte vielleicht Aufseher werden oder Spezialist. Schau, Dura, das muß dir seltsam vorkommen, aber so läuft das nun einmal in Parz. Dieses System hat schon seit Generationen Bestand… Und ihr hattet es stillschweigend akzeptiert, als ihr euch bereit erklärt habt, hierher zu kommen und nach einer Möglichkeit zu suchen, Addas Behandlung zu finanzieren. Ich hatte euch gewarnt.« Sein rundes Gesicht nahm einen trotzigen Ausdruck an. »Du wußtest, worauf ihr euch einlaßt, nicht wahr?«
Sie seufzte. »Ja. Natürlich habe ich es gewußt. Zwar nicht in letzter Konsequenz, aber… Ich hatte keine andere Möglichkeit gesehen.«
»Nein«, sagte er hart. »Und du hast auch jetzt keine Wahl.«
Trotzdem war sie noch nicht bereit, sich in ihr Schicksal zu fügen. Sie haßte es zwar, zu betteln. Aber zumindest waren Toba und sein Haus ihnen bereits vertraut und stellten Fixpunkte in dieser neuen Welt dar. »Toba Mixxax. Könntest du nicht uns… unsere Arbeit kaufen? Du hast doch eine Decken-Farm an der Kruste. Und…«
»Nein«, sagte er schroff. »Es tut mir leid, Dura«, fuhr er dann in einem freundlicheren Ton fort, »aber ich bin kein wohlhabender Mann. Ich kann mir euch einfach nicht leisten; das heißt, ich könnte euch keinen angemessenen Preis zahlen. Ihr wärt dann nicht in der Lage, Addas Rechnungen zu begleichen. Verstehst du das? Schau, fünfundvierzig Häute für einen Zehnjahres-Vertrag mit einem ungelernten Arbeiter, wie Farr einer ist, sind für dich vielleicht ein Vermögen; aber glaube mir, die Frau hat ein Schnäppchen gemacht, und das weiß sie auch. Und…«
Seine Stimme ging in einem Aufschrei der um das große Rad versammelten Menge unter. Die Leute verteilten sich über das Gerüst aus Tauen und Balken, wobei sie sich gegenseitig anrempelten. Ohne sonderliches Interesse hielt Dura Ausschau nach der Ursache der Aufregung.
Ein Mann wurde durch die Menge gezerrt. Seine beiden Bewacher trugen eine Uniform, die der Montur der Wachen vor Muubs Krankenhaus ähnelte und waren mit den gleichen unheimlichen Ledermasken vermummt. Der Delinquent war etwa zehn Jahre älter als Dura; er hatte eine gelbliche Mähne und ein schmales Gesicht mit einem fatalistischen Ausdruck. Der Oberkörper war entblößt, und man schien ihm die Hände auf dem Rücken gefesselt zu haben.
Die Menge teilte sich vor ihm und feuerte die Bewacher brüllend an.
Niedergeschlagen und verwirrt rieb Dura sich die Nase. »Ich weiß nicht, wovon du sprichst. Fünfundvierzig Häute sollen ein Vermögen sein? Um welche Häute handelt es sich überhaupt?«
Er mußte schreien, um sich verständlich zu machen.
»Es handelt sich… äh… um fünfundvierzig Luft schwein-Häute.«
Nun sah sie schon klarer. »Dann bedeutet das also, Farrs Arbeit sei so viel wert wie fünfundvierzig Luft-Schweine?«
»Nein, natürlich nicht.«
Ein neuer Klient näherte sich der Bude und erkundigte sich nach Farr. Toba mußte ihn abschlägig bescheiden, gab ihm aber zu verstehen, daß Dura noch zu
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