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Xeelee 5: Vakuum-Diagramme

Xeelee 5: Vakuum-Diagramme

Titel: Xeelee 5: Vakuum-Diagramme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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massige Gestalt noch lang nach ihrem Aufbruch am Rand des Dorfs verharrt habe, in der Hoffnung auf ihre Rückkehr.
    * * *
    Ein kleiner mondgesichtiger Mann namens Arke gesellte sich zu Erwal. »In diesem Winter«, sagte er, »trug ich den Leichnam meiner Frau aus dem Tipi und legte ihn in den Schnee. Ich musste bis zur Schneeschmelze warten, bis ich sie im Kuh-Baum-Wäldchen begraben konnte. Ich weiß nicht, was deine Geschichten über Sterne und Schiffe bedeuten, Erwal, doch ich weiß eins. Wäre ich zu Hause geblieben, wäre ich sicher schon tot. Mit dir werde ich wenigstens kämpfend untergehen. Und…« – so fügte er zweifelnd hinzu -»man weiß nie; vielleicht schaffen wir es sogar.«
    Erwal vermutete, dass die meisten Leute, die sich dem Exodus angeschlossen hatten, von ebendieser Mischung aus tiefer Verzweiflung und verzweifelter Hoffnung geleitet wurden; und doch waren sie mitgekommen. Und je länger sie marschierten, desto deutlicher spürte Erwal eine Aura des Optimismus, der allein dadurch begründet wurde, dass sie sich bewegten, dass sie überhaupt etwas taten.
    Doch der Winter kam früh im Norden.
    Der Vorbote des Schnees war der Wind. Die Kinder mussten sich am Fell der Kuh festhalten, um voranzukommen. Die Kuh sang ihnen einfache Lieder. Dann setzte der Schneefall ein, und der Marsch wurde zu einem beschwerlichen Treck über eine konturenlose Ebene. Die Nächte verbrachten sie bibbernd und aneinander gekuschelt unter einer Lage aus Decken.
    Erwal hatte die Richtungsangaben auswendig gelernt, die Teal dem Dorf übermittelt hatte, und sie war sich nach menschlichem Ermessen sicher, dass sie die Gruppe in die richtige Richtung führte. Doch an besonders harten Tagen wurde sie sich bewusst, dass sie kaum qualifiziert war, eine so ehrgeizige Expedition zu führen; und wenn sie in den nächsten Schneesturm gerieten, traten ihr die Tränen in die Augen, und sie fragte sich, ob sie die Leute in den Tod führte.
    Eines Tages stapfte Sura hastig durch den tiefen Schnee. Sie grinste und hielt einen verblichenen Kleiderfetzen hoch. Erwal, müde und verwirrt zugleich, strich sich das schneebedeckte Haar aus den Augen und nahm dem aufgeregten Mädchen den Gegenstand ab. Es war ein Streifen Mummy-Kuh-Haut. Das grob geschnittene und unbehandelte Leder war gefroren, bevor die Verwesung eingesetzt hatte. Im Streifen war ein Doppelknoten.
    »Teal«, sagte Sura. »Das ist eine seiner Markierungen, nicht wahr? Sie war an einem toten Kuh-Baum befestigt, direkt hinter dieser Anhöhe.«
    Erwal starrte auf das kleine Artefakt. »Ja, das ist von Teal. Sag den anderen Bescheid.«
    Die Entdeckung der Markierung wurde als großer Triumph gefeiert, und die Wanderer tranken Sands Milch wie einen köstlichen Nektar. Die Leute umringten Erwal, klopften ihr auf die Schulter und gratulierten ihr. Erwal fühlte sich eigentümlich entrückt. Schließlich hatten sie nur die Bestätigung, dass sie Teals Spur folgten – ein Weg, der, wie Damen wiederholt dargelegt hatte, entweder in den Wahnsinn oder in den Tod führte.
    Doch sie behielt diese Gedanken für sich und machte gute Miene zum riskanten Spiel.
    Nach einer Rast setzten sie die Wanderung gegen den stürmischen Wind fort.
    * * *
    Mitten in einem Blizzard schlugen sie ein provisorisches Lager auf. Sie gruben sich im Schnee ein und verbargen die Gesichter im Pelz.
    In der trüben Morgendämmerung wurde Erwal wachgerüttelt. Schlaftrunken und ungehalten über die Aussicht, das warme Nest verlassen zu müssen, schlug sie die Augen auf. Sura hatte sich über sie gebeugt; unter den Frostbeulen hatte sie rote Wangen. »Erwal, wir sind da!«
    »Was?«
    »Die Acht Kammern! Es ist genau so, wie Teal gesagt hat. Komm schon!«
    Erwal wühlte sich aus dem Schnee. Sie hatte Schmerzen in Knien und Hüften. Überall um sie herum kamen die Leute aus ihren Schnee-Kokons. Sie verrieb etwas Schnee im Gesicht, und dann nahm sie eine Mundvoll von dem körnigen Zeug und ließ es auf der Zunge zergehen.
    Ausnahmsweise war es ein klarer, ruhiger Tag. Der Schnee türmte sich in großen Hügeln bis zum Horizont, und die desolate Landschaft wurde nur von den trutzigen Überresten von Kuh-Bäumen durchsetzt – und, am nördlichen Horizont, von einem Gebäude. Erwal schielte und strengte die Augen an, um im trüben Tageslicht etwas zu erkennen. Es war ein großer schlichter Kasten, genauso wie Teal ihn beschrieben hatte.
    Die Acht Kammern.
    Die Gruppe steuerte das Artefakt an. Die Kinder rannten jubelnd

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