Xeelee 5: Vakuum-Diagramme
Tunnelboden und landete in einer kleinen Wolke aus Nahrungsteilchen. »Köpfe«, sagte sie mit leiser Verzweiflung in der Stimme. »Gegen die Köpfe kommen wir nicht an.«
Die großen Helm-Schädel der Köpfe waren wärmeempfindlich – unglaublich sensitiv, so dass die Köpfe in der Lage waren, mit fast perfekter Präzision zu jagen und zu töten. Die Köpfe waren tödliche Gegner, wusste Goldwimper. Aber ihr Volk konnte sonst nirgendwo hin.
»Wir haben einen weiten Weg bis zu diesem Ort zurückgelegt, Starke Flosse. Wenn wir uns auf eine weitere Reise begeben müssten…« – durch hoch mehr kalte Tunnels mit stehendem Wasser – »…würden viele von uns nicht überleben. Und diejenigen, die durchkämen, wären dann zu schwach zum Kämpfen.«
»Nein. Wir müssen hier bleiben – hier kämpfen.«
Starke Flosse stöhnte und wickelte den Panzer eng um sich. »Dann werden wir alle getötet.«
Goldwimper versuchte die drückende Präsenz des Suchers in ihrem Innern zu ignorieren – und sein nun zunehmendes Beharren darauf, dass sie all das zurückließ, die dichte Ansammlung der Leute –, und sie zwang sich zum Nachdenken.
Larionova folgte Kevan Scholes beim Erklimmen der Kraterwand. Aus Silizium bestehender Oberflächenstaub verdichtete sich unter ihren Füßen wie feiner Sand. Die Kletterei war einfach – es war eigentlich nicht mehr als ein steiler Marsch –, aber dennoch stolperte sie oft, tapsig wie sie war in dieser verminderten Schwerkraft.
Sie erreichten den Kamm des Berges. Es war kein steiler Gipfel: eher ein breites, glattes Plateau, das durch die heftigen Temperaturschwankungen auf Merkur pulverisiert worden war.
»Chao-Meng-Fu-Krater«, sagte Scholes. »Hundertsechzig Kilometer Durchmesser, erhebt sich direkt über dem Südpol des Merkur.«
Der Krater war so groß, dass selbst aus dieser Höhe seine volle Breite durch die starke Krümmung des Planeten verdeckt wurde. Die Kraterwand war eine von vielen, die sich von links nach rechts durch die Landschaft zogen, wie eine Reihe kariöser Zähne, die durch breite, geröllübersäte Täler voneinander getrennt waren. Auf der gegenüberliegenden Seite des Gipfels schwangen sich die Flanken der Kraterwand zur Kraterebene hinab, ganze anderthalb Kilometer weiter unten.
Merkurs lodernde Sonne verbarg sich hinter der Krümmung der Welt, aber ihre Corona schickte zarte, strukturierte Ranken über den Horizont.
Die Ebene selbst war in Dunkelheit getaucht. Aber im milchigen, diffusen Licht der Corona konnte Larionova einen Gipfel im Mittelpunkt der Ebene erkennen, der sich über den Horizont erhob. Da war ein Lichtfunken an der Basis des Zentralgipfels, der sich irreal hell vom Schatten des Kraters abhob: Das musste das Lager der Mannschaft von Thoth sein.
»Das erinnert mich an den Mond«, sagte sie.
Scholes überlegte kurz. »Verzeihung, Dr. Larionova. Sind Sie früher schon einmal auf dem Merkur gewesen?«
»Nein«, erwiderte sie, wobei ihr seine unbeschwerte, kultivierte Arroganz auf die Nerven ging. »Ich bin hier, um die Errichtung von Thoth zu leiten und nicht, um Ausflüge zu unternehmen.«
»Nun, es besteht anscheinend eine gewisse Ähnlichkeit. Nach der Formation der großen Objekte des Systems vor fünf Milliarden Jahren waren alle inneren Planeten einem Bombardement durch übrig gebliebene Planetoiden ausgesetzt. Damals erlitt Merkur seinen größten Einschlag: der Brocken, der das Caloris-Becken schuf. Aber danach war Merkur massiv genug, einen flüssigen Kern zu halten – anders als der Mond. Spätere Einschläge von Planetoiden hinterließen Löcher in der Kruste, so dass ausströmende Lava einige der älteren Krater ausfüllte.«
Daher existiert auf dem Merkur eine landschaftliche Mischform: zum einen die ältere, dicht mit Kratern übersäte Urlandschaft, und zum anderen die planitia: glatte Lavaebenen, die von kleinen, jungen Kratern durchsetzt sind.
Später, als der Kern sich abkühlte, schrumpfte die Oberfläche tatsächlich zusammen. Der Planet verlor etwa anderthalb Kilometer von seinem Radius.
Wie eine vertrocknete Tomate. »Daher ist die Oberfläche also runzlig.«
»Ja. Es gibt rupes und dorsa: Höhenzüge und zerklüftete Steilhänge, kilometerhohe Klippen, die sich über Hunderte von Kilometern erstrecken. Ein Paradies für Bergsteiger. Und an manchen Orten gibt es Gasquellen, Kamine mit thermischer Restaktivität.« Er wandte sich ihr zu, wobei das Licht der Corona sich verschwommen in seinem Helmvisier spiegelte.
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