Xeelee 5: Vakuum-Diagramme
eine viel größere Temperaturdifferenz verursachen, als die wärmeempfindlichen Schädel der Köpfe gewohnt waren; die Köpfe würden die Orientierung verlieren, zumindest für eine gewisse Zeit: lange genug – so hoffte sie –, um ihren Leuten eine taktische Chance gegenüber den stärkeren Köpfen einzuräumen.
Sie wendete im Wasser. Sie rief ihren Leuten zu, so laut, dass sie spürte, wie sich ihre Wimpern im turbulenten Wasser aufstellten. »Jetzt! Schlagt sie jetzt!«
Mit Gebrüll stürzte sich das Volk auf die Köpfe.
Kevan Scholes führte Larionova die abschüssige Kraterwand zum Chao-Meng-Fu-Krater hinab.
Nach hundert Metern stießen sie auf ein anderes Geländefahrzeug. Dieses Gerät ähnelte dem, das sie auf der anderen Seite des Gipfels zurückgelassen hatten, aber es verfügte über zusätzliche Anbauteile, die offensichtlich improvisiert waren: zwei breite, flache Metallkufen, die zwischen den Rädern an hydraulischen Aufhängungen befestigt waren.
Scholes half Larionova in das Fahrzeug und flutete die Kabine mit Pressluft. Erleichtert nahm Larionova den Helm ab. Das Fahrzeug stank penetrant nach Metall und Kunststoff.
Während Scholes an der Steuerung Platz nahm, überprüfte Larionova den Bordrechner des Fahrzeugs. Ein Update von Dolores Wu wartete schon auf sie. Wu wollte, dass Larionova nach Caloris kam, um selbst zu sehen, was sie dort gefunden hatten. Larionova schickte eine barsche Antwort ab, die Wu anwies, ihre Ergebnisse zusammenzufassen und sie an die Rechner im Chao-Krater zu übermitteln.
Wu reagierte umgehend, wobei sie allerdings antwortete: Es ist schwierig, eine Zusammenfassung zu geben, Irina.
Warum? hackte Larionova in die Tastatur.
Ich glaube, dass wir ein Artefakt gefunden haben.
Larionova starrte die nüchternen Worte auf dem Bildschirm an.
Sie massierte die Nasenwurzel; sie spürte einen Schmerz, der sich von den Schläfen um die Augen ausbreitete. Sie wünschte sich, etwas schlafen zu können.
Scholes startete das Vehikel. Das Geländefahrzeug rumpelte den Abhang hinunter und tauchte in den Schatten ein. »Das ist Schnee aus echtem Wassereis«, sagte Scholes beim Fahren. »Sie müssen wissen, dass ein Merkur-Tag hundertsechsundsiebzig Erdentagen entspricht. Es handelt sich hier um eine Kombination aus dem Achtundachtzig-Tage-Jahr und der synchronisierten Rotation, die…«
»Ich weiß.«
»Am Tage lässt die Sonne Wasserdampf aus den Felsen in die Atmosphäre entweichen.«
»Welche Atmosphäre?«
»Sie wissen also doch nicht sonderlich viel über den Merkur, nicht wahr? Er besteht überwiegend aus Helium und Wasserstoff – mit nur einem Milliardstel des irdischen Luftdrucks auf Meereshöhe.«
»Wie kommt es dann, dass diese Gase nicht aus der Gravitationsquelle entweichen?«
»Das tun sie durchaus«, dozierte Scholes. »Aber die Atmosphäre wird durch den Sonnenwind wieder regeneriert. Partikel von der Sonne werden von der Merkur-Magnetosphäre eingefangen. Merkur verfügt nämlich über ein beachtliches Magnetfeld: Der Planet hat einen soliden Eisenkern, der…«
Sie nahm Scholes Worte wahr, ohne indessen ihre Bedeutung zu realisieren. Luft vom Sonnenwind und Schnee am Südpol…
Vielleicht war Merkur doch ein interessanterer Ort, als sie bisher gedacht hatte.
»Wie dem auch sei«, meinte Scholes, »der Wasserdampf verteilt sich über die Tagseite des Planeten. Aber am Südpol haben wir diesen Krater: Chao Meng-Fu, der den ganzen Pol bedeckt. Merkur hat keine Achsenneigung – es gibt also keine Jahreszeiten –, und daher liegt der Boden von Chao auch in ständiger Dunkelheit.«
»Und es gibt Schneefall.«
»Und es gibt Schneefall.«
Scholes stoppte das Fahrzeug und berührte Leuchtflächen auf seiner Steuerkonsole. Ein hydraulisches Surren ertönte, und sie hörte ein leises Knirschen, das von der Struktur des Geländefahrzeuges in die Kabine übertragen wurde.
Dann hob sich der Geländewagen um dreißig Zentimeter.
Das Fahrzeug fuhr langsam wieder an. Die Fortbewegung erfolgte jetzt viel ruhiger als zuvor und wurde von einem leisen, zischenden Geräusch begleitet.
»Sie haben gerade diese Kufen abgesenkt«, stellte Larionova fest. »Ich wusste es. Diese verdammte Kiste ist ein Schlitten, richtig?«
»War gar kein Problem, das zu improvisieren«, gab Scholes selbstgefällig zu. »Nur zwei Metallschienen an die Hydraulik gekoppelt und Noniusraketen aus einem ausgeschlachteten Schlepper für den Schub…«
»Es ist schon erstaunlich, dass es für
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