Xenozid
Descolada-Virus zu zähmen, und die damit die menschliche Kolonie auf Lusitania gerettet hatten. Sie waren gestorben, während sie noch das Medikament fanden, das die Descolada daran hinderte, die Menschen zu töten, schon zu sehr infiziert, als daß ihre eigene Medizin sie retten konnte.
Die Menschen bewunderten sie, errichteten diesen Schrein und nannten ihn Os Venerados, noch bevor die Kirche sie seligsprach. Und nun, da sie nur noch einen Schritt von der Heiligsprechung entfernt waren, war es gestattet, zu ihnen zu beten.
Zu Quaras Überraschung war Ela genau deshalb hierher gekommen. Sie kniete vor dem Schrein nieder, und obwohl Quara eigentlich nicht sehr gläubig war, tat sie es ihrer Schwester gleich.
»Großvater, Großmutter, betet zu Gott für uns. Betet um die Seele unseres Bruders Estevão. Betet um all unsere Seelen. Betet zu Christus, daß er uns vergibt.«
Das war ein Gebet, in das Quara aus ganzem Herzen einfallen konnte.
»Schützt eure Tochter, unsere Mutter, schützt sie vor… vor ihrer Trauer und ihrem Zorn, und laßt sie wissen, daß wir sie lieben und daß ihr sie liebt und daß… Gott sie liebt, falls er es tut – oh, bitte, sagt Gott, er soll sie lieben und davon abhalten, etwas Verrücktes zu tun.«
Quara hatte nie jemanden so beten hören. Sonst sprachen sie auswendig gelernte oder niedergeschriebene Gebete, nicht solch einen Wortschwall. Andererseits jedoch waren Os Venerados nicht wie andere Heilige oder Gesegnete. Sie waren Großmutter und Großvater, obwohl wir sie nicht mehr erlebt haben.
»Sagt Gott, daß wir genug davon haben«, sagte Ela. »Wir müssen einen Ausweg finden. Schweinchen töten Menschen. Eine Flotte kommt, um uns zu vernichten. Die Descolada versucht, alle anderen Wesen auszumerzen. Unsere Familie haßt einander. Sucht uns einen Ausweg, Großvater, Großmutter, oder laßt Gott einen öffnen, wenn es keinen gibt, denn so kann das nicht weitergehen.«
Dann ein erschöpftes Schweigen; sowohl Ela als auch Quara atmeten schwer.
»Em nome do Pai e do Filho e do Espirito Santo«, sagte Ela. »Amem.«
Dann umarmte Ela ihre Schwester, und sie weinten gemeinsam in der Nacht.
Valentine überraschte es, daß der Bürgermeister und der Bischof die einzigen beiden anderen Anwesenden der Dringlichkeitssitzung waren. Warum war sie hier? Sie hatte kein Amt, keinen Anspruch auf Autorität.
Bürgermeister Kovano Zeljezo zog einen Stuhl für sie heran. Die Einrichtung des bischöflichen Privatzimmers war elegant, doch die Stühle waren so entworfen, daß ihre Benutzung schmerzte. Die Sitze waren viel zu schmal, und die Lehne war völlig starr, nahm nicht die geringste Rücksicht auf die Form des menschlichen Rückgrats. Man mußte nur kurz darauf sitzen, und der Stuhl zwang einen, sich vorzubeugen und die Arme auf den Knien abzustützen.
Vielleicht kam es ihm genau darauf an, dachte Valentine. Stühle, die einen zwangen, sich in der Gegenwart Gottes zu verbeugen.
Doch vielleicht steckte auch eine noch subtilere Absicht dahinter. Die Stühle waren so unbequem, daß man sich nach einer weniger körperlicheren Existenz sehnte. Bestrafe das Fleisch, damit sie es vorziehen, im Geist zu leben.
»Sie sehen verwirrt aus«, sagte Bischof Peregrino.
»Ich verstehe, warum Sie beide sich in einem Notfall beraten«, sagte Valentine. »Aber wozu brauchen Sie mich? Um Notizen zu machen?«
»Freundliche Bescheidenheit«, sagte Peregrino. »Aber wir haben Ihre Schriften gelesen, meine Tochter, und wir wären Narren, in einer Zeit der Sorgen auf Ihre Weisheit zu verzichten.«
»Die Weisheit, die ich habe, stelle ich Ihnen gern zur Verfügung«, sagte Valentine, »doch ich würde mir an Ihrer Stelle nicht zuviel erhoffen.«
Bürgermeister Kovano kam zur Sache. »Es gibt viele langfristige Probleme«, sagte er, »doch wir haben keine große Chance, sie zu lösen, wenn wir nicht die kurzfristigen lösen können. Gestern abend gab es eine Art Streit im Haus der Ribeiras…«
»Warum müssen unsere besten Leute aus den unstabilsten Familien stammen?« murmelte der Bischof.
»Das ist nicht die unstabilste Familie, Bischof Peregrino«, sagte Valentine, »sondern lediglich die, deren innere Spannungen die meisten Turbulenzen an der Oberfläche erzeugen. Andere Familien erleiden viel schlimmere Stürme, doch Sie bemerken nichts davon, weil sie keine so große Bedeutung in der Kolonie haben.«
Der Bischof nickte ernst, doch Valentine vermutete, daß er verärgert war, in einer so
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