Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Xenozid

Xenozid

Titel: Xenozid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Card Orson Scott
Vom Netzwerk:
es geworden. Was interessierten ihn die theologischen Schwierigkeiten – er war der Paulus der Schweinchen, und es erfüllte ihn mit immerwährender Freude. Du hast Gott gedient, kleiner Bruder, und Gott hat dich zu seinem Jünger gemacht.
    Auch Olhado stand da, die silbernen Augen strahlend, den Arm um eine wunderschöne Frau gelegt, umgeben von sechs Kindern. Obwohl alle Kinder ganz natürlich dreinblickten, hatten sie alle den losgelösten Ausdruck ihres Vaters angenommen. Sie beobachteten nicht, sie schauten einfach. Bei Olhado war das ganz natürlich gewesen; Miro kam der störende Gedanke, daß Olhado vielleicht eine Familie von Gaffern gezeugt hatte, wandelnden Aufnahmegeräten, die alles Geschehen aufzeichneten, um es später wieder abzuspielen, sich aber niemals in etwas verwickeln ließen. Aber nein, das mußte eine Täuschung sein. Miro war nie mit Olhado ausgekommen, und so bewirkte die Ähnlichkeit seiner Kinder mit ihm, daß Miro sich auch in deren Nähe unbehaglich fühlte. Die Mutter war dafür um so hübscher. Noch keine vierzig Jahre alt. Wie alt war sie gewesen, als Olhado sie geheiratet hatte? Was für eine Frau war sie, daß sie einen Mann mit künstlichen Augen akzeptierte? Zeichnete Olhado ihre Liebesspiele auf und spielte sie später wieder ab, damit sie wußte, wie sie in seinen Augen aussah?
    Augenblicklich schämte sich Miro dieses Gedankens. Ist das alles, was mir einfällt, wenn ich Olhado sehe – seine Behinderung? Nach all den Jahren, die ich ihn kenne? Wie kann ich dann erwarten, daß sie bei mir etwas anderes sehen als meine Behinderungen, wenn sie mich betrachten?
    Es war eine gute Idee gewesen, diesen Ort zu verlassen. Ich bin froh, daß Andrew Wiggin es vorgeschlagen hat. Der einzige Teil, der keinen Sinn ergibt, ist meine Rückkehr. Warum bin ich hier?
    Fast gegen seinen Willen drehte sich Miro zu Valentine um. Sie lächelte ihm zu, legte den Arm und ihn und drückte ihn. »Es ist gar nicht so schlecht«, sagte sie.
    Nicht so schlecht wie was?
    »Ich habe nur noch den einen Bruder, der mich begrüßen kann«, sagte sie. »Zu deiner Begrüßung ist deine ganze Familie gekommen.«
    »Genau«, sagte Miro.
    Erst dann meldete sich Jane; er vernahm ihre Stimme im Ohr. »Nicht die ganze.«
    Halt die Klappe, sagte Miro stumm.
    »Nur einen Bruder?« sagte Andrew Wiggin. »Nur mich?« Der Sprecher für die Toten trat vor und umarmte seine Schwester. Doch entdeckte Miro in dieser Geste etwa Unbeholfenheit? War es möglich, daß Valentine und Andrew Wiggin verklemmt miteinander umgingen? Lachhaft. Die kühne, ungestüme Valentine und Wiggin, der Mann, der in ihr Leben eingedrungen war und ohne die geringste dá licença ihre Familie neu gebildet hatte. Konnten sie furchtsam sein? Konnten sie sich entfremdet haben?
    »Du bist elend gealtert«, sagte Andrew. »Dünn wie ein Lattenzaun. Sorgt Jakt nicht anständig für dich?«
    »Kocht Novinha nicht?« fragte Valentine. »Und du siehst dümmer denn je aus. Ich bin gerade noch rechtzeitig eingetroffen, um Zeuge deiner kompletten geistigen Umwandlung in eine Pflanze zu werden.«
    »Und ich dachte, du seiest gekommen, um die Welt zu retten.«
    »Das Universum. Aber dich zuerst.«
    Sie legte erneut einen Arm um Miro und den anderen um Andrew. »So viele von euch«, sagte sie dann zu den anderen, »doch ich habe das Gefühl, euch alle zu kennen. Ich hoffe, daß ihr bei mir und meiner Familie bald ebenso empfinden werdet.«
    So freundlich. Und ihre Fähigkeit, irgendwie zu bewirken, daß sich andere Menschen in ihrer Gegenwart wohl fühlen. Sogar ich, dachte Miro. Sie hat die Menschen einfach im Griff. Genau wie Andrew Wiggin. Hat sie es von ihm gelernt, oder er von ihr? Oder war diese Eigenschaft ihrer Familie angeboren? Schließlich war Peter der höchste Manipulator aller Zeiten gewesen, der ursprüngliche Hegemon. Was für eine Familie. So ungewöhnlich wie meine. Nur, daß die ihre wegen ihres Genies ungewöhnlich ist und die meine wegen der Schmerzen, die wir so viele Jahre miteinander geteilt haben, wegen der Entstellung unserer Seelen. Und ich bin der seltsamste, der, dem der größte Schaden zugefügt wurde. Andrew Wiggin kam, um die Wunden zwischen uns zu heilen, und hat seine Sache gut gemacht. Doch die inneren Entstellungen – können die jemals geheilt werden?
    »Wie wäre es mit einem Picknick?« fragte Miro.
    Diesmal lachten alle. Wie war das, Andrew, Valentine? Kann ich auch mit ihnen umgehen? Trage ich dazu bei, daß alles glatt

Weitere Kostenlose Bücher