Xperten - Der Paradoppelgänger
internationalen Verhandlungen teilnahm und durch das Erkennen der Gefühle der Verhandlungspartner für ihre Seite große Vorteile herausarbeiten konnte oder als sie bei der unblutigen Beendigung von Flugzeugentführungen entscheidend mithalf.
Aber dann begann alles danebenzulaufen. Klaus, den sie immer sehr geschätzt hatte, der als »Späher« die Fähigkeit besaß, andere Para-Begabungen zu orten, war auf Marcus, einen mächtigen Telekineten, gestoßen. Es war Klaus‘ Aufgabe, Marcus für die PPU zu gewinnen.
Marcus wollte sich aber politischen Zielen trotz großzügiger Angebote nicht unterordnen. Wie wenig sie ihn damals verstand, obwohl sie doch einen Teil seiner Gefühle lesen konnte, wundert sie noch heute. Als sich Marcus weigerte, bei der PPU mitzumachen, zeigten die vorgesetzten Politiker von Klaus Baumgartner ihr wahres Gesicht. Sie beschlossen, gegen den Widerstand von Klaus, Marcus zu töten. Marcus konnte zwar fliehen (zur Erleichterung der ganzen PPU!) und wurde später offiziell für tot erklärt, nur kam er tatsächlich wenig später mit seiner offenbar auch para-begabten Partnerin Maria bei einem Flugzeugabsturz ums Leben.
Erst durch die Vorgangsweise gegen Marcus wurde es Klaus und seinen Mitarbeitern klar, dass sie alle als nützliche, aber auch gefährliche »Mutant«, als »Ungeheuer«, betrachtet werden. Vorher wollten sie Marcus‘ Warnungen nicht glauben. Klaus hat sie dann versteckt gewarnt: Er selbst war durch einen sehr rigiden Vertrag mit der EU-Kommission noch auf Jahre verpflichtet und wurde genau überwacht, aber seine Mitarbeiter hatten mehr Flexibilität.
1 Mehr dazu in »XPERTEN - 1: Der Telekinet« [3].
Sie setzte sich sofort nach der Warnung mit einer neuen Identität ab. So wurde damals aus Sandra Hill Sandra Baker, aus einer Engländerin eine Amerikanerin, die aus Boston nach Los Angeles übersiedelte, wo sie nach langem Nachdenken doch beschloss, ihre Para-Begabung wieder vorsichtig für einen Job einzusetzen. Es standen ihr ungezählte Alternativen offen, sie hätte sicher sehr gut Immobilien oder andere große Objekte verkaufen können, weil sie immer auf die Stimmung der potenziellen Käufer hätte eingehen können ... Aber sie empfand das nicht als fair. Sie hätte eine erstklassige psychologische Beraterin abgeben können, aber hatte auch da Bedenken. Schließlich gründete sie ein Personalvermittlungsunternehmen. Damit wurde sie, wenig überraschend, so durchschlagend erfolgreich, dass man in Chefetagen auf sie aufmerksam wurde. Schließlich kaufte die Bank ihr Unternehmen zu unwiderstehlich guten Bedingungen mit der Auflage, dass sie auch die Personalberatung der Bank übernehmen müsste. Und diese Aufgabe trat dann im Laufe der Zeit immer mehr in den Vordergrund.
Jedenfalls wird Sandra durch den Verkauf ihrer Firma finanziell unabhängig und hat nun außerdem einen interessante Aufgabe bei der Auswahl und Betreuung von tausenden von Menschen. Sie hat in den letzten Jahren ihre Fähigkeiten immer mehr geschärft. Sie kann jetzt einwandfrei feststellen, wenn jemand lügt oder etwas verbergen will, aber auch in welchem Bereich sich jemand Sorgen macht oder sich besonders sicher fühlt.
Sandras Leben verläuft nicht problemlos. Da sind etwa ihre Zweifel, ob sie das Richtige tut, wenn sie ihre Para-Fähigkeit nur beschränkt und für relativ alltägliche Aufgaben einsetzt, aber nicht auch dort, wo sie damit sehr wesentlich helfen könnte ... allerdings mit der Gefahr, wieder als Para-Begabung erkannt zu werden. Sehr deutlich wird das für sie, als sie einmal als Geschworene vom Anfang an weiß, dass der Angeklagte unschuldig, ist aber einer der Hauptzeugen der Täter. Das Verfahren läuft dann so unglücklich, dass sie nur mit allergrößter Anstrengung die Verurteilung des Angeklagten verhindern kann, der wahre Täter aber wird nicht überführt. Wie viele Fehlurteile bis zu Hinrichtungen hätte sie schon verhindern können? Und sie kennt niemanden, mit dem sie die komplexe Problematik - Verantwortung gegenüber der Gesellschaft versus Verantwortung gegenüber sich selbst - diskutieren kann!
Ein zweites, weniger philosophisches, aber persönlicheres Problem bedrückt Sandra fast noch mehr. Sie ist jetzt knapp über 30, eine hübsche, fitte, erfolgreiche Frau. Sie wünscht sich einen Partner, ist aber außerstande eine Beziehung einzugehen. Die Tatsache, dass sie bei jedem Treffen die Gefühle des Gegenübers bis zu feinen Nuancen empfindet, ob sie will oder
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