Xperten - e-Smog: Elektromagnetische Umweltverschmutzung
dass auch keine entsprechenden Forschungsgelder mehr flossen.«
Mandi hat schon lange nicht mehr über diese Zeit nachgedacht und bei den Gedanken daran spürt sie immer noch tief sitzenden Zorn in sich aufsteigen.
»Sogar die spontanen Brainstorming-Sessions, die es am Rande anderer ‚grenzwissenschaftlicher‘ Konferenzen immer gegeben hatte, hörten auf«, fährt Mandi fort. »Immer wenn Diskussionen über dieses Thema aufkamen, wurden sie in die ach so beliebten Gespräche über ‚Best Practices‘ abgedrängt. Ich kann Ihnen nicht sagen, wie oft wir uns zum Beispiel das Geleier über die in Auckland geltenden Bestimmungen anhören mussten. Starkstromleitungen dürfen dort nur in sicherem Abstand von Wohnhäusern und Schulen verlegt werden, auch Handymasten müssen eine ausreichende Entfernung aufweisen. Die Gebäude sind speziell abgeschirmt, damit Wohnungen und Büros garantiert ‚sicher‘ sind. Ich schätze diese Maßnahmen in Richtung sicherer Lebensraum wirklich , aber wenn ich Information darüber suche, dann lese ich die Berichte. Aber die Brainstormings besuchte ich, um genau das zu tun: Brainstorming. Ich wollte über Fakten und Theorien diskutieren. Sie versuchten wirklich alles , um die Forschungen als unabhängig und abgeschlossen hinzustellen. Aber sie waren es nicht.«
»Genau das war auch mein Eindruck«, sagt Evette, gefesselt von Mandis Wortschwall. »Ich lese diese Veröffentlichungen – Ihre eingeschlossen – und die Arbeiten scheinen methodisch voranzuschreiten, die Forschung zeigt erste Resultate. Die Wissenschafter planen die nächsten Schritte, die Richtung, die sie weiter untersuchen wollen … Dann – ganz plötzlich – ist alles aus! Ich habe noch keine Arbeit gefunden, in der über den erfolgreichen Abschluss eines Projekts berichtet wird. Alle werden abrupt mitten in der Arbeit abgebrochen … Die faszinierendste Arbeit und – der schroffen Ablehnung nach zu schließen, auf die sie stieß – anscheinend auch die kontroversiellste war ein kurzes Paper von einem Mann aus … Indien, glaube ich … Warum hat niemand seine Arbeiten fortgeführt?«
»Dr. Ramu Visra«, sagt Mandi, als hätte sie nur auf das Stichwort gewartet. »Er war indischer Abstammung und lebte in Malaysia. Ein brillanter Forscher … Dr. Visra starb auf dem Weg zu einer Konferenz, damals, 2003 …«
Mandi hat viele Jahre nicht mehr an Ramu gedacht. »Ich erinnere mich gut daran, denn sein Tod war der Anfang vom Ende. Ich arbeitete eng mit ihm in einem anderen Projekt zusammen, aber das Projekt – sein Projekt – starb mit ihm. Niemand kannte die Hintergründe und die Datensammlungen, außer ihm selbst … Nach seinem Tod gab es keine Daten mehr, nichts … Und es gab niemals mehr jemanden im Bereich der elektromagnetischen Forschung, der so Hervorragendes geleistet hat wie er. Und es gab auch keine Forschungsgelder mehr. Ungefähr zur Zeit von Dr. Visras Tod versiegte der Geldfluss.«
»Ich weiß, bei Forschungsförderung dreht sich sowieso immer alles um Geld, Einfluss und Ego«, fährt Mandi fort, »aber im Falle der elektromagnetischen Verschmutzung war es noch um eine Spur schlimmer. Die Förderer drehten den Geldhahn ohne jede Vorwarnung zu. Vorher hatten wir enorme Zuwendungen der Konzerne und plötzlich wurden wir ausgehungert. Es war, als ob jemand in einem gewaltigen, gut organisierten Streich alle Geldgeber zu diesem drastischen Wechsel veranlasst hatte.
Sogar die Seite, die den ganzen Prozess überwachen sollte, ist – hm … – verdächtig. Sie haben sicher über die nationalen und internationalen ‚Überwachungsorgane‘ gelesen, die gegründet wurden, um den ‚Fortschritt‘ in diesem Bereich zu kontrollieren? Ich habe nachgeforscht und konnte keine einzige Definition von ‚Fortschritt‘ in ihren Dokumenten finden, auch keine Charta, die die wirkliche Funktion dieser Gruppen beschreiben würde. Sie haben auch keine offizielle Befugnis, Verstöße gegen gesetzliche Bestimmungen zu verfolgen, auch wenn sie welche aufdecken sollten.«
»Also sind diese Gruppen in Wirklichkeit völlig wertlos?« Evette weiß, dass ihre Frage rhetorisch ist.
»Leider ja«, bestätigt Mandi mit frustriertem Unterton.
Das Gespräch hat starke Gefühle an die Oberfläche gebracht. Zur Zeit ihrer intensiven e-Smog-Forschungen war Mandi das gewohnt und es war ihr immer ein starker Antrieb: die hitzigen Diskussionen mit Kritikern und die Gespräche mit Ramu, dessen Besessenheit und Leidenschaft
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