Yakuza Flowers
Belieben umspringen kannst! Siehst du nicht, auf was für wackeligen Beinen unsere Beziehung steht? Wir leben uns immer mehr auseinander. Ich habe nie nach den Dingen gefragt, die du tust, aber du entfernst dich immer mehr von mir, und ich weiß nicht, warum.“ Gabriel hielt inne und atmete tief durch. „Du solltest dir überlegen, ob du mir traust oder nicht, Jiro. Denn wenn du es nicht tust, dann sollten wir uns besser trennen.“ Die Worte waren fast tonlos gekommen, und als Gabriel spürte, dass ihm die Tränen in die Augen stiegen, drehte er sich um. Er ließ Jiro alleine im Zimmer zurück. Vielleicht hatte er sich nicht fair verhalten, aber wenn sie einander nicht trauten, dann hatte ihre ohnehin sehr zerbrechliche Beziehung keinen Sinn.
Das Haus zu verlassen reichte nicht aus und so verließ Gabriel auch das wunderschöne Grundstück. Von der spärlichen Beleuchtung der Straße umflossen, entfernte er sich von Kiras Heim. Es war bereits dunkel geworden und in dem vornehmen Stadtteil waren kaum Passanten unterwegs. Hier fuhr man eher Auto, als dass man zu Fuß spazierte. Die Hände in den Taschen zwinkerte Gabriel immer wieder, um bloß keine Tränen fließen zu lassen. Weinen würde ihm jetzt nicht weiterhelfen. Er hatte keine Ahnung, was er machen sollte. Seine Hoffnung, dass alles doch noch gut werden würde, war zerbrochen. Ebenso sein Herz. Selbst Vincent hätte er sich in diesem Moment nicht anvertrauen wollen. Außerdem hätte er dann zu Kira zurückkehren müssen, und der war so ziemlich der letzte Mensch, den Gabriel zu sehen wünschte.
Jiro log ihn an und das tat weh. Ihm war immer klar gewesen, das s Jiro ihm eine Menge nicht erzählte. Besonders über seine Vergangenheit hatte er sich ausgeschwiegen. Dagege n hatte Gabriel über jeden Verwandten, jedes Weihnachtsfest und jeden Exfreund berichten müssen. Es hatte ihn nicht sonderlich gestört, da er der Meinung gewesen war, dass Jiro von all den Dingen noch berichten würde, wenn er soweit wäre. Jetzt wusste er allerdings, dass es dieses ‚später‘ nie geben würde.
Auf einmal war er sich nicht mal mehr sicher, ob er den wahren Jiro überhaupt kannte. Gehörte die Wut, die er bei dem Zwischenfall mit Hikaru in seinen Augen gesehen hatte, etwa zu dem wahren Jiro? Oder war Jiro der gewissenlose Mann, den er vor einigen Tagen am Telefon gehört hatte?
Gabriel traute sich nicht, ein Urteil darüber zu fällen und wischte sich mit dem Ärmel über die Augen. Konnte er einen Mann lieben, der ihn mit dem gleichen Mund küsste, mit welchem er Verstümmelungen in Auftrag gab? Auf diese Frage hatte Gabriel keine Antwort und das machte alles nur noch schlimmer, als es ohnehin schon war. Er war hin und her gerissen, zwischen verzweifelter Liebe und ebenso verzweifelter Sorge. Keine klare Entscheidung treffen zu können, machte ihn zu einem hilflosen Blatt auf einem Meer aus verwirrten Gefühlen.
Gabriel lief immer weiter. Ihm war klar, dass es sehr unhöflich und gefährlich war, sich so einfach aus dem Staub gemacht zu haben. Nicht nur Kira gegenüber, sondern auch Vincent, der mit dem ganzen nun wirklich nichts zutun hatte. Aber zurückgehen wollte Gabriel auch nicht. Sich in einem solchen Moment den anderen zu stellen, erschien Gabriel unmöglich. Warum war ihm Jiro nicht nachgelaufen? Wahrscheinlich dachte er, dass Gabriel einfach durch den Garten lief, um seinen Zorn verdampfen zu lassen. War er in diesem Moment vielleicht gerade selbst im Garten, um Gabriel zu suchen, in der Hoffnung, dass sie sich wieder versöhnen würden? Gabriel wusste es nicht.
Zurückgehen oder nicht? Das war hier die Frage, und als Gabriel stehen blieb, um zu einer Entscheidung zu kommen, hielt ein Wagen neben ihm. Das hintere Fenster wur de heruntergelassen. Erst dachte Gabriel, dass jemand nach dem Weg fragen wollte, immerhin hielten japanische Städteplaner nichts von fortlaufenden Nummern. Aber Gabriel sollte sich irren. Es war Hikaru, der den Kopf heraussteckte und Gabriel anlächelte.
„So allein unterwegs?“ Hikarus leicht anzüglicher Ton ließ Gabriel erschaudern, ebenso wie der Blick, den Hikaru über seine Gestalt gleiten ließ.
„Ich wollte gerade zurück zum Haus gehen.“ Es erschien ihm besser zu lügen, selbst wenn es nicht sonderlich überzeugend klang. Ganz sicher wollte er Hikaru seinen aufgewühlten Gemütszustand nicht auf die Nase binden. Das hätte ihm gerade noch gefehlt.
„Ich könnte dich mitnehmen. Das Haus von Miyamoto liegt zwar
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