Yakuza Flowers
dass Kira auf diese heftigen Worte nichts sagen konnte und ließ ihn einfach stehen. Sein Weg führte ihn ins Wohnzimmer, wo er einen Schrank nach Alkohol durchstöberte. Vincent trank selten und seit dem Vorfall mit Kira und dem Alkohol, hatte er überhaupt nichts mehr getrunken, doch in einer solchen Situation brauchte er einfach einen Drink. Das war durchaus eine Situation, die rechtfertigte, dass man sich volllaufen ließ und nur noch vergessen wollte.
Er konnte noch immer nicht glauben, was am Tokyo Tower geschehen war. Am Anfang hatte alles noch gut ausgesehen, obwohl Vincent schon da ein ungutes Gefühl beschlichen hatte un d plötzlich w ar alles ganz verrückt geworden. Warum in aller Welt hatte Jiro so wütend und verächtlich auf Hikaru eingeredet? Es hatte fast ausgesehen, als würde er es darauf anlegen, ihn zu provozieren. Wenn er das vorgehabt hatte, dann hat es ganz wunderbar funktioniert, dachte Vincent. Endlich fand er eine Sakeflasche. Mit zitternden Händen schenkte er sich ein Glas ein und nahm einen Schluck.
Der gewünschte Effekt wollte sich jedoch nicht so recht einstellen. Auch eine halbe Flasche später war Vincent noch unangenehm klar. Die Zimmertür öffnete sich leise und dann betrat Kira den Raum. Ob Vincent ihn sehen wollte oder nicht, konnte er nicht so recht entscheiden. Doch das war auch nicht nötig, da Kira sich unaufgefordert zu ihm auf den Boden setzte.
„War es so geplant gewesen?“ Vincent war müde. Er bot Kira die Flasche an, doch der lehnte ab.
„Ich wusste nicht, dass er es so enden lassen wollte.“ D ie Antwort kam erst nach einigen Sekunden, in welchen Vincent einen weiteren tiefen Schluck nahm. Wo zur Hölle blieb die Wirkung dieses Zeugs?
„Ich habe ihn nie gemocht“, sagte Vincent schließlich dumpf und lehnte den Kopf an das Schränkchen, das hinter ihm stand. „Er hat Gabriel den Kopf verdreht und ihm nur Probleme bereitet. Ich habe es Gabriel gleich gesagt, aber er wollte nicht auf mich hören. ‚Liebe auf den ersten Blick‘ hat er den Quatsch genannt und von diesem Blödmann geschwärmt.“ Das waren Vincents ungefilterte Gedanken, ab er gerade wollte er es nicht ander s. Er hatte Jiro am Anfang recht sympathisch gefunden. Aber für das, was er Gabriel an diesem Abend angetan hatte, konnte er ihn kaum mehr mögen.
„Weißt du, was gegen Liebe auf den ersten Blick gut hilft?“, fragte er Kira und sah ihn von der Seite an. „Ein zweiter Blick und zwar ein verdammt genauer. Nur dann erkennt man, was für einem Idioten man ins Netz gegangen ist.“ Vincent stockte und leckte sich über die Lippen, die ganz trocken geworden waren. „Es ist alles meine Schuld. Ich hätte ihn noch in London von Jiro fernhalten sollen. Aber ich war zu sehr mit mir selbst beschäftigt und dann ist es zu spät gewesen.“
Als Gabriel mit Vincent angebändelt hat, hatte Vincent Kira kennengelernt. Er war selbst so auf Wolke sieben gefangen gewesen, dass er die letzten Anrufe seines Freundes gar nicht mehr hatte beantworten können. Dann war Gabriel nach Tokyo geflogen und alles hatte seinen bitteren Lauf genommen.
„Du glaubst doch nicht, dass du davon hättest abbringen können.“ Kiras Einwand kam vorsichtig, aber Vincent war kein Mensch, der vor seiner Verantwortung davongelaufen wäre.
„Doch hätte ich. Ich hätte es als sein Freund gemusst. Nun ist Jiro tot und Gabriel wird es das Herz brechen.“ Ob er sich morgen daran erinnern würde, was im Park geschehen war? Einerseits hoffte Vincent, dass Gabriel sich nicht erinnern konnte. Doch das hätte bedeutet, dass er derjenige sein würde, der ihm alles erzählen musste. Das wollte er keineswegs. Wie sollte er ihm, um Himmels willen, so etwas beibringen?
„Nein, das hättest du nicht gekonnt“, widersprach ihm Kira. „Du hättest nichts daran ändern können und sie hatten zumindest eine schöne Zeit miteinander.“
Vincent sah Kira an und erst jetzt fiel ihm auf, dass der andere zitterte. Genauso hatte Gabriel vorhin gezittert. Vincent war, als würde er auf eine offene Wunde in Kiras Seele blicken. Warum es ihm so nah ging, dass Jiro sein Leben verloren hatte, konnte er nicht nachvollziehen. Natürlich war er selbst auch sehr erschüttert, aber nicht so wie Kira. Auf einmal war ihm einerlei, was Kira und Jiro verbunden hatte. Was immer es auch gewesen sein mochte, nun war es fort und für Kira ein schmerzlicher Verlust. Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, zog Vincent Kira zu sich in die Arme.
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