YANKO - Die Geschichte eines Roma
Ich fliege nachher noch nach San Francisco. Wir haben ein paar Tanztermine in den nächsten Tagen.“ „Yanko, ich muss dir einfach nochmal sagen, wie sehr ich dir dankbar bin, für das was du für uns getan hast! Ich habe das eigentlich nicht verdient!”, sagte sie liebevoll und berührte dabei leicht seinen Arm.
Ihm fuhr plötzlich ein leiser Hauch der Erregung durch den Körper, den er aber gleich wieder verdrängte. Er sah sie an, und während er sagte: „Schon ok! Ich liebe meinen Sohn!”, hätte er sie am liebsten geküsst und an ihrem schönen, langen, schwarzen Haar gerochen, aber auch das schob er sofort wieder beiseite. „Wie geht es eigentlich Ron? Ich habe schon so lange nichts mehr von ihm gehört!“, hörte er sie auf einmal fragen und spürte postwendend heftigst den speziellen Stich in seinem Herzen, wenn es um Ron ging.
Wieso musste sie ihn jetzt ausgerechnet nach Ron fragen? Wozu will sie das wissen? Es nervte ihn, und er musste kurz durchatmen, bevor er antworten konnte. Die Sehnsucht nach Ron schien sich jeden Tag mehr in ihn hineinzufressen, und manchmal konnte er es kaum noch aushalten.
„Gut... Er wohnt ja jetzt mit Courtney zusammen... in San Francisco.“, antwortete er dann schnell. „Ajaa!”, sagte sie, und Yanko wollte einfach nur noch schnell weg, und so küsste er Dolores zum Abschied leicht auf die Wange. Sie winkte ihm hinterher und sah ihm noch eine ganze Weile nach. Zu gerne hätte sie ihn umarmt und ganz nah gespürt, ihn wenigstens ein paar Sekunden ganz für sich gehabt. Sie musste über sich selbst schmunzeln. Zu albern, dachte sie, du verhältst dich ja wie ein junges Mädchen.
J anina holte Yanko vom Flughafen ab, und er war froh, dass es endlich mit dem Tanzen weiterging. Es drängte ihn, er musste sich bewegen, und Tanzen war für ihn schon immer ein Ventil gewesen seine Gefühle irgendwie aus seinem Körper zu bekommen. Schon als Kind hatte er es geliebt zu tanzen. Vor allem abends um das Lagerfeuer herum, wenn seine Familie und alle Leute aus seiner Gruppe da waren und gesungen und erzählt wurde. Das Tanzen hatte immer dazu gehört, egal ob jemand geboren wurde, oder ob jemand gestorben war, ob zu Hochzeiten oder zu sonstwas. Ein Grund zum Feiern war immer schnell gefunden, und war es auch nur aus dem einfachen Grund, der eigentlich der wichtigste war, nämlich dass man lebte und sich darüber freute.
Manchmal war es ihm egal zu welcher Musik er tanzte, aber manchmal musste es auch unbedingt die Musik seiner Kindheit sein. Und wenn sein Herz voller Schwermut war, dann halfen nur die alten Romamelodien und die Stimmen der Sänger, die bis tief in sein Mark dringen konnten und seine Seele berührten. Dennoch liebte er es sehr mit Janina zu tanzen, auch wenn es nur zur Unterhaltung der Clubbesucher war.
Der kleine Club war an diesem Abend wieder einmal gut besucht und nach ihrem Auftritt saßen Janina und Yanko mit noch ein paar Bekannten zusammen um einen kleinen Tisch herum. Alle tranken Sekt oder Bier, nur Yanko nippte an seinem Cola und wünschte sich, er hätte damals nicht so viel gesoffen. Gleichzeitig wusste er, dass der Alkohol ihm damals irgendwie auch das Leben gerettet hatte. Sein Arm lag locker um Janinas Schultern, und er war stattdessen ordentlich bekifft, obwohl er den Zustand eigentlich gar nicht so mochte.Er war viel lieber betrunken. Im Club war es sehr laut, und am Tisch wurden ständig Witze erzählt, und alle lachten lauthals und waren in bester Laune.
Heute hätte er eigentlich den alten Balsam dringend gebraucht, aber es war eben nicht so. Im Club lief andere Musik. Und besonders an solchen Tagen, nachdem er zur falschen Musik getanzt hatte, blieb ein unerfüllter Hunger in ihm zurück. Ein Punkt, an dem er sich immer einsam fühlte, und der ihn hundemüde machte.
Spät in der Nacht verließen Yanko und Janina dann den Club und fuhren mit einem Taxi zu ihrer Wohnung.
Dort angekommen ging Yanko gleich in die Küche, holte sich eine Flasche Wasser aus dem Kühlschrank, ging damit auf den Balkon und zündete sich noch einen Joint an.
Janina sah zuerst nach ihrer Tochter Samanta, die selig schlafend in ihrem Bett lag. Den Zettel mit Janinas Handynummer auf dem Nachttisch hatte sie nicht gebraucht. Dann schlüpfte Janina wieder aus dem Zimmer und ging zu Yanko auf den Balkon hinaus und war kurz erschrocken, als sie ihn schon wieder mit einem Joint sah.
Vorsichtig versuchte sie ihn darauf anzusprechen, denn auch sie wusste bereits, dass
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