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YANKO - Die Geschichte eines Roma

YANKO - Die Geschichte eines Roma

Titel: YANKO - Die Geschichte eines Roma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anžy Heidrun Holderbach
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wollte.
    Unwillkürlich kam ihm der eine Abend in San Francisco zurück in den Sinn, als er die Haustür zu Rons Wohnung aufgeschlossen hatte und das Licht anmachen wollte. Er hatte es eigentlich nicht gehört, aber da war unverkennbar ein Geräusch gewesen, das vermieden werden wollte. Er hörte sich selbst: „Ron? Bist du das?“ rufen, doch alles war still geblieben. Nach einer Weile hatte er dann schließlich das Licht angeschaltet und konnte dann nur noch fühlen, wie er kurze Zeit später zu Boden gesunken war. Der Knall war fastunhörbar gewesen, doch den Schmerz in seinem rechten Arm hatte er dafür umso mehr gespürt.
    Yanko fuhr mit Tränen in den Augen hoch, als plötzlich sein Handy klingelte, und er machte sich nicht die Mühe sie wegzuwischen. Blöderweise lag sein Handy auf dem Tisch. Vorsichtig stand er auf, um Kenia nicht zu wecken und ging dran. Es war Dolores. „Hi Yanko, entschuldige bitte, aber ich bin in Eile! Könntest du bitte Manuel nachher von der Schule abholen? Und könnte er heute bei dir übernachten?“, wollte sie schnell wissen, und Yanko fiel es gar nicht auf, dass sie den ersten Satz auf Englisch gesprochen hatte. Müde und leise antwortete er ihr, dass das kein Problem sei. Danach ging er ins Haus, legte Kenia auf das Sofa und deckte sie mit einem seiner Felle zu. Sanft küsste er sie auf die Stirn und ging dann wieder auf die Veranda zurück um zu rauchen.
    Am liebsten hätte er sich jetzt einfach betrunken.

K eith kam wie jeden Tag nach der Schule nach Hause.
    Seine Frau Mabel stand schon in der Küche und kochte das Abendessen. „Hi, Darling!”, rief Keith ihr entgegen. „Wie war dein Tag?“, fragte sie ihn ohne aufzusehen. Keith murmelte etwas Unverständliches und holte eine Flasche Wein aus dem Kühlschrank. „War ok! Und bei dir?”, konnte sie ihn fragen hören, während sie die Soße abschmeckte. Keith entkorkte die Flasche, holte zwei Gläser aus dem Wohnzimmerschrank und schenkte sie gut ein. Mabel drehte sich zu ihm und nahm das Glas entgegen, das Keith ihr reichte. Sie prosteten sich kurz zu und tranken. „Ich war mit Andy und Janis beim Zahnarzt. Dann habe ich die Vorhänge in die Reinigung gebracht. Paul hat angerufen, dass der Auspuff gekommen ist, und deine Mutter habe ich nach Newly in die Bibliothek gefahren. Du müsstest gleich noch Janis vom Baseball abholen und bringst du dann bitte von unterwegs noch Milch mit? Hab’ ich vorhin vergessen!”, warf sie in den Raum, kurz nachdem sie den Wein geschluckt hatte. Keith nickte wie auf Kommando und leerte sein Glas in einem Zug. Er nahm den Autoschlüssel wieder vom Schlüsselbrett und verschwand postwendend.
    Er spürte selbst nicht, dass es ihn nervte, sofort nachdem er nach Hause gekommen war schon wieder weggeschickt zu werden. In letzter Zeit ertappte er sich allerdings öfter dabei, dass er in der Schule unwirsch und gereizt reagierte, oder gedankenverloren und abwesend aus dem Fenster starrte. Es nervte ihn momentan sehr, wenn die Schulkinder alle wild durcheinander riefen und Krach machten, obwohl er genau das eigentlich immer sehr gemocht hatte. Seine Kinder waren doch früher auch lauthals kreischend durch die Gegend gerannt, und es hatte ihn überhaupt nicht gestört. Ganz im Gegenteil, er konnte sich damals regelrecht an ihrer Lebensfreude erfrischen.
    Nachdem er die Milch eingekauft hatte, fuhr er zum Baseball Club, und während er dorthin fuhr, kam ihm sein Bruder in den Sinn, und dann dachte er sich, dass es auf jeden Fall besser war, wieder weggeschickt zu werden, als allein in einem Blockhaus zu sitzen und selbst kochen zu müssen, nur weil man es nicht schaffte sich wieder dauerhaft zu binden. Es war doch auch wirklich unglaublich was Yanko da in letzter Zeit so alles gebracht hatte. Wie hatte er sich überhaupt nur auf Ron einlassen können? Es war für Keith immer noch absolut unbegreiflich, auch wenn er deutlich gespürt hatte, dass die beiden sich offensichtlich wirklich geliebt hatten, und er auch sehr davon berührt gewesen war. Aber dass sein eigener Bruder schwul sein sollte, hatte er nie wirklich geglaubt, und er schien ja damit auch recht gehabt zu haben. Und dann die Sache mit Jenny. Warum um alles in der Welt hatte er denn jetzt Dolores und nicht Jenny geheiratet? Sie war doch eine tolle und schöne Frau! Und warum hockte er jetzt da oben allein in seiner Hütte? Er hätte es so gut haben können an Jennys Seite. Manchmal verstand er seinen Bruder überhaupt nicht, und dass das

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