YANKO - Die Geschichte eines Roma
alles nur mit Fams Tod zusammenhängen sollte, konnte er sich auch nicht mehr so recht vorstellen, obwohl er wusste, dass Yanko Fam niemals untreu gewesen war und sie über alles geliebt hatte. Dann dachte er wieder an die Hochzeit mit Dolores und konnte es immer noch nicht nachvollziehen. Ok, die beiden hatten ein Kind zusammen, und Dolores war noch hübscher als Jenny, aber warum war Yanko dann nicht wenigstens richtig mit ihr zusammen?
Vielleicht sollte Yanko sich einfach mal auf seine Herkunft besinnen und auch eine Romafrau heiraten, so wie es sich eigentlich gehörte. Dann würde es von der Ursprungsenergie her stimmen und vielleicht war es ja das, was ihm fehlte und was ihn zu einer dauerhaften Beziehung befähigen könnte. Hatte Yanko überhaupt schon mal etwas mit einer Frauseinesgleichen gehabt? Keith grübelte eine Weile, aber er konnte sich nicht daran erinnern. Er fand diese Tatsache eigentlich sehr merkwürdig, und daher beschloss er Yanko bei Gelegenheit mal danach zu fragen.
Kaum hatte er das gedacht, riss sein Sohn die Autotür auf und überschüttete ihn mit den Neuigkeiten des Tages.
M anuel war öfter nach der Schule bei Yanko, und an diesem Nachmittag ritt er stolz im Paddock auf seinem eigenen Pferd im Kreis herum. Yanko hatte es für ihn gekauft, denn er fand es wichtig, dass sein Sohn ein eigenes Pferd hatte auf das er sich ganz einlassen konnte, und offensichtlich machte es ihm sehr viel Spaß. Yanko lief nebenher und freute sich, dass sein Sohn nach so kurzer Zeit schon so gut reiten konnte, und er klopfte ihm liebevoll und anerkennend auf die Schulter.
Dann hielt Manuel das Pferd an, und Yanko hob ihn anschließend aus dem Sattel. Er drehte sich ein paar Mal mit ihm auf dem Arm im Kreis herum und drückte seinen Sohn glücklich an sich und fand, dass er für seine neun Jahre schon ganz schön Gewicht hatte, obwohl er in keinster Weise irgendwie dick war. Im Gegenteil Manuel hatte einen sehr athletischen Körper, der zum Reiten absolut ideal war.
Manuel lachte lauthals, als Yanko ihn im Kreis umher wirbelte und war froh, dass er einen Papa hatte, der Pferde besaß, und der offenbar sehr stolz auf ihn war. Es tat ihm sehr gut bei ihm zu sein, nachdem ihm jahrelang erzählt worden war, dass Pedro sein Vater wäre. Er hatte aber nie ein besonders nahes Verhältnis zu ihm gehabt, und nachdem plötzlich dieser Verrückte, wie seine Mama Yanko zunächst beschrieben hatte, auf einmal in ihrem Haus gestanden war und nach einer kurzen, aber heftigen Diskussion mit seiner Mutter angefangen hatte mit ihm zu spielen, war er ihm schon ans Herz gewachsen. Zwei Tage später hatte er dann von seiner Mutter die Wahrheit erfahren, und er war sehr erleichtert und geradezu glücklich darüber gewesen. Aber warum sein Vater nicht von Anfang an bei ihm gewesen war, konnte er nicht verstehen. Vielleicht hatte Pedro ihn auch geschlagen, und er wollte deshalb nicht mehr bei ihm in Mexico bleiben.
Bestimmt war es so gewesen.
Seine Familie in Mexico hatte keine Pferde besessen, doch er hatte schon immer davon geträumt reiten zu können. Und jetzt hatte er sogar ein eigenes Pferd! Er nannte es Carlos, nach seinem besten Freund, den er durch die Flucht leider hatte verlassen müssen, und der ihm hier sehr fehlte. Aber er war trotzdem froh, dass Yanko ihn geholt hatte, und er jetzt bei seinem Dad sein konnte.
Gegen Abend brachte Yanko seinen Sohn zu Dolores nach Newly zurück. Sie hatte eine kleine Wohnung im Stadtkern gemietet und ging halbtags in einem Blumenladen arbeiten.
Manuel sprang mit seinem Schulranzen in der Hand aus dem Pickup und rannte, so schnell er konnte die Treppen hinauf. Yanko hatte alle Mühe ihm hinterher zu kommen, aber er ließ sich gerne von seinem Sohn anspornen. Er musste gleich zwei Stufen auf einmal nehmen, um ihn annähernd einzuholen.
Dolores hatte den Lärm schon von weitem gehört, den die beiden im Treppenhaus veranstalteten und stand schon in der Tür, als sie oben außer Atem ankamen. „Hallo mein Kleiner, wie geht’s?”, begrüßte sie ihren Sohn und küsste Manuel auf die Stirn. Manuel schlüpfte sogleich in die Wohnung, schmiss seinen Schulranzen in die Ecke, winkte Yanko noch kurz zum Abschied zu und verschwand dann in seinem Zimmer. Yanko warf ihm eine Kusshand hinterher und fand es schade, dass er ihn nicht immer um sich hatte.
„Hallo Yanko! Willst du auch mit reinkommen?“, fragte ihn Dolores und wollte ihn schon in die Wohnung lassen. „Nein danke, Dolores!
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