YANKO - Die Geschichte eines Roma
nach und nach erlaubte, desto klarer wusste er, was er tun würde. Er musste es einfach darauf ankommen lassen. Er musste es wissen.
Spätabends, am gleichen Tag kurz nach Feierabend, rief er seine Frau an und sagte ihr, dass er noch zu Thomas gehen, und vielleicht diese Nacht nicht nach Hause kommen würde. Marianna antwortete entspannt und sagte nur, dass sie ihn liebe. Automatisch gab er ihr zurück, dass er sie auch liebe, obwohl er momentan gar keine Ahnung hatte, ob das wirklich noch so war. Dann setzte er sich entschlossen ins Auto und fuhr zu Yanko raus.
Es regnete, und Ron erinnerte sich, dass es in jener Nacht, auch geregnet hatte.
Yankos Haustür war wie immer nicht abgeschlossen, doch im Haus war alles schon dunkel, offensichtlich schlief Yanko schon. Ron ging leise und vorsichtig hinein und machte ein wenig Licht, damit er nicht versehentlich über etwas stolperte, denn es war stockdunkel im Haus. Er atmete noch einmal tief durch und ging dann direkt ins Schlafzimmer. Obwohl er etwas Angst hatte, fühlte er sich doch seit Langem mal wieder tatkräftig und klar im Kopf.
Yanko schlief tatsächlich schon und wachte erst auf, als Ron die Tür öffnete. Er schaute ihn verwundert und verschlafen an. „Was ist los?“, murmelte Yanko und blinzelte kurz zum Fenster rüber und sah, dass es dunkel war und wie aus Kübeln schüttete. Ron konnte auf einmal gar nichts sagen und standetwas unschlüssig in der Tür. Yanko schwang sich aus dem Bett und war froh, dass er noch die Jeans anhatte. Sie gingen in die Küche, und Yanko holte Wasser aus dem Hahn und ein Bier für Ron. Als Ron die Flasche entgegennehmen wollte, berührten sich ihre Hände. Ihre Blicke trafen sich, und dann ließ es sie nicht mehr los. Sie fielen übereinander her, wie wenn sie am Verhungern wären und liebten sich noch auf dem Küchenboden. Danach zog Ron Yanko mit ins Bett, und sie schliefen engumschlungen ein.
Am darauf folgenden Morgen lag Yanko auf dem Rücken in Rons Arm und dachte nach. Er wunderte sich sehr über das, was da jetzt schon zum wiederholten Mal geschehen war und wusste überhaupt nicht, ob er es gut oder schlecht finden sollte. Fakt war jedenfalls, es hatte ihm gefallen, und das sogar sehr! „Was passiert hier mit uns?“, stellte Yanko dann schließlich die Frage in den Raum. Ron zuckte mit den Schultern. „Ich weiß es nicht!... Ich weiß nur, dass ich dich vermisst habe, und dass ich mir nichts sehnlicher gewünscht habe, als wieder mit dir zusammen zu sein.“ Yanko seufzte und ließ das Gefühl dann zu, das er schon die ganze Zeit in sich gespürt hatte. „Oh, Mann! Ich glaube, ich hab’ dich auch vermisst! So hatte ich mir das aber nicht vorgestellt!“ Ron holte tief Luft. „Ich muss dir was sagen! Ich hab’ dich immer am liebsten von allen angeschaut... Ich habe es mir nur lange nicht zugestanden... Letzte Woche... da wollte ich mit Marianna schlafen... Es ging nicht. Ich hab’ nur an dich gedacht. Ich konnte nicht anders.“ Yanko wehrte sich nicht. „Wow, ich bin auf dem besten Weg mich in einen Mann zu verlieben. Es fühlt sich irgendwie danach an!“ Ron zog ihn fester an sich. „Ja, so geht’s mir auch, und zwar ganz schön tief... Was machen wir denn jetzt?“ Yanko grinste. „Kaffee...“, beschloss er schnell, denn er war viel zu durcheinander, umirgendwie weiter zu denken. Ron haute Yanko spielerisch auf den Hinterkopf und lachte dabei. Dann standen sie auf und gingen in die Küche.
Nachdem Yanko Kaffee gemacht hatte, setzten sie sich nach draußen in die Sonne und tranken und rauchten. Sie saßen eng nebeneinander auf der Treppe, die von der Veranda zum See führte, und Ron lehnte sich mit dem Rücken an Yankos Schulter. Lange ließen sie nachdenklich ihre Blicke über den See schweifen. Plötzlich kamen die Worte wieder, und Yanko unterbrach ihr Schweigen. „Könntest du dazu stehen?“ Ron zögerte, obwohl er wusste, dass sie sich dieser Frage durchaus stellen mussten, wenn es so weiterging. „Ich weiß nicht... vor dir und mir schon eher, aber alles andere macht mir richtig Angst... Meine Familie, die Leute, meine Kids, die Army usw.“ Yanko nickte leicht. „Hmm... klar!“ Ron nahm einen Schluck heißen Kaffee. „Und du?“ Yanko holte tief Luft. „Ich hab’ nichts zu verlieren. Es ist zwar total verrückt, und ich glaube es ja selbst kaum, aber ich denke... ja!“ Yanko fügte dann noch etwas ironisch und sarkastisch hinzu: „Ich hab’ schon so viel Verrücktes erlebt, da
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