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YANKO - Die Geschichte eines Roma

YANKO - Die Geschichte eines Roma

Titel: YANKO - Die Geschichte eines Roma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anžy Heidrun Holderbach
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plötzlich besser verstehen konnte. „Hmm?” Yanko wusste nicht genau, was Keith meinte. „Schau dich doch um, hier mitten im Meer!“, ergänzte sein Bruder. „Stimmt, ich denke oft ans Meer... und ich liebe es!... Es ist in mir... Manchmal finde ich es schade, dass wir nicht in Griechenland geblieben sind.“, sagte Yanko nachdenklich und spürte plötzlich eine merkwürdige Sehnsucht in sich. Er vermisste es tatsächlich.
    „Ja... aber die Situation in unserer Familiensippe war einfach nicht mehr erträglich für unsere Eltern gewesen.“ Keith drehte sich um und sah Yanko in die Augen. „Was ist denn eigentlich genau passiert?“, wollte der wissen. „Da kamen wohl ein paar Dinge zusammen. Ich weiß nur aus diversen Erzählungen, dass unser Vater nicht so wirklich in der Sippe unserer Mutter akzeptiert war, obwohl er auch ein Roma war. Aber er war ein spanischer Lovára. Und Mutters griechische Artíste waren anscheinend nicht besonders grün mit den Lovára. Irgendwann hat dann der Rat der Artíste unseren Eltern nahegelegt, dass sie mit ihrem Zirkus doch besser weit weggehen sollten.“ Keith wunderte sich, dass Yanko das offensichtlich alles gar nicht wusste. „Was?? Wir wurden sozusagen ausgeschlossen?“, fragte er erstaunt und war für einen Moment irritiert, denn ihm kam es auf einmal irgendwie merkwürdig vor, dass seine Eltern von jetzt auf nachher ihren Hauptplatz in Nordgriechenland verlassen hatten. Er wusste sowieso sehr wenig über diese Zeit damals und nahm sich vor bei Gelegenheit seine Mutter mal danach zu fragen. „Ja...”, hörte er Keith dann antworten. „War ja eigentlich auch gut so! Diese Hierarchie wäre eh nichts für mich gewesen!“, stellteYanko fest und sog tief die frische Meeresluft ein und war sehr froh hier zu stehen. „Für mich auch nicht!”, fügte Keith hinzu und war sich dabei aber gar nicht so sicher, ob es nicht doch genau das gewesen wäre, und er es eigentlich tief in seinem Herzen vermisste so zu leben, wie seine Ahnen es taten, denn in Sheddy lebten sie nur einen kleinen Bruchteil davon.
    „Warst du eigentlich damals dabei?“, fragte Yanko seinen Bruder plötzlich und wunderte sich, wieso Keith mit „Nein“ geantwortet hatte. Er sagte, dass er wohl in dieser Zeit bei Minervas Schwester gewesen sei, obwohl er keinerlei Erinnerung mehr daran hatte, schließlich war das damals erst kurz vor seinem zweiten Geburtstag gewesen. Doch warum ihre Eltern überhaupt ohne Keith auf Delos gewesen waren, wussten sie auch nicht. Aber es war ihnen jetzt auch egal. Sie freuten sich so sehr hier zu sein, dass sie die Grübelei darüber schnell wieder sein ließen.
    Yanko nahm noch ein paar tiefe Atemzüge, wie wenn er das ganze Meer in sich aufsaugen wollte, als Reserve für die Zeit an Land. Keith schaute ihn liebevoll an und umarmte schließlich seinen Bruder, und Yanko drückte ihn fest an sich.

I n Athen schlenderten sie zunächst gemütlich durch die schmalen Gassen der Plaka und saßen abends in einem der kleinen Straßenlokale. Die griechische Musik tanzte durch die engen Gassen und vermischte sich mit dem lauen Abendwind. Unabgesprochen hatten sie sich entschieden die restlichen Tage in Athen zu verbringen und nicht mehr in den Norden zu fahren. Sie hatten in den vergangenen zwei Wochen genug erlebt, und irgendwann würden sie bestimmt wiedermal hierher kommen.
    „Cowboy...”, begann Keith. „Die zwei Wochen mit dir waren einfach genial! Das war eine wunderbare Zeit! Vielen Dank, lieber Bruder!” Yanko schaute ihn erstaunt an. „Hey, ich danke dir, dass du mich mitgenommen hast!! Wie geht’s dir jetzt?“, fragte er ihn und pickte eine Olive aus dem Schälchen. „Ganz gut! Ich habe noch keine Entschlüsse gefasst, aber ich nehme sehr viel mit, und dann wird es sich zeigen. Etwas in mir ist zur Ruhe gekommen. Ich fühle mich viel vollständiger. Es fühlt sich toll an, und es ist gut für mein Bewusstsein nochmal an so vielen Orten von Früher gewesen zu sein, an denen wir unsere Kindheit verbracht hatten. Tut gut seine Wurzeln abzuholen!” Keith lehnte sich zurück und fühlte sich wirklich wohl. „Bin gespannt, was dabei herauskommt!... Ich fand es schön, dass wir uns so nah waren!... Ich habe gelernt, dass ich mich nicht anstrengen brauche, damit du mich magst... So verschieden sind wir gar nicht!”, sagte Yanko und meinte es auch so. „Ich mag dich nicht, ich liebe dich! Mann, du bist mein Bruder, und du bist so toll! In allem was du tust, sei es

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