YANKO - Die Geschichte eines Roma
noch?“, fragte Keith direkt, obwohl er die Antwort schon wusste. „Ja... aber ich liebe Janina auch!”
Keith winkte den Ober heran und gab ihm seine Kreditkarte. „Wir sollten woanders hingehen!”, erklärte er den plötzlichen Aufbruch. Yanko nickte und trank sein Glas aus.
Der Ober kam zurück, und Keith unterschrieb die Quittung, dann verließen sie das Lokal.
Mittlerweile war es dunkel geworden, und die Akropolis strahlte in hellem Licht über die Stadt.
Sie gingen ein Stückchen den Berg hinauf und setzten sich dort auf eine Bank, von der aus man einen wunderschönen Blick auf das beleuchtete Athen hatte. Keith holte zwei Zigaretten heraus, zündete sie an und gab seinem Bruder eine davon. „Hast du nicht was anderes?”, fragte Yanko unwirsch und zog fahrig an der Zigarette. „Hey, ich bin keine siebzehn mehr! So, und jetzt erzählst du mir genau, warum ihr euch getrennt habt! Was ist passiert?“
Yanko zog ein paar Mal an der Zigarette und überlegte, ob überhaupt und wenn ja, was er dann erzählen sollte. Gedankenverloren hielt er sich seinen rechten Oberarm.
„Ich war ja noch mit Jenny zusammen, als das mit Ron angefangen hat“, begann er schließlich, und auf einmal flossen die Worte nur so aus ihm heraus, dass er sich selbst darüber wunderte, denn diesmal hatte er kein Opium vorher geraucht. „Ok, dann habe ich mich von ihr getrennt, aber das hätte ich wahrscheinlich sowieso getan. Wir haben einfach nicht zusammen gepasst! Dann kam der ganze Stress, als die Leute so langsam erfahren hatten, dass wir zusammen waren. Ron istaus der Army geflogen, Marianna hat sich von ihm getrennt, der Brand in meinem Stall, das Neujahrsfest mit Leroy und seinen Kumpels, dann die Männer, die mich im Stall zusammengeschlagen haben und meine Hand so verletzt haben, dass es oft noch weh tut. Dann ist Ron weg, weil er Angst um mich hatte. Wenig später hatte er einen Zusammenbruch, dann sind wir in das Sommerhaus von Tyron gezogen. Das war eine gute Zeit dort, da war Ruhe und wir waren uns sehr nah. Dann kam der Urlaub in Santa Lucia und Mala... Ich konnte ihr einfach nicht widerstehen. Ich bin halt nicht schwul... nicht nur jedenfalls... Ich war wirklich in sie verliebt...“
Es strengte ihn an, das alles zu erzählen, und die geballten Erinnerungen setzten ihm ziemlich zu. Aber er fuhr dennoch beherzt fort: „Sie hat uns einmal im Sommerhaus besucht. Das war schon zu viel für ihn... Daraufhin ist er ausgezogen. Ich habe Mala damals öfter getroffen, und es war wirklich toll, aber ich war hin und her gerissen. Letztendlich habe ich mich für Ron entschieden... Ich habe es bei Mala nicht mehr ausgehalten... Sie war Fam zu ähnlich... Naja, dann habe ich Janina kennengelernt, und nach einer Weile waren wir zusammen. Das war das erste Mal, dass ich es Ron nicht gleich erzählt habe. Aber irgendwann habe ich es ihm dann eben doch erzählt... Als ich dann nach einem Auftritt zu ihm kam, stand er da... total voll... mit einer Knarre in der Hand...“
„Was??? Ron??? Großer Gott!!!”, fuhr Keith dazwischen, und sein Herz klopfte bis zum Hals.
„Ja, ich stand wie erstarrt im Türrahmen... Es war dunkel... Ich habe nur seine Umrisse gesehen und dachte erst, es sei ein Scherz. Aber es war keiner. Die Knarre war echt und geladen. Er hat mich angebrüllt und war total außer sich. Er hat immer nur geschrien, ich solle ihm ja nicht zu nahe kommen. Ich wusste nicht, was ich tun sollte... Ich habe versucht ihn zuberuhigen und habe auf ihn eingeredet und eingeredet, aber irgendwie hat er mich nicht gehört, oder wollte nicht... Keine Ahnung! Dann habe ich das Licht angemacht, und da hat er abgedrückt...“
„Was hat er??? Er hat auf dich geschossen???”, rief Keith total entsetzt und starrte Yanko ungläubig an. Yanko nickte nur und zeigte ihm die Narbe an seinem rechten Oberarm.
Keith konnte es nicht fassen. „Mein Gott!!! Ich kann das gar nicht glauben!!! Yanko!!! Was ist da bloß in ihn gefahren?“, fragte Keith fassungslos und sah sich die Narbe näher an. „Es war halt einfach zu viel.” „Und dann?” „Naja, Ron war dann auch schlagartig wieder klar im Kopf. Ich bin auf ihn los und hab’ ihm eine verpasst, hab’ ihm die Pistole abgenommen und das Magazin in die Ecke gepfeffert. Dann ist mir schlecht geworden. Naja usw. Ron hat dann eine Therapie angefangen. Ich war danach noch öfter bei ihm, und wir haben darüber geredet. Er hat sich tausendmal entschuldigt und konnte es sich nur damit
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