YANKO - Die Geschichte eines Roma
Schulter und bemerkte dabei, dass seine Hand leicht schmerzte, und während er das angetrocknete Blut mit einem Büschel Stroh abrieb, sagte er: „Komm, lass uns einen Kaffee kochen!“ Sie gingen den kleinen Abhang hinauf und stellten ihre Schuhe neben der Haustür ab, bevor sie hineingingen. Keith schickte Yanko unter die Dusche und kochte Kaffee. Dabei ließ er seinen Blick in der Blockhütte umherschweifen.
Er war gerne hier draußen. An diesem Ort fühlte er sich irgendwie frei und leicht. Aber heute war hier etwas nicht in Ordnung, und er machte sich wirklich Sorgen, denn er kannte seinen Bruder und diese mürrische Art von ihm auf Fragen zu reagieren nur zu gut. Yanko machte es einem wirklich nicht leicht, und Keith war sich sicher, dass er ihm helfen könnte, wenn er ihn nur mal an sich heranlassen würde.
Yanko kam pudelnass aus dem Bad, und Keith wunderte sich, wie Yanko die Jeans so mühelos über seine Beine streifen konnte, ohne sich vorher abgetrocknet zu haben. Offensichtlich hatte er Übung darin. Er schmunzelte leicht und schüttelte dabei den Kopf. Keith liebte seinen kleinen Bruder einfach, auch wenn er ihn manchmal nicht verstand. Seine schimmernden blau-grünen Augen erinnerten ihn immer an Hadley, ihren Vater, und auch Yanko hatte diese vereinzelten, braunen Punkte in den Augen, die ihn immer an Schmetterlingsflügel denken ließen. Yankos Augen konnten einem wirklich bis tief in die Seele schauen, und umgekehrt waren sie das einzige, was sein Bruder nicht beeinflussen konnte. In seinen Augen konnte man immer sehen, wie es ihm ging. Yanko war wirklich ein gut aussehender Mann, und es war kein Wunder, dass sich die Frauen der Reihe nach in ihn verliebten. Nur machte er es sich selbst immer so schwer.Warum nur? Keith mochte ihm so gerne helfen, er war ja schließlich sein älterer Bruder, und seitdem ihr Vater gestorben war, fühlte er sich noch mehr für ihn verantwortlich. Doch Yanko war auf seine Weise immer irgendwie wild geblieben, und er ließ sich nicht zähmen, wenn er keine Lust dazu hatte. Oder wollte er eventuell doch und konnte nur nicht?
Yanko schnappte sich das Hemd, das gerade über der Sessellehne hing und zog es über, ließ es aber offen, denn die Hitze von draußen machte sich schon im Haus bemerkbar. Keith gab Yanko eine Tasse mit Kaffee in die Hand, und dann setzten sich sie hinaus auf die Veranda. Yanko schlürfte seinen Kaffee. „Ich hab’s dir gestern schon gesagt! Ich kann es dir nicht sagen!“, stellte Yanko gleich klar und hoffte, dass Keith jetzt Ruhe geben würde, aber der hatte offensichtlich etwas anderes vor und beobachtete Yanko prüfend aus den Augenwinkeln. „Willst du wieder alles in dich hineinfressen?“, fragte er ihn dann, und Yanko klang müde, als er ihm antwortete: „Nein... aber es geht jetzt nicht.“ Keith hatte plötzlich eine Idee. „Wenn ich es errate, sagst du mir dann wenn es stimmt?“ Yanko lächelte nur leicht, sagte aber nichts dazu. Keith wollte es unbedingt wissen, und Yanko hätte es ihm eigentlich auch gerne erzählt. Diesmal hätte er wirklich gerne geredet, denn er hatte das Gefühl langsam aber sicher daran zu ersticken. Doch er durfte es einfach niemandem erzählen.
Keith stützte seinen Kopf in eine Hand und überlegte kurz. „Jenny geht nach L.A., und du bist deswegen traurig.“ Yanko musste unwillkürlich über seinen Bruder schmunzeln, er konnte einem manchmal wirklich auf die Nerven gehen, und dennoch fand er seine Hartnäckigkeit auch liebenswert. „Nein... Sie will nicht, aber sie sollte es tun... meiner Meinung nach.“ „Alkohol?“ Yanko blickte nachdenklich über den Seeund wünschte sich, das alles mit Fam wäre nicht passiert, und sie würde im nächsten Augenblick aus dem Haus herauskommen und ihn umarmen. „Nein, da ist alles gut... Keith, hör auf! Lass es... bitte!“ „Kann ich dir irgendwie helfen?“ Yanko sagte darauf nur abwehrend: „Nein danke! Ich schaff’ das schon!“ und lächelte Keith etwas unglaubwürdig an. „Liebeskummer?“ Yanko schüttelte langsam den Kopf, und dann knallte er plötzlich, wie aus heiterem Himmel seine Tasse mit einer solchen Wucht auf den Tisch, dass der Kaffee überschwappte. Er stand auf und schrie seinen Bruder wütend an: „Verdammt nochmal, wenn du es unbedingt wissen willst... Ich habe mich in einen Mann verliebt, und wir schlafen miteinander...“ Yanko lehnte sich auf das Geländer, und Keith schaute ihn dabei ungläubig und verdutzt an. Er hatte ja schon
Weitere Kostenlose Bücher