YANKO - Die Geschichte eines Roma
schon am frühen Mittag. Yanko mähte Heu, und der Schweiß lief ihm in Strömen herunter, so heiß war es. Plötzlich stellte er den Traktor ab.
Er hielt es nicht mehr aus. Er musste sofort etwas tun. Das hatte Jenny nicht verdient. Sie konnte nichts dafür. Immer hatte sie ihm versucht zu helfen, nur er allein war es gewesen, der unfähig war ihre Liebe voll anzunehmen. Sie war die erste Frau, mit der er mehr oder weniger wirklich zusammen war, nachdem Fam gestorben war. Sie konnte wirklich nichts dafür, und er hatte sie schon viel zu lange belogen. Die Wahrheit war längst überfällig geworden. Doch würde er ihr alles sagen können?
Yanko zweifelte, wählte aber dann doch kurz entschlossen ihre Nummer. „Jenny... Yanko hier... Können wir uns treffen... Irgendwo draußen? Ich möchte mit dir reden... bitte!“ Jenny freute sich, dass Yanko sich gemeldet hatte und war sofort bereit sich mit ihm zu treffen. „Ja klar, wann und wo?“ „Im Park hinter dem Rathaus in einer Stunde?“ Jenny willigte ein und wurde plötzlich nervös. Was wollte er auf einmal so dringend?
Die Sonne schien immer noch heiß vom Himmel, doch unter dem großen schattigen Ahorn ließ es sich einigermaßen aushalten.
Sie setzten sich auf eine Bank, und Yanko musste ein paar Mal tief Luft holen, und er fühlte sich alles andere als wohl in seiner Haut, als er schließlich begann: „Jenny... Ich... Es tut mir leid, dass ich so verschlossen bin... Ich hab’ viel über uns in letzter Zeit nachgedacht, und ich merke... dass ich... dass ich mich... von dir trennen muss... Ich entferne mich immer mehr von dir, und das ist nicht fair... Es tut mir leid, wenn ich dich damit verletze. Es fällt mir auch nicht leicht, weil... Ich fand’ssehr schön mit dir!“ Jenny musste kräftig schlucken, als sie das hörte und fing trotz der Hitze an zu frieren. „Ich habe mir schon so etwas gedacht, seit du öfter so komisch warst, wenn wir Liebe gemacht haben, und überhaupt... Du bist nicht mehr so zärtlich zu mir... Liebst du eine andere Frau?“ Yanko antwortete zögernd: „Nein...“ Und mehr kam einfach nicht über seine Lippen. Die Worte versiegten wie Treibsand.
Jenny sah Yanko durch einen Tränenschleier hindurch an. Wie sollte sie auch verstehen, was ihn tatsächlich zu diesem Schritt gebracht hatte. „Warum dann?“ Yanko seufzte. Er musste sich jetzt auf die Kraft ihres ständig präsenten Problems während ihrer Liebschaft verlassen und sagte deshalb: „Du musst deinen Weg gehen und ich meinen! Du hast ein tolles Angebot in L.A., und ich will hier nicht weg. Kannst du jetzt sehen warum?“ „Ja... So ist es wohl... Es tut weh!“, sagte sie, als wollte sie sich selbst davon überzeugen, dass das wirklich der ausschlaggebende Grund war. Nachvollziehen konnte sie es aber eigentlich überhaupt nicht, denn deswegen musste man sich in ihren Augen doch nicht gleich trennen.
Yanko legte seinen Arm um sie und kämpfte selbst mit den Tränen. Doch er schluckte sie verbissen hinunter. Das Ganze fiel ihm überhaupt nicht leicht, und er spürte wie anstrengend es war mit nur einem winzigen Teil der Wahrheit zu versuchen dem ganzen Spektrum der Angelegenheit Raum zu geben. „Du hast immer einen Platz in meinem Herzen, aber ich kann einfach nicht mehr! Tut mir leid!“ Jenny murmelte: „Ich muss das jetzt erst einmal verdauen...“ Sie standen auf und schauten sich lange an. Schließlich umarmten sie sich kurz zum Abschied.
Und dann trennten sich ihre Wege.
E r trank Bier und war ruhelos und abwesend.
Die Familie saß am großen, ovalen Esstisch im Wohnzimmer beim Mittagessen, als Mariannas Frage sich plötzlich wie ein Pfeil in sein Herz bohrte, und er sich ertappt fühlte wie ein kleines Kind, dass etwas Schlimmes angestellt hatte. „Wie geht’s eigentlich Yanko? Ich habe ihn schon lange nicht mehr gesehen! Er kommt gar nicht mehr vorbei!“ „Ganz gut... glaube ich.“, stotterte Ron so normal wie möglich. Doch was war hier noch normal? War er denn noch normal? Was ist normal? Ist es normal beim Mittagessen schon das dritte Bier zu trinken? Er schüttete es in sich hinein, damit er überhaupt einigermaßen normal sein konnte. War er es überhaupt jemals gewesen? Was ist eigentlich meine Wahrheit, überlegte er plötzlich und fand sich augenblicklich in Yankos Bett wieder. Marianna legte ihre Gabel zur Seite und schaute ihren Mann nachdenklich und bekümmert an.
Ihr war seine Veränderung im letzten Jahr natürlich nicht entgangen.
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