YANKO - Die Geschichte eines Roma
Sie hatte bis jetzt aber nicht herausfinden können, was mit ihm los war, und warum er sich so verändert hatte. „Warum bist du eigentlich so kurz angebunden?“, versuchte sie es erneut. Ron rieb sich verlegen das Gesicht. „Bin müde.“, antwortete er knapp. Marianna kamen die in den letzten Monaten unzähligen erfolglosen Versuche ihn im Bett in Stimmung zu bringen in den Sinn. Sie konnte einfach nicht verstehen, was mit ihm passiert war, denn früher war er es gewesen, der seine Finger nicht von ihr hatte lassen können. Sie machte sich wirklich ernsthafte Sorgen. „Du bist seit Monaten müde, vielleicht solltest du mal zu einem Arzt gehen!?“, schlug sie daraufhin vor. „Nein... Es ist alles ok!“, murmelte Ron und trank einen Schluck Bier. Auf einmal riss Marianna der Geduldsfaden. Sie blickte kurz zu ihren Kindern und schickte sie hinaus. Die Kinder standen erleichtert aufund verließen wortlos das Zimmer. „Es ist gar nichts ok!“, rief sie aufbrausend. „Seit Wochen hängst du herum, bist andauernd betrunken, sagst keinen Ton, gibst mir keine gescheiten Antworten, wenn ich dich was frage, und im Bett läuft auch nichts mehr! Was ist nur mit dir?... Hast du eine andere?“ Ron war es zu seiner eigenen Verwunderung völlig gleichgültig, dass seine Frau wütend war, obwohl er es natürlich gut verstehen konnte, und doch fühlte er sich unfähig etwas über ihn und Yanko zu erzählen. Müde antwortete er: „Nein, hab’ ich nicht! Ich bin einfach überarbeitet.“ Und er war froh, dass dieser Satz nur zur Hälfte eine Lüge war. Marianna beruhigte sich wieder etwas. „Dann ruh dich doch mal aus und nimm dir ein paar Tage frei!“
Und wie aus heiterem Himmel war Ron plötzlich komplett entnervt: „Das ist es nicht, ich...“, rutschte es ihm heraus, und er hätte sich am liebsten daraufhin sofort auf die Zunge gebissen. Er sollte sich nicht so provozieren lassen, aber seine Nerven lagen einfach blank. Marianna fuhr ihm dazwischen und diesmal war sie richtig wütend. „Was ist es dann? Eben sagst du, dass du überarbeitest bist, und jetzt ist es das doch nicht. Soll ich das verstehen? Du hast dich total verändert, ich erkenne dich überhaupt nicht wieder!... Ich halte das so nicht mehr aus!!!... Ich werde mit den Kindern zu meiner Schwester nach Newly gehen!“ Ron stand einfach auf, ging hinaus und ließ Marianna allein im Wohnzimmer stehen. „Es tut mir leid!“, war das Einzige, was er noch herausbrachte.
Zwei Stunden später sah Ron seiner davonfahrenden Familie hinterher. Er wunderte sich, aber irgendwie war er erleichtert. Etwas passierte. Auch die Angst, die er dabei spürte, durchfuhr ihn fast wie eine stärkende Medizin.
Nachmittags rief er dann Yanko an, der gerade in Newly auf der Rennbahn war, und sie verabredeten sich für später am YELLOW HOUSE.
E s war schon dunkel, als Yanko draußen vor dem Pub auf Ron wartete. Er freute sich so sehr auf ihn, dass er stark daran zweifelte schon Ende dreißig zu sein.
Yanko ging ihm ungeduldig entgegen, als er ihn erblickte, und dann umarmten sie sich kurz zur Begrüßung. Viel zu kurz. Ron fand als erster seine Sprache wieder. „Oh Mann, du hast mir so gefehlt! Ich bin fast verrückt geworden! Mann, drei Wochen!“ Und es fiel beiden sehr schwer ihre Finger voneinander zu lassen. Sie gingen in den gegenüberliegenden Park und setzten sich dort auf eine Bank.
„Was ist denn passiert?“, wollte Yanko gleich wissen, obwohl er ihn am liebsten zuerst geküsst hätte. „Marianna ist mit den Kids ausgezogen.“, sagte Ron und atmete tief durch. „Sie weiß es!?“ „Nein, aber sie versteht natürlich nicht, warum ich mich so verändert habe.“ „Und wie geht’s dir damit?“ „Keine Ahnung... Ich habe Angst!“ Yanko fuhr Ron einmal kurz tröstend über den Kopf. „Hej... Kopf hoch, wir schaffen das schon!“, sprach Yanko Ron Mut zu und wusste selbst nicht woher er den nahm, doch in seinem Herzen spürte er ein klein wenig davon. Irgendeinen Weg musste es doch geben. Sie saßen schweigend auf der Bank, rauchten und starrten lange grübelnd vor sich hin.
Plötzlich kam Wind auf, und es fing an zu regnen.
„Ron... Keith weiß Bescheid... Ich... Es tut mir leid, es musste einfach raus...“ Ihre Blicke trafen sich. Ron nickte langsam und legte Yanko seine Hand auf die Schulter. „Nein, mir tut’s leid, weil ich so viel Angst habe.“
Dann fing es plötzlich an wie aus Kübeln zu schütten. Schnell sprangen sie auf und rannten quer
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