Yeager
Fitch hier unten keinen mehr hat, der ihm gehört, wird er jemand anders finden, den er einschüchtern oder kaufen kann. Oder nicht?«
Sie sagten nichts, sie dachten nach. Williams bekam ihren Keks und ihren Tee, und jetzt waren sie an der Reihe, zur Bank hinüberzugehen, ein paar Bissen zu essen und sich alles zusammenzureimen.
»Er stört die Arbeit der Technik«, sagte Musa. »Er läßt Leute während ihrer Schicht zu sich kommen, bringt Bernies Anordnungen durcheinander, versetzt Leute zu ihm, ohne ihn zu fragen – und das sind lauter Verrückte, viel Hitze und kein Ventil.«
»Wir müssen nett zu ihnen sein.« Bet spülte einen Bissen von ihrem Frühstück hinunter, und der heiße Tee brannte auf ihrer Lippe. Sie stieß NG mit dem Ellbogen an. »Wir müssen ganz besonders nett zu ihnen sein. Selbst wenn sie eklig zu uns werden – sie sind mit Recht verärgert, und wir sollten es ihnen so leicht machen, wie wir können.«
»Sie mögen verärgert gekommen sein«, meinte Musa, »aber es sind keine Schwachköpfe in diesem Haufen. Sie haben Kontakt zu ihren alten Haupttag-Kollegen. Ich werde einmal mit Freeman reden.«
NG nickte, ruhiger jetzt. Er hatte seinen Keks in die Tasche gesteckt, trank nur seinen Tee – nervöser Magen, dachte Bet, kein Appetit, aber er folgte allem, darauf verließ sie sich. Und sie verließ sich auf ihn, ungeachtet der Tatsache, daß seine Hände zitterten.
»Noch ganz schnell zwei Fragen«, sagte Bet. »Wo ist Orsini heute morgen, und wo war der Kapitän letzte Nacht?«
»Gute Fragen«, stellte Musa fest, nachdem er Atem geholt hatte.
»Was, zum Teufel, tut Wolfe auf diesem Schiff? Ist Fitch der Chef von allem?«
Eine gefährliche Frage, möglicherweise eine meuterische Frage. Und Bet dachte an das Risiko, daß sie über ihren kleinen Kreis von drei Personen hinausgelangte.
Musa sagte so leise wie möglich: »Er ist nicht gerade ein Aktivist.«
»Scheiße!« flüsterte Bet. Sie war angewidert und gereizt und, Gott! wie sie die
Afrika
vermißte! Porey mochte ein Schweinehund und ein Bastard sein, aber man zweifelte niemals daran, daß jemand da oben den Befehl führte.
Es war furchterregend, zu wissen, was im Kommando der
Loki
vor sich ging, und sie versuchte, es auf einen Nenner mit dem schmächtigen, kühlen Mann zu bringen, den sie ein einzigesmal in dem Büro unten gesehen hatte.
Kein dummer Mann. Kein Mann, der in seiner Kabine hocken würde. Kein Mann, der Skrupel hätte, einen kaltblütig niederzuschießen.
Ein verdammt guter Kapitän, zumindest darin, daß er ein Schiff wie die
Loki
heil durch die Kriegsjahre gebracht hatte.
Aber man wußte nicht, für wie viele Seiten er gearbeitet hatte, man wußte nicht einmal, für welche Seite er jetzt arbeitete.
Ein Spuk-Kapitän und offenbar ein Spukschiff von oben bis unten, und das gefiel ihr gar nicht.
Es war ganz seltsam, nicht die einzigen zu sein, die die Technik-Abteilung betraten. Freeman und Waiden und Battista und die übrigen gingen in der entgegengesetzten Richtung um den Ring, wie sie es für gewöhnlich taten, und übernahmen von Liu und ihrer Crew unter Smith – Liu zeigte finstere Blicke und ein mürrisches, kurz angebundenes Benehmen, und Mr. Smith, der wie an den meisten Morgen mit Bernstein sprach, ein wenig herabgezogene Mundwinkel.
Aber Bernstein sah, daß sie sich eintrugen, und kam sofort herüber, wütend und empört, noch bevor er Bets Verletzungen gesehen hatte. »Verdammt«, sagte er dann.
»Ein kleiner Streit mit einer Wand«, erklärte Bet. »Kann ich mit Ihnen sprechen, Sir? Unter vier Augen?«
»In fünf Minuten.« Bernstein kehrte zu Smith zurück, um mit ihm etwas zu regeln. Musa nahm Freeman und Battista und den Rest der Versetzten mit in die Ecke. Da drüben wurde schnell und erregt gesprochen.
Und NG… NG legte Bet nur die Hand auf die Schulter und drückte sie ganz sacht.
»Laß dir ja nicht einfallen, etwas Dummes zu tun«, warnte Bet. »Hörst du?«
Denn dazu war er fähig, er war fähig, einfach in Fitchs Büro zu marschieren und ihn umzubringen. Bet hatte ungefähr dasselbe vor, wenn es soweit kommen sollte, daß sie vor einem Sprung ohne Beruhigungsmittel in irgendeine Zelle geschoben wurde. Räume das Hauptproblem beiseite, und überlasse das Schiff Orsini. Bei Orsini hatte jeder eine Chance.
Solche Gedanken durfte man sich gern machen, wenn man schon so gut wie tot war. »Hörst du?«
NG nickte, gab ein ersticktes Geräusch wie ein Ja von sich, als sei sein ganzes
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