Yelena und der Mörder von Sitia - Snyder, M: Yelena und der Mörder von Sitia
als wir durch das Tor traten. Lavendelmädchen ist müde. Sollte besser reiten.
Wie hast du mich gefunden?
Bin dem Geruch vom starken Mann und vom Kaninchenmenschen gefolgt.
Sie meinte Ari und Janco. Ich entschuldigte mich bei den Torwächtern für Kikis ungestümen Ausbruch. Ari half mir beim Aufsitzen und reichte mir meinen Rucksack.
„Wir holen dich später ein“, versprach er.
Ehe ich mit Kiki zum Bergfried losritt, bedankte ich mich noch einmal bei meinen Freunden.
„Wofür? Wir haben doch gar nichts getan“, grummelte Janco.
„Weil ihr euch so sehr um mich sorgt, dass ihr sogar meinen Wächtern gefolgt seid. Vielleicht brauche ich eure Hilfe beim nächsten Mal ja wirklich.“
„Wir wollen doch hoffen, dass es kein nächstes Mal gibt“, sagte Ari mit einem strengen Blick.
„Wie rührend“, spottete Janco und tat so, als wischte er sich eine Träne aus dem Auge. „Reite endlich los, Yelena. Ich möchte nicht, dass du mich weinen siehst.“ Er schnüffelte laut.
„Dein Selbstbewusstsein wird schon damit fertig werden“, erwiderte ich. „Oder musst du erst ein paar Schüler besiegen, um dich wieder wie ein ganzer Mann zu fühlen?“
„Sehr komisch“, knurrte er.
Ich winkte ihnen zum Abschied zu und bat Kiki, mich nach Hause zu bringen. Unterwegs stellte ich den Kontakt zu Irys her und erzählte ihr, was passiert war. Sie versprach mir, einige Soldaten loszuschicken, die Goel in den Kerker bringen würden.
Wenn ich es nicht bis in meine Wohnung schaffe, schlafe ich in der Scheune , sagte ich und gähnte. Ich spürte ihr Zögern. Was ist denn?
Deine Eltern sind heute Morgen angekommen.
Oh, nein!
Oh doch! Esau ist gerade bei mir, aber als deine Mutter erfahren hat, dass du verschwunden bist, ist sie auf einen Baum geklettert, und wir konnten sie nicht dazu bringen, wieder hinunterzukommen. Sie ist vollkommen außer sich und hört überhaupt nicht auf uns. Du musst mit ihr sprechen.
Ich seufzte. Ich bin schon unterwegs. Wo ist sie denn?
Perl saß auf einem der riesigen Orangenbäume, die am Rand der Weide standen.
Am Stamm des Baumes blieb Kiki stehen. Ein paar Orangen und einige braune Blätter hingen noch an den Zweigen. Ich entdeckte den grünen Umhang meiner Mutter, die ganz oben in der Krone saß, und versicherte ihr, dass mit mir alles in Ordnung sei. „Du kannst wieder herunterkommen“, sagte ich.
„Yelena! Dem Schicksal sei Dank! Komm zu mir. Hier oben bist du sicher“, antwortete sie.
Mir war klar, dass es nicht einfach wäre, Perl zum Hinunterklettern zu überreden. Also legte ich meinen Umhang ab, nahm den Rucksack von meinen Schultern und warf beides zu Boden. Obwohl ich auf Kiki saß, musste ich mich recken, um den untersten Ast zu erreichen. Die Kletterkunst meiner Mutter war wirklich erstaunlich.
Kiki begann zu grasen, während ich mich von Ast zu Ast hangelte, bis ich bei meiner Mutter war. Ich setzte mich auf einen Ast unter ihr, aber sofort kam sie zu mir herunter und nahm mich in die Arme. Sie schluchzte so sehr, dass sie am ganzen Leib zitterte, und ich musste mich am Baumstamm festhalten, damit wir beide nicht hinunterstürzten.
Erst als sie sich ein wenig beruhigt hatte, schob ich sie sanft von mir. Sie lehnte sich an meine Schulter. Ihr Gesicht war von ihren Tränen und dem Schlamm an meiner Kleidung ganz schmutzig. Ich bot ihr die letzte saubere Stelle meiner Bluse an, aber sie schüttelte den Kopf und zog ein Taschentuch hervor. Ihr dunkelgrüner Umhang verfügte über zahlreiche Taschen. Das Kleidungsstück war so geschickt geschneidert, dass die Ausbuchtungen der Taschen überhaupt nicht auffielen. Als Decke war es zwar nicht zu gebrauchen, aber wenn man sich durch die Baumkronen fortbewegte, hielt es vollkommen warm.
„Ist das einer von Nuttys Entwürfen?“, fragte ich sie, während ich den Stoff durch die Finger gleiten ließ.
„Ja. Da ich seit vierzehn Jahren nicht mehr aus dem Dschungel herausgekommen bin …“, sie warf mir ein wehmütiges Lächeln zu, „… brauchte ich etwas für das kühlere Wetter.“
„Ich bin froh, dass du hier bist“, sagte ich.
Ihr Lächeln erstarb. Ihre Augen blickten erschrocken, und ihr Atem ging schneller. „Dein Vater hat mir etwas Eladin gegeben, damit mich die Reise nicht zu sehr aufregte, und es ging mir auch gut, bis …“ Sie verzog das Gesicht und legte die Hand in den Nacken.
„Schlechter Zeitpunkt“, pflichtete ich ihr bei. „Aber du siehst ja, mir geht es gut.“ Ich streckte den Arm aus.
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