Yelena und die verlorenen Seelen - Snyder, M: Yelena und die verlorenen Seelen
hast dich dagegen gewehrt.“ Noch immer war mir nicht klar, zu welchem Zeitpunkt oder bei welcher Gelegenheit sich Valeks Gefühle für mich geändert hatten. Als er mir seine Liebe im Kerker von Brazell erklärte, war das für mich wie ein Schock gewesen.
„Ich hätte es gerne geschehen lassen. Aber ich wusste nicht, ob dein Begehren von Herzen oder vom Alkohol kam. Vielleicht hättest du es später bereut.“
Als ich mir Valek in seiner Gala-Uniform vorstellte, verspürte ich erneut den Wunsch, ihn zu verführen. Doch im Moment gab es viel zu viel zu besprechen.
„Lassen wir das jetzt. Erzähl mir alles, was passiert ist“, befahl ich.
Er seufzte. „Es wird dir nicht gefallen.“
„So schlimm wird es schon nicht sein, wenn man bedenkt, was ich in den letzten Tagen durchgemacht habe … Wie viele waren es eigentlich? Drei? Ich habe es vergessen.“
„Ich weiß, dass du in gefährlichen Wassern geschwommen bist“, gab er zu. „Aber ich hatte keine Ahnung, dass sie so tief waren.“
„Valek, komm endlich zur Sache!“
Er zögerte. Eine eiserne Faust legte sich um mein Herz. Etwas Entsetzliches war geschehen. Ich hatte ihn noch nie so nervös erlebt. Er stand auf und begann, im Zimmer auf und ab zu laufen. Dabei bewegte er sich elegant und vollkommen geräuschlos.
„Vor fünf Tagen bist du entführt worden …“
„Fünf Tage!“ In dieser Zeit konnte so viel passiert sein. Ich dachte an Irys und Bain. Ob sie noch lebten?
Valek hob die Hand, um meiner Frage zuvorzukommen. „Lass mich ausreden. Star hat dich entführt, und dass sie sich so weit in den Süden schmuggeln konnte … lag an mir.“ Er verstummte, um die Bedeutung seiner Worte einsinken zu lassen.
Verdutzt starrte ich ihn an. „Du bist mir also in den Rücken gefallen?“
„Ja und nein.“
„Das musst du mir schon genauer erklären.“
„Ich wusste, dass Star sich in irgendeiner Weise an dir rächen wollte. Die ganze Zeit hat sie den Kontakt zum Netzwerk im Untergrund aufrechterhalten, und ich habe sie gewähren lassen, denn auf diese Weise erfuhr ich, wer die neuen Mitspieler waren. Deshalb dulden die Gesetze auch einen Schwarzmarkt, auf dem mit illegalen Waren und gefälschten Papieren gehandelt wird. Auf diese Weise ist es mir möglich, das Netzwerk im Auge zu behalten. Nur so kann ich sicher sein, dass die Dinge nicht aus dem Ruder laufen – wie damals, als Star mehrere Attentäter angeheuert hat, um den Handelsvertrag mit Sitia zu boykottieren. Und als …“
„Komm zum Punkt!“
„Star wusste, dass du in Porters Haus sein würdest …“
„Hat Porter mich verraten?“
„Das glaube ich nicht. Lässt du mich jetzt ausreden oder nicht?“ Gereizt stemmte er die Hände in die Hüften.
Mit einer Handbewegung bedeutete ich ihm, fortzufahren.
„Seit ein paar Jahren bin ich über Porters Rettungsaktionen informiert, und ich ließ ihn gewähren. Doch seit einiger Zeit verschwinden seine Zöglinge spurlos, und ich habe mich nach dem Grund gefragt. Deshalb habe ich sein Haus freilich nicht beobachten lassen. Ich bin Star und dreien ihrer Leute dorthin gefolgt und war entsetzt, als ich gesehen habe, wie arglos du in ihre Falle getappt bist. Hast du sie überhaupt nicht bemerkt?“
„Sie hat einen ziemlich raffinierten Zauber benutzt.“
„Stimmt. Selbst ich habe sie nicht gespürt, obwohl ich ziemlich lange mit ihr zusammengearbeitet habe.“
Meine Gedanken wanderten zurück zu jener Nacht, in der ich entführt worden war. Das einzig Merkwürdige war gewesen, dass sich meine Wahrnehmung für einen kurzen Moment verändert hatte, ehe sie wieder normal wurde. Vielleicht hatte Star irgendwie mein Sehvermögen beeinflusst. „Du hast auch nicht auf meine Magie reagiert. Dabei ist sie in der Burg sogar ein paarmal außer Kontrolle geraten.“
„Das werde ich mir merken“, entgegnete Valek kühl. „Stars Beweggründe, dich in einen Hinterhalt zu locken, habe ich verstanden. Die Überraschung kam, als sie und ihre Freunde auch die Mädchen ins Visier nahmen. Ich musste herausfinden, wohin sie euch brachten.“
Ich dachte über seine Erklärung nach. „Du hättest mir in dieser Nacht helfen können, aber hast dich stattdessen dafür entschieden zu warten?“
„Ein kalkuliertes Risiko. Ich wollte herausbekommen, wie weit ihre Aktionen gehen und aus welchem Grund sie die Mädchen entführt hat. Ich hatte doch keine Ahnung, dass man dich über die Grenze in das Land des Möchtegernkönigs verschleppen würde.“
Valek
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