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Yelena und die verlorenen Seelen - Snyder, M: Yelena und die verlorenen Seelen

Yelena und die verlorenen Seelen - Snyder, M: Yelena und die verlorenen Seelen

Titel: Yelena und die verlorenen Seelen - Snyder, M: Yelena und die verlorenen Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria V. Snyder
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gemietet.
    „Wir haben bald kein Geld mehr“, warnte er.
    „Sind die anderen schon hier?“, fragte ich.
    „Ari und Janco sitzen im Speisesaal. Leif und Mondmann sind noch nicht eingetroffen.“
    Das gab mir zu denken. Vor dreizehn Tagen waren wir aufgebrochen, um die Geiseln zu befreien. Zeit genug, um etwas über den Nottunnel des Bergfrieds in Erfahrung zu bringen.
    Ari und Janco saßen in einer Ecke im hinteren Bereich des Aufenthaltsraums und hielten Hof. Sie tranken Bier aus großen Krügen und waren in Gesellschaft von Händlern, die ernste Mienen aufgesetzt hatten und uns misstrauisch beäugten.
    Marrok und ich wählten einen Tisch am entgegengesetzten Ende des Raums. Schließlich löste sich die Gruppe auf, und Ari und Janco kamen zu uns herüber. Ari hatte sein Haar schwarz gefärbt, und beide hatten die Gesichter dunkel geschminkt.
    „Janco, sind das da auf deiner Nase etwa Sommersprossen?“ Ich konnte ein Grinsen nicht unterdrücken.
    „Lach nicht. Das liegt an der Sonne hier im Süden. Wir sind mitten in der kalten Jahreszeit, und der Himmel ist wolkenlos. Bah!“ Er musterte mich. „Obwohl ich lieber Sommersprossen habe als eine Glatze.“
    Ich fuhr mir mit der Hand über die Haarstoppel. „Es wächst schon wieder.“
    „Jetzt reicht es!“, schaltete Ari sich ein, und sofort wurde die Stimmung am Tisch ernst. „Wart ihr erfolgreich?“
    Seine Worte trafen mich wie glühende Dolche. Krampfhaft versuchte ich, mich nicht in das tiefe schwarze Loch hineinziehen zu lassen, als das mir mein nicht enden wollender Kummer erschien. Marrok spürte, wie es um mich stand. Deshalb antwortete er für mich und berichtete von Tauno, über die Rettung und von dem, was Valek zugestoßen war. Der Anblick von Trauer und Entsetzen in den Gesichtern meiner Freunde war für mich kaum auszuhalten. Deshalb entschuldigte ich mich und verließ den Raum.
    Tief sog ich die kühle Nachtluft in meine Lungen, während ich durch die Stadt lief. Nur wenige Menschen waren auf den schmutzigen Straßen unterwegs. Sie trugen Fackeln in der Hand. Ich spürte, wie etwas an meinem Umhang zerrte. Meine Fledermaus war auf meinem Arm gelandet. Sie schaute mich auffordernd an, ehe sie nach links flog. Sofort kehrte sie zurück, drehte ein paar Runden um meinen Kopf und verschwand wieder in die linke Richtung. Ich verstand ihre Absicht und folgte ihr zu einem verfallenen Gebäude.
    Abwartend ließ sich die Fledermaus auf dem Dach nieder. Beklommen öffnete ich die windschiefe Tür. Mein Blick fiel auf ausrangierte Fässer und zerbrochene Wagenräder. Als ich wieder hinausgehen wollte, trat ich auf einen weichen Ball. Ein Kinderspielzeug! Ich hob es auf und betrachtete es genauer. Offenbar wollte meine Fledermaus mir hier drinnen etwas zeigen oder mich etwas finden lassen.
    Ich verbarg meine wachsende Enttäuschung und konzentrierte mich auf meine anderen Sinne. Mit geschlossenen Augen holte ich tief Luft. In dem modrigen Geruch von Verwesung, der über allem lag, erschnupperte ich einen Hauch von Zitronen. Ich folgte der Spur des sauberen, frischen Aromas – keine leichte Aufgabe, weil ich andauernd stolperte und mich an den weggeworfenen Gegenständen stieß –, bis ich in der hintersten Ecke angelangt war. Ich spürte ein Prickeln auf meiner Haut, sodass sich die Haare auf meinen Armen aufrichteten. Instinktiv flüsterte ich „Zeige dich“ und öffnete die Augen.
    Ein grauer Lichtschein wirbelte vor mir auf und nahm die Gestalt eines Jungen an. Er saß auf einem der Fässer.
    Ein Geist. Eine verlorene Seele.
    „Wo ist meine Mutter?“, fragte er mit dünner zaghafter Stimme. „Sie war auch krank. Sie ist fortgegangen und nicht mehr zurückgekommen, als ich nach ihr gerufen habe.“
    Ich trat näher zu dem Jungen. Das Licht, das von ihm ausging, erhellte den Raum ein wenig. Ein rostiges Bettgestell und andere Möbel ließen darauf schließen, dass dieser Teil des Hauses vor langer Zeit als Kinderzimmer genutzt worden war.
    Meine Fledermaus flatterte mit den Flügeln und zog Kreise über dem Kopf des Jungen. Ich scheuchte sie fort und murmelte: „Ja, ja, ich weiß. Ich habe verstanden.“
    Mit einem Schrei, der in meinen Ohren wie Endlich klang, flog sie hinaus.
    Ich stellte dem Jungen Fragen nach seiner Mutter und seiner Familie. Wie ich vermutete, hatten sie hier vor vielen Jahren gewohnt.
    „Ich weiß, wo sie sind“, sagte ich. „Ich kann dich zu ihnen bringen.“
    Der Junge lächelte. Ich streckte meine Hand aus, und er

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