Yelena und die verlorenen Seelen - Snyder, M: Yelena und die verlorenen Seelen
dort sein, und ich würde ihn ganz gewiss finden. Kein Glaube, keine Hoffnung. Sondern Gewissheit.
„Gibt es wirklich keine andere Möglichkeit?“ Leif schaute mich auffordernd an. „Du findest doch sonst immer eine geniale Lösung.“
„Diesmal nicht.“
Niemand erwiderte etwas.
Ich wollte gerade vorschlagen, dass wir alle etwas schlafen sollten, als Leif sich noch einmal zu Wort meldete. „Was ist, wenn wir die Fälscher nicht besiegen können?“
„Dann solltest du einen Menschen an deiner Seite haben, der unempfänglich für Magie ist“, ertönte eine Stimme von der anderen Seite des Wagens.
Verdattert schauten wir uns an. In allen Gesichtern stand die gleiche Frage geschrieben: War das eine Geisterstimme?
„Obwohl ich es besser fände, wenn ihr mich dieses Mal nicht zurücklassen würdet.“ Valek trat hinter dem Wagen hervor. Er schien aus Fleisch und Blut zu sein. Auf seinem hageren Gesicht lag ein Ausdruck, der halb verärgert und halb belustigt schien. Sein kahler Schädel reflektierte das schwache Licht des Mondes. Er trug die braune Tunika und die braunen Hosen der Bloodgood-Sippe.
Ungläubiges Erstaunen wich grenzenloser Überraschung. Ich streckte die Hand aus, um ihn zu berühren. Er zog mich an sich, und um mich herum versank die Welt. In diesem Moment sah ich nur noch Valek, roch ihn, spürte ihn.
Sekunden, Minuten, Tage und Jahreszeiten hätten verstreichen können. Ich hätte es nicht gemerkt, und mir wäre es auch egal gewesen. Ich klammerte mich an ihn, als hinge ich über einem Abgrund. Ich schmiegte mich an seinen Körper, wollte mit ihm verschmelzen und nichts, nicht einmal die Luft, zwischen uns kommen lassen. In meinem Ohr hörte ich das Schlagen seines Herzens. Sein Blut floss durch meine Adern.
Erleichterung und Freude erfüllten mein Herz. Meine Trauer war wie weggeblasen. Bis ich mich an mein Versprechen erinnerte, das ich dem Flammenmenschen gegeben hatte.
Die Verzweiflung überkam mich wie eine gigantische Welle. Nun würde ich noch ein wenig länger auf meine Belohnung warten müssen, die ich dafür bekommen sollte, dass ich den Flammenmenschen in Schach hielt. Trotzdem war das Gefühl, hier und jetzt in Valeks Armen zu liegen, unbeschreiblich schön.
Als mein Entschluss erst einmal feststand, wurde ich ruhiger. Die anderen zogen sich diskret zurück und ließen Valek und mich allein. Unsere Lippen fanden sich. Unsere Seelen wurden eins. Die entsetzliche Leere in meinem Inneren füllte sich allmählich.
Atemlos schob er mich beiseite. „Langsam, Liebes.“ Sein Keuchen steigerte sich zu einem Hustenanfall.
„Wie hast du das Feuer überlebt?“, wollte ich wissen. „Das Dach ist doch eingestürzt, und du warst …“
„Zwei Dinge sind gleichzeitig passiert. Wenigstens glaube ich das.“ Sein Mund verzog sich zu einem ironischen Lächeln. „Ich hatte gerade Gale auf dem Arm, als das Dach einstürzte. Das Gewicht durchschlug den Boden, und wir landeten in einem kleinen Vorratskeller.“ Valek rieb sich die Rippen und schnitt eine Grimasse.
„Du bist verletzt, und ich kann dich nicht heilen.“ Ein hässlicher Riss klaffte an der Seite seines Schädels.
„Nur eine Schramme.“ Vorsichtig fuhr er sich mit der Hand über den Kopf. „Ein Balken hat mich k. o. geschlagen, und vermutlich wäre ich in dem Qualm und in der Hitze erstickt, aber Gale sorgte dafür, dass wir in einer Atemhöhle überlebten. Sie war von der einstürzenden Scheunenwand getroffen worden. Doch sie ist wieder zu sich gekommen und hat ihre Magie eingesetzt. Sie hat eine Hülle um uns herum errichtet und die brennenden Gegenstände von unserer Luftblase ferngehalten.“
„Warum habe ich dich am nächsten Morgen nicht entdeckt? Warum hast du dich nicht bemerkbar gemacht?“
„Das Dach lag über uns wie ein Zelt, und du hättest erst etwas unternehmen können, nachdem das Feuer erloschen war.“ Wieder fuhr er sich mit der Hand über die Rippen. „Ich hatte nicht genug Sauerstoff, um zu schreien, und Gale brauchte ihre ganze Energie, um uns am Leben zu halten.“
„Warum konnte sie das Feuer nicht ausblasen? Oder die Kinder retten?“
„Ihre Macht ist begrenzt. Sie ist eben in erster Linie eine Expertin im Wettertanz.“ Er zeigte zum Wagen hinüber. „Du kannst selbst mit ihr reden. Ich habe sie mitgebracht.“ Als er meine fragende Miene bemerkte, fügte er hinzu: „Wir benötigen jede Hilfe, die wir bekommen können.“
Ich spähte auf die andere Seite des Wagens. Gale hielt
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