Yelena und die verlorenen Seelen - Snyder, M: Yelena und die verlorenen Seelen
Dschungel unterwegs sind?“, fragte ich Mondmann.
Er dachte über meine Frage nach. „Schon möglich. Sie haben einen am Lager zurückgelassen, der sich selbst geopfert hat. Dieser hier sollte zurückkommen. Unsere Spione haben herausgefunden, dass unter den Würmern von Daviian etwa zehn Fälscher sind – beziehungsweise jetzt acht. Zwei sind sehr mächtig, und der Rest besitzt andere, geringere Talente.“
„Der Anführer des Überfalls verfügte über ausreichend Zauberkraft, um ein Leerschild zu erschaffen und aufrechtzuerhalten.“
Mondmann drehte das Fleisch über dem Feuer. „Ein berechtigter und beunruhigender Einwand. Das könnte heißen, dass sie Kirakawa schon einige Zeit lang betreiben.“
„Was ist Kirakawa?“, wollte Leif wissen.
„Ein uraltes Ritual. Es besteht aus mehreren Stufen und Handlungen. Wenn es richtig ausgeübt wird, überträgt es die Lebensenergie eines Menschen auf einen anderen. Alle Lebewesen können sich der Zauberei bedienen, aber die wenigsten sind in der Lage, eine Verbindung zur Kraftquelle herzustellen. Ein Mensch, der Kirakawa ausübt, steigert entweder seine magischen Fähigkeiten oder erlangt die Gabe, in Kontakt mit der Kraftquelle zu treten – und wird auf diese Weise zum Fälscher.
Ihr Anführer hat von Stufen und einem Bindungsritual gesprochen. Vermutlich benutzen sie Kirakawa, um gewissen Mitgliedern magische Fähigkeiten zu verschaffen und den Einfluss bestimmter Fälscher zu vergrößern. Ihr Anführer sähe es gewiss nicht gern, wenn alle Clan-Mitglieder gleich mächtig wären.“
„Inwiefern unterscheidet sich das Kirakawa-Ritual von dem Efe-Ritual, das Ferde angewendet hat?“ Leif rieb sich über die Schnittwinde auf seiner Wange.
„Das Efe-Ritual bindet die Seele eines Menschen an denjenigen, der es ausübt und dessen Macht es vergrößert. Für dieses Ritual wird zwar Blut benötigt, aber dieses Blut ist nicht das Medium, das die Kraft überträgt, sondern das ist die Seele. Und derjenige, der das Ritual ausübt, muss ein Zauberer sein.“
„Das hört sich an, als könne jeder Kirakawa machen, um Macht zu gewinnen“, bemerkte Leif.
„Falls sie die richtige Vorgehensweise kennen. Bei Kirakawa wird die Seele des Opfers im Blut gefangen gehalten. Es ist sehr grausam. Dem Opfer wird der Magen aufgeschnitten, und ihm wird das Herz bei lebendigem Leib herausgerissen. Das Kirakawa-Ritual ist außerdem komplizierter als das Efe-Ritual.“
„Könnte jeder Magier Efe benutzen? Oder nur ein Seelendieb?“, wollte ich wissen.
„Ein Seelenfinder könnte es, aber niemand sonst. Ist dir diese Antwort klar genug, Yelena?“
Ich ging gar nicht auf seine Frage ein. Stattdessen erkundigte ich mich nach Mogkan, Aleas Bruder. In Ixia hatte er mehr als dreißig Leute in seine Gewalt gebracht und zu willenlosen Gefangenen gemacht, denen er die Kraft genommen und damit seine eigene vermehrt hatte. Valek und ich hatten ihn schließlich daran hindern können, die Herrschaft über Ixia zu erlangen. Daher rührte Aleas Wunsch nach Rache.
„Mogkan quälte seine Opfer sowohl körperlich als auch seelisch, bis sie es nicht mehr ertragen konnten, ihre Umgebung bewusst wahrzunehmen. Sie zogen sich in sich selbst zurück und wurden zu willenlosen Hüllen, die er ausbeuten konnte. Ihre Magie blieb in ihren Körpern zurück.“
Ich dachte darüber nach, auf welch vielfältige Weise die Menschen Machtmissbrauch betrieben. „Um noch mal auf Kirakawa zurückzukommen – wenn die Würmer von Daviian es eine Zeit lang ausgeübt haben, könnten sie inzwischen mehr als acht Fälscher haben.“
Mondmann nickte. „Sehr viel mehr.“
Eiskalt lief es mir den Rücken hinunter. Wir waren umzingelt von fanatischen Fälschern. Der Wunsch, zu meinen Freunden und auf das sichere Plateau zurückzukehren, wurde immer dringender.
Wenn die Daviianer jedoch noch mehr Opfer für ihr Ritual finden wollten, würden sie bei der Zaltana-Sippe üppige Beute machen können: Der Clan war sehr zahlreich, und es gab dort eine Menge Magier. Und wenn die Fälscher einen Leerschild benutzten, würde die Sippe durch nichts gewarnt werden. Mein Magen krampfte sich zusammen beim Gedanken an die Verstümmelungen, die sie meiner Mutter und meinem Vater zufügen würden.
7. KAPITEL
W ie kann man sich gegen den Leerschild zur Wehr setzen?“, fragte ich Mondmann, ohne die Panik in meiner Stimme unterdrücken zu können. Es wurde immer dunkler, und ich hatte Angst, dass hinter jedem Baum und Busch des
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