Yelena und die verlorenen Seelen - Snyder, M: Yelena und die verlorenen Seelen
Pfeile aus Marroks Schenkel und Taunos Schulter, sammelte Kraft und übertrug ihre Verletzungen auf mich. Dabei machte ich die interessante Entdeckung, dass das Curare in ihren Körpern meine magischen Fähigkeiten blockierte. Es sah ganz so aus, als könnte ein Mensch unter Drogeneinfluss weder Zauber ausüben noch von ihm beeinflusst werden.
Ich dachte über diese Begleiterscheinungen nach, während ich meinen Rucksack durchwühlte. Ich fand ein paar Klumpen Theobroma, die ich Mondmann gab, damit er sie über dem Feuer schmolz und unseren paralysierten Begleitern einflößte. Aufgrund meiner eigenen Erfahrungen mit Curare wusste ich, dass die Droge weder das Schlucken, Atmen noch Hören beeinträchtigte. Also erzählte ich ihnen, was ich zu tun beabsichtigte.
Die letzten Reste meiner Energie waren aufgebraucht, nachdem ich meine eigenen Wunden geheilt hatte. Ich rollte mich auf der Erde zusammen wie ein Ball und schlief sofort ein.
Als ich aufwachte, sah ich in einen wässrig blauen Himmel. Mondmann saß im Schneidersitz neben einem Feuer und briet ein köstlich duftendes Stück Fleisch. Mein Magen knurrte vor Vorfreude.
Ich sah nach den anderen. Marrok, Leif und Tauno schliefen noch. Leifs Wunde war bereits vernarbt, aber ich musste noch Marroks und Taunos Verletzungen heilen. Mondmann hatte die Arme und Beine des Gefangenen aus Daviian mit Lianen aus dem Dschungel gefesselt, obwohl der Wurm bewusstlos war.
Mondmann winkte mich zu sich hinüber. „Iss erst, bevor du sie heilst.“ Er reichte mir ein Stück Fleisch, das er auf einen Stock gespießt hatte. Ehe ich den ersten Bissen nahm, schnupperte ich daran, aber er warnte mich: „Analysiere es nicht. Es ist heiß und sättigend. Mehr brauchst du nicht zu wissen.“
„Wieso, bitte schön, entscheidest du, was ich wissen muss? Warum kannst du mir meine Frage nicht einfach beantworten?“ Mein Missmut lag nicht allein an dem geheimnisvollen Stück Fleisch.
„Weil das zu einfach wäre.“
„Und was wäre daran so schlimm? Ich könnte es verstehen, wenn die größte Sorge in meinem Leben Bains nächste Prüfung in Geschichte wäre, aber hier stehen Menschenleben auf dem Spiel. Ferde könnte eine weitere Seele stehlen, und ich habe vielleicht die Macht, ihn daran zu hindern.“
„Was willst du eigentlich? Soll ich dir sagen, tu dies und tu das, und dann hoppla …“, Mondmann fuhr mit der Hand durch die Luft, „… stellt sich der Erfolg umgehend ein?“
„Ja. Genau das will ich. Erzähl mir, wie’s geht.“
Mondmanns Miene wurde nachdenklich. „Als du die Ausbildung zur Vorkosterin des Commanders gemacht hast, hättest du da gewusst, wie das Gift ‘My Love’ schmeckt, wenn Valek es dir genau beschrieben hätte?“
„Ja.“ Der Geschmack nach sauren Äpfeln war unverwechselbar.
„Würdest du auf dieses Wissen dein Leben verwetten? Oder das anderer?“
Ich öffnete den Mund, um zu antworten, hielt jedoch inne. Inzwischen konnte ich mich nicht mehr an die Gifte erinnern, die ich nicht geschmeckt oder gerochen hatte. Aber die Säure von My Love würde ich niemals vergessen, ebenso wenig wie den Geschmack fauliger Orangen von Butterfly Dust oder die extreme Bitterkeit von White Fright.
„Ich rede von Magie. Speisen auf Gift zu verkosten ist etwas anderes.“
„Wirklich?“
Aufgebracht schlug ich mit der Faust auf die Erde. „Müssen Geschichtenweber eigentlich einen Vertrag unterschreiben oder einen Bluteid schwören, kompliziert und dickköpfig und absolute Nervensägen zu sein?“
Ein amüsiertes Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus. „Nein. Jeder Geschichtenweber entscheidet selbst, wie er seine Schützlinge führt. Denk mal darüber nach, Yelena. Du kannst nicht gut Befehle entgegennehmen. Jetzt iss dein Fleisch, bevor es kalt wird.“
Am liebsten hätte ich das Fleisch ins Feuer geschleudert und dem unerträglich selbstgefälligen Geschichtenweber einen Beweis meiner Unfähigkeit, Befehle zu akzeptieren, geliefert. Stattdessen biss ich ein großes Stück ab.
Das ölige und gepfefferte Fleisch schmeckte wie Ente. Mondmann versorgte mich mit zwei weiteren Portionen, ehe er mich zu den schlafenden Männern zurückkehren und sie heilen ließ. Müde schlummerte ich am Feuer ein.
Als alle aufgewacht waren und sich rund um das Feuer versammelt hatten, diskutierten wir über unseren nächsten Schritt.
„Glaubst du, dass sie weitere Angriffe aus dem Hinterhalt planen oder noch mehr Fälscher auf uns jagen, wenn wir im
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