Yelena und die verlorenen Seelen - Snyder, M: Yelena und die verlorenen Seelen
Irys.
Ja. Das sind wirklich schreckliche Nachrichten, und sie haben noch Cahils Behauptung bestätigt, was die Bedrohung durch die Daviianer angeht. Der Rat lässt die Armee von Sitia für den Krieg vorbereiten .
Ich brauchte die Frage nicht zu stellen. Irys las sie in meinen Augen.
Krieg gegen die Daviianer und gegen Ixia .
So viel zu meiner Tätigkeit als Vermittlerin. Ich hatte gehofft, eine Auseinandersetzung zwischen Sitia und Ixia verhindern zu können. Es musste aber noch mehr hinter den Plänen der Würmer von Daviian stecken. Ich wusste, dass der Commander niemals gemeinsame Sache mit ihnen machen würde. Sie praktizierten Blutmagie, und er würde ihnen auf keinen Fall den Einsatz von Zauberei erlauben. Außerdem konnte er Sitia ohne die Unterstützung der Würmer angreifen. Freilich hatte ich auch dafür keine Beweise.
Mondmann und Tauno gesellten sich zu uns.
„Es gibt etwa ein Dutzend Überlebende bei den Sandseeds“, erzählte Mondmann. „Sie haben sich in die Zitadelle geflüchtet und werden einstweilen hierbleiben. Außer mir hat nur ein Geschichtenweber überlebt. Das ist Gede. Wir müssen uns unbedingt mit ihm über den Flammenmenschen unterhalten.“
„Wer …“, begann Irys.
Mondmann redete einfach weiter. „Du hast doch erzählt, dass Master Bloodgood einige Bücher über die Efe hat?“
„Richtig“, bestätigte ich.
„Wir sollten sie uns mal ansehen. Gede und ich kommen morgen früh zum Bergfried.“ Damit drehte Mondmann sich um und ließ uns stehen.
Mit einem unbehaglichen Gefühl sah ich ihm nach. Sein Verhalten mir gegenüber war vollkommen anders geworden, seit er versucht hatte, mich in die Schattenwelt hineinzuziehen. Er benahm sich, als habe er mich aufgegeben.
„Das war ziemlich abrupt“, wunderte Irys sich.
„Er hat eine Menge durchgemacht.“
„Genau wie du. Erzähle mir von diesem Flammenmenschen. Leif hat nur Andeutungen gemacht.“
Wir verließen die Versammlungshalle. Auf dem Weg zum Bergfried berichtete ich ihr über all unsere Abenteuer.
Am nächsten Morgen versammelten wir uns in Bain Bloodgoods Studierzimmer. Es nahm den gesamten ersten Stock seines Turms ein. Alle Wände waren von Bücherregalen zugestellt. Sie waren um die schmalen Fenster herum gebaut, und jedes Brett quoll über von Büchern und Schriftstücken. Ein Schreibtisch, einige Holzstühle und ein abgewetzter Sessel, der genauso alt aussah wie Bain, beherrschten die Mitte des Raums. Der scharfe Geruch von Tinte lag in der Luft. Der Schreibtisch war voller Tintenflecken – genau wie Bains Finger. Zwischen den Bücherstapeln auf dem Boden gab es nur einen schmalen Weg von der Tür bis zum Schreibtisch.
Die angespannte Atmosphäre im Raum lastete schwer auf meinen Schultern. Mondmann hatte seinen mächtigen Körper in einen der Stühle gezwängt. Er sah unbehaglich drein und warf sehnsüchtige Blicke nach draußen. Ich teilte seine Beklommenheit. Sogar auf mich wirkte das Zimmer überfüllt und beengend. Bain saß hinter seinem Schreibtisch, und Dax Greenblade stand neben ihm. Dax war Bains Lehrling, und er verfügte über das einzigartige Talent, archaische Sprachen entziffern zu können. Er hatte maßgeblichen Anteil daran gehabt, Ferde zu finden und Gelsi zu retten.
Irys musterte den anderen Geschichtenweber der Sandseeds mit unverhohlenem Widerwillen. Gede war zusammen mit Mondmann gekommen, und er hatte das Zimmer so selbstsicher betreten, als ob er hierher gehörte. Er wirkte größer, als er war. Seine wahre Länge entpuppte sich erst, als er neben Irys stand. Beide maßen etwa ein Meter siebzig.
„Diese Bücher gehören mir“, behauptete Gede.
Erstauntes Schweigen folgte seinen Worten. Dax warf mir einen Blick zu. In seinen flaschengrünen Augen lag ein Ausdruck von Ungläubigkeit.
„Meine Vorfahren haben sich bemüht, alles Wissen über die Blutmagie zu vernichten, und da ist es nun“ – er deutete auf die beiden geöffneten Bücher auf Bains Schreibtisch – „und kann von jedem in die Hand genommen und gelesen werden.“
„Ich bezweifle, dass irgendjemand außer Master Bloodgood und Dax die Sprache lesen oder verstehen …“, wandte Irys ein.
Gede schnitt ihr das Wort ab. „Mehr braucht man auch nicht. Jemand, der es lesen kann, sich davon inspirieren lässt und mit seinem neuen Wissen experimentiert. Blutmagie ist genau wie alles andere – wenn man einmal angefangen hat, sich damit zu beschäftigen, kann man nicht genug davon bekommen.“
„Offenbar haben
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