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Yendi

Yendi

Titel: Yendi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Brust
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Gestirn umkreist ihren Kopf tatsächlich, dieser Teil stimmt. Und goldene Kleider trägt sie auch - aber nicht so einfaches Zeug wie eine Robe. Oft trägt sie ... na, ist egal.
    Zerika war junge drei- oder vierhundert, was bei einem Menschen etwa Mitte zwanzig hieße. Ihre Haare waren golden - und hätte ich »blond« gemeint, dann hätte ich es auch so gesagt. Ihre Augen hatten die gleiche Farbe, fast so wie die der Lyorn, und sie lagen recht tief. Dagegen hatte sie eine hohe Stirn und helle Brauen, die auf der äußerst bleichen Haut kaum sichtbar waren. (Den Gerüchten zum Trotz war sie jedoch keine Untote.)
    Das Haus der Phönix ist immer das kleinste, denn man wird erst dann als Phönix angesehen, wenn tatsächlich einer während der Geburt über dem Haus kreist. Das Interregnum hat jeden Phönix ausgelöscht, außer Zerikas Mutter - die bei der Geburt verstarb.
    Zerika wurde während des Interregnums geboren. Der letzte Imperator war ein dekadenter Phönix gewesen, und da es der siebzehnte Zyklus war, mußte auch der folgende Imperator ein Phönix sein, da ein wiedergeborener Phönix alle siebzehn Zyklen auf einen dekadenten folgt. Soweit ich sagen kann ist ein wiedergeborener Phönix übrigens ein Imperator des Hauses der Phönix, der am Ende seiner Regierungszeit nicht dekadent wird. Jedenfalls war Zerika zu jener Zeit die einzige lebende Phönix, also war es an ihr. (Das ganze Geschwafel darüber, »was es heißt, ein Phönix zu sein«, ist höchst seltsam, wenn man es in bezug zu Aspekten der Verwandtschaft zwischen den Häusern setzt - beispielsweise genetischer Art. Ich meine, die bei den Dragaeranern verbreitete Meinung über Mischlinge erscheint doch absurd, wenn es im Augenblick keine andere Möglichkeit gibt, einen Erben der Phönix zu besorgen, als durch Mischehe. Möglicherweise lasse ich mich später einmal darüber aus.)
    Wie dem auch sei, im zarten Alter von hundertundetwas ist sie zu den Fällen der Toten gekommen und lebendig die Pfade der Toten gewandelt und auf diesem Weg zu den Hallen des Jüngsten Gerichts gelangt. Dort hatte sie das Gestirn vom Schatten des vorigen Imperators übernommen und war zurückgekehrt, um das Ende des Interregnums zu verkünden. Das alles geschah ungefähr zu der Zeit, als mein Ur-ur-ur-ur-ur-ur-ur-urgroßvater geboren wurde.
    Diese Geschichte, wie sie die Fälle der Toten hinabgestiegen ist, ist übrigens recht beeindruckend. Ich weiß es, weil ich es selbst einmal getan habe.
    Worum es geht, ist, daß dieser Hintergrund Zerika ein gewisses Verständnis bezüglich der menschlichen Art vermittelt hat - oder wenigstens der dragaeranischen Art. Sie war weise und intelligent. Sie wußte, daß es keinen Sinn hatte, sich in ein Duell zweier Jhereg einzumischen. Auf der anderen Seite nehme ich an, daß das, was Laris und ich getan hatten, einfach nicht mehr zu ignorieren war.
    Wir erwachten am Morgen nach dem Treffen mit Terion und fanden Patrouillen in der Uniform der Phönix auf den Straßen. Mitteilungen waren angeschlagen worden, daß niemand mehr nach Einbruch der Nacht nach draußen dürfe, daß keine Gruppen von mehr als vier Personen sich versammeln dürften, daß jeglicher Gebrauch von Zauberei sorgfältig überwacht und reguliert würde, daß alle Tavernen und Gasthäuser bis auf weiteres geschlossen seien. Zudem wurde ohne Worte gesagt, daß illegale Betätigung jedweder Art nicht toleriert würde.
    Es reichte aus, daß ich mir wünschte, in eine andere Gegend zu ziehen.
    »Wo stehen wir jetzt, Kragar?«
    »Wir können so weitermachen - alles am Laufen halten ohne etwas zu verdienen -, und zwar noch an die sieben Wochen.«
    »Meinst du, es dauert sieben Wochen?«
    »Ich weiß nicht. Hoffentlich nicht.«
    »Ja. Wir können unsere Truppen nicht verringern, bevor Laris es nicht tut, und wir haben keine Möglichkeit herauszufinden, ob Laris das will. Das ist das schlimmste daran - die Zeit wäre perfekt, um seine Organisation zu infiltrieren, aber das können wir nicht, weil er auch nichts mehr am Laufen hat.«
    Kragar zuckte die Achseln. »Wir müssen halt einfach den Ball flachhalten.«
    »Hmmmm. Kann sein. Ich sag dir mal was: warum suchen wir nicht einfach ein paar Geschäfte, mit denen er verbunden ist, die legitim laufen - wie Schenken, weißt du -, und biedern uns bei einigen Geschäftsführern dort an?«
    »Anbiedern?«
    »Klar. Ihnen Geschenke machen.«
    »Geschenke?« »Gold.«
    »Und das geben wir ihnen einfach so?«
    »Klar. Ohne um etwas zu bitten.

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