Yoga als Therapie
Patienten und Übenden umgesetzt werden. Vielmehr geht es darum, eine individuell angepasste Auswahl zu treffen. Die Lernschritte sollten klein genug sein, damit die Übenden sich bewusst werden können, was sie gelernt haben. Achtsamkeit und Bewusstsein werden für den Körper und dessen Aktivitäten, für die Emotionen und für die geistige Haltung entwickelt. Schüler und Lehrer oder Therapeut beobachten, inwiefern Bewegungen, Emotionen und Gedanken kontrolliert und beruhigt werden können. Während der Āsana-Praxis sollten die Emotionen positiv und ruhig sein; alle anderen Emotionen sind Vṛttis, Erinnerungen.
Praktische Aspekte achtsamen Übens
DieKörperwahrnehmung kann folgendermaßen trainiert werden:
•durch Berühren und Spüren des betreffenden Bereichs,
•indem der Bereich passiv mit der Hand bewegt wird,
•indem der Bereich aktiv bewegt und diese Bewegung mit den Händen erspürt wird,
•durch Ausführung der Bewegungen gegen Widerstand und/oder mit Gewichtsbelastung (zum Beispiel im Stehen).
Sind die Übungen bereits erlernt, so sollten sie zuerst ausgeführt werden, ohne den Körperbereich, mit dem man sich beschäftigt, zu betrachten. Sobald sie beendet sind, kann man dann den Blick auf den betreffenden Bereich lenken. Laut Eyal Lederman kann eine „Verminderung des visuellen Feedbacks während einer Bewegung“ die Propriozeption (die taktile Wahrnehmung und Kontrolle der Körperposition im Raum) verbessern, da man sich dann mehr auf diese verlässt, „um die Bewegung zu korrigieren und zu erlernen“ ( Lederman 2008 , S. 179).
Für die Wahrnehmung und Kontrolle von Emotionen und der inneren Einstellung sind folgende Punkte von Bedeutung:
•Fragen Sie sich: Wie sind Ihre Einstellung und Ihr Gefühl zu Beginn der Übung?
•Verhalten Sie sich wie ein kleines neugieriges Kind, das seinen Körper erforscht.
•Nehmen Sie eine offene Haltung ein, die völlig losgelöst von Erwartungen und Erinnerungen ist.
•Erleben Sie jede Übung wie den ersten Atemzug eines neugeborenen Babys.
•Modifizieren und kombinieren Sie die Übungen so, dass sie angenehm werden.
•Gestalten Sie die Übungs- und Lernschritte so klein, dass Sie ihnen achtsam folgen können.
•Erlauben Sie es sich, mit einer bestimmten Übung aufzuhören oder zu einer anderen Übung überzugehen.
•Passen Sie die Übungen so an, dass Sie sich darauf freuen, sie erneut auszuführen.
Übung: Achtsame Annäherung an die Bewegungsgrenze
Folgende Übung soll beispielhaft zeigen, wie man durch Dehnen und Aktivieren von Muskeln Achtsamkeit entwickeln kann:
1.Führen Sie eine beliebige Dehnung aus und gehen Sie bis zu dem Punkt, an dem Sie spüren, wie die Muskeln länger werden.
2.Es kann hilfreich sein, die Augen zu schließen, um die Empfindung des Dehnens zu spüren.
3.Nehmen Sie die Dehnung ein klein wenig zurück. Wenn Sie sie immer noch spüren, sind Sie bei der Bewegung zu weit gegangen.
4.Wiederholen Sie diesen Vorgang, bis das Gefühl des Dehnens vollständig verschwindet.
5.Kehren Sie nun behutsam in die Stellung zurück, in der Sie eine angenehme Dehnung spüren.
6.Innerhalb von 10 bis 20 Sekunden wird das Gefühl des Dehnens verschwinden.
7.Nun können Sie den Muskel mit vollem Bewusstsein aktivieren.
Ein Hinweis für alle Übungen
Achtsamkeit ist das grundlegendste und wichtigste Prinzip. Sie sollte in jede Übung und jedes Āsana integriert werden. Die Herangehensweise an die Übung, deren Geschwindigkeit und Länge sollten immer so gestaltet werden, dass ein achtsames Üben möglich ist.
Literatur
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Wahrnehmung der Wirklichkeit und Neurose: Kognitive Therapie emotionaler Störungen
. München: Pfeiffer; 1979.
Ellis A.
Die rational-emotive Therapie: Das innere Selbstgespräch bei seelischen Problemen und seine Veränderung
. München: Pfeiffer; 1977.
Feuerstein G.
Die Yoga-Tradition: Geschichte, Literatur, Philosophie & Praxis
. Wiggensbach: Yoga Verlag; 2008.
Frederickson B.L. The role of positive emotions in positive psychology: The broaden-and-build theory of positive emotions.
Am. Psychol.
. 2001;56:218–226.
Freud S. Ratschläge für den Arzt bei der psychoanalytischen Behandlung. Gesammelte Werke, Bd. 8. Frankfurt a. M: Fischer, 1999.
Goleman D.
EQ: Emotionale Intelligenz
. München: dtv; 2011.
Iyengar B.K.S. Licht auf Pranayama. München: Barth, 2010.
Iyengar B.K.S. Licht fürs Leben: Die Yoga-Vision eines großen Meisters. München: Barth, 2010.
Iyengar B.K.S.
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