Yoga als Therapie
Gefühle, so liegt das oft daran, dass wir uns an vergangene, im Körper gespeicherte Ereignisse erinnern. Es kann aber auch sein, dass in solchen Fällen unsere Sinne oder unser Geist abgelenkt sind, zum Beispiel, weil wir an die Zukunft denken. Die Yoga-Praxis hilft uns, ruhig in der Gegenwart zu verweilen.
Wenn wir uns mit zunehmendem Alter an bestimmte Körperhaltungen und -bewegungen gewöhnt haben, wird es immer schwieriger, zwischen diesen Gewohnheiten und den eigentlich notwendigen natürlichen Bewegungen zu unterscheiden. Oft werden gewohnteBewegungsmuster zu einer zweiten Natur, doch ihre ständige Wiederholung verursacht Veränderungen. Die weichen Gewebe im Körper verändern sich, das Gehirn verliert seine Flexibilität. Bewegungseinschränkungen treten auf. Deshalb ist es wichtig, uns unserer gewohnheitsmäßigen Bewegungen bewusst zu werden.
Automatische Handlungen sparen Zeit, haben jedoch den Nachteil, dass wir in einem veränderten Kontext unangemessen reagieren. Eine Handlung, die wir wegen zahlloser früherer Erfahrungen automatisch ausführen, ist für eine neue Situation womöglich nicht passend. Es fällt uns dann schwer, uns zu korrigieren und an die neue Lage anzupassen.
Die Achtsamkeit ermöglicht uns, automatische Handlungen zu kontrollieren, wodurch wir von den Vorteilen der Automatisierung profitieren, deren Nachteile jedoch vermeiden können. Zum Beispiel ist die Geschwindigkeit von automatischen Handlungen von Nutzen, und mit Achtsamkeit haben wir sie trotz dieses Faktors unter Kontrolle. Im Allgemeinen führt unser wertendes Denken entweder zu positiven oder zu negativen Emotionen. In der kognitiven Psychotherapie nutzt man das, um Verhaltensmuster zu ändern. Wenn wir unsere automatischen Haltungen, Bewertungen, Gedanken und Empfindungen beobachten, können wir sie verändern ( Ellis 1977 , Beck 1979 ). Dies wird durch eine achtsame Wahrnehmung dieser inneren Ereignisse möglich.
Die Bedeutung von Achtsamkeit beim Üben
Die folgenden Punkte sind besonders relevant für ein achtsames Verhalten, vor allem für Achtsamkeit bei Körperübungen:
•Wahrnehmung der Aktivitäten und Empfindungen im Körper wie etwa der Haltung und ihrer Korrektur, der Position der Gelenke, des Muskeltonus, der Atmung und der gegen die Schwerkraft wirkenden Bewegungen.
•Wahrnehmung unserer Emotionen, die positiv, negativ oder neutral sein können.
•Wahrnehmung unserer mentalen Haltung, die ebenfalls positiv, negativ oder neutral sein kann.
•Die Freiheit, Körperbewegungen, Emotionen und Gedanken zu stoppen oder zu verändern.
In der Yoga-Tradition ist die Rede von den Śarīras, drei Körpern oder Rahmen, von denen die Seele umgeben ist. Dies sind der grobstoffliche Leib, der die anatomischen Strukturen enthält, der feinstoffliche Leib, der aus den physiologischen Funktionen besteht, und der „Ursachenleib“, der in der indischen Philosophie mit einer göttlichen Kraft verglichen wird ( Iyengar 2010a ). Eine detaillierte Beschreibung beinhaltet das Konzept der Kośas. Das sind fünf einander durchdringende Hüllen, aus denen die Śarīras bestehen: 1. die anatomische Hülle, 2. die physiologische Hülle, zu der die Systeme des Körpers wie der Atemapparat gehören, 3. die psychische Hülle, die für Wahrnehmung, Gefühle und Motivation von Bedeutung ist, 4. die intellektuelle Hülle, die mit der Urteilskraft und dem logischen Denken verbunden ist, und 5. die spirituelle Hülle ( Feuerstein 2008 , Iyengar 2010a ).
Um den Körper effizient und ohne Mühe bewegen zu können, brauchen wir motorische Fähigkeiten, Kraft und Beweglichkeit. Außerdem benötigen wir die Sinneswahrnehmung, um eine Bewegung wirklich gekonnt zu kontrollieren. Ist unsere Sinneswahrnehmung nicht gut entwickelt, sind wir ausschließlich zu solchen Bewegungen in der Lage, die erheblich von der Idealform abweichen. Je später aufgrund der Sinnesrückmeldung eine Feinabstimmung stattfindet, desto weniger präzise sind die Korrekturen; die Bewegungen werden ungeschickt, und das Verletzungsrisiko nimmt erheblich zu. Bei Anfängern kann man das oft beobachten. Werden jedoch Achtsamkeit und eine verfeinerte Wahrnehmung entwickelt, so führt das rasch zu Präzision und Feinabstimmung. Die Verletzungsgefahr nimmt ab, Schmerzen können vermieden werden.
Wenn wir eine neue Bewegung erlernen, so verfeinern wir sie, indem wir sie wiederholen. Dadurch wird der Bewegungsfluss ökonomischer und sieht zudem eleganter aus. Während der
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