Yoga-Anatomie
Hauptantrieb des Autos ist der Motor. Alle mechanischen und elektrischen Bewegungen, die mit dem Betrieb des Autos zusammenhängen, werden vom Motor erzeugt. In gleicher Weise wird die dreidimensionale Formveränderung von Brust- und Bauchhöhle vorwiegend vom Zwerchfell erzeugt.
Beim Autofahren ist das Einzige, das man an der Funktion des Motors kontrollieren kann, seine Umdrehungszahl. Man drückt das Gaspedal, damit der Motor schneller läuft, und man geht vom Gas, um ihn langsamer laufen zu lassen. Bei der Atmung ist das Einzige, das wir über das Zwerchfell direkt gewollt kontrollieren können, der Rhythmus. In gewissem Rahmen können wir den Beginn der Kontraktion steuern, aber nach deren Ende wird die Ausatmung durch einen passiven Rückstoß erzeugt, so wie auch das Gaspedal zurückprallt, sobald man den Fuß vom Gas nimmt.
Das Steuern der Formveränderung
Man steuert ein Auto bekanntlich nicht mit dem Motor. Um die Antriebskraft des Motors in eine bestimmte Richtung zu lenken, braucht man Mechanismen wie das Getriebe, die Bremsen, die Lenkung und die Radaufhängung. Analog ist es unmöglich, mit dem Zwerchfell die Atmung zu lenken. Um die Kraft der Atmung zu beherrschen und zu bestimmten Mustern zu führen, braucht man die Atemhilfsmuskulatur.
Von dieser Motor-Analogie her betrachtet ist die Vorstellung, durch Zwerchfelltraining die Atmung zu verbessern, fragwürdig. Schließlich wird man kein besserer Fahrer, indem man ausschließlich den Gebrauch des Gaspedals übt. In der Fahrschule geht es hauptsächlich darum, wie man die Beschleunigung des Autos mit dem Steuern und Bremsen sowie dem Beobachten der Umgebung koordiniert. So ist auch Atemtraining eigentlich Hilfsmuskeltraining. Erst wenn die gesamte Muskulatur des Körpers mit der Tätigkeit des Zwerchfells koordiniert und verbunden ist, wird die Atmung effizient und effektiv.
Im Übrigen ist die Annahme, dass die Zwerchfelltätigkeit nur den Bauch wölbt (Bauchatmung), so unzutreffend wie die Feststellung, dass der Motor das Auto nur vorantreibe und irgendeine andere Kraftquelle den Rückwärtsgang bewirke. Solch ein Fahrzeugirrtum resultiert aus dem Unverständnis der Beziehung zwischen Motor und Getriebe, ebenso kommt der Irrtum über die Atmung daher, dass die Beziehung zwischen Zwerchfell und Atemhilfsmuskulatur bei der Bewegung des Brustkorbs missverstanden wird.
Damit einher geht auch der Irrtum, Bauchbewegung mit richtiger und Brustbewegung mit falscher Atmung gleichzusetzen. Das ist genauso unsinnig wie die Empfehlung, ein Auto solle immer nur vorwärts gefahren werden. Ohne seine Fahrtrichtung jemals umkehren zu können, würde das Auto schließlich in einer Sackgasse stecken bleiben.
Die Atemhilfsmuskeln
Auch wenn allgemein Einigkeit darüber herrscht, dass das Zwerchfell der Hauptmuskel der Atmung ist, gibt es verschiedene, teilweise widersprüchliche Arten, die anderen an der Atmung beteiligten Muskeln zu kategorisieren. Definiert man Atmung als Formveränderung der Brust- und Bauchhöhle, kann man jeden Muskel außer dem Zwerchfell, der eine Formveränderung der Hohlräume unsere Körpers bewirken kann, der Atemhilfsmuskulatur zuordnen. Es ist dabei irrelevant, ob die Formveränderung zu einer Einatmung (einer Vergrößerung des Brustvolumens) oder zu einer Ausatmung (Verringerung des Brustvolumens) führt, denn beide Muskelgruppen können in verschiedenen Atemphasen aktiv sein.
Lassen Sie uns von diesem Blickwinkel einmal Unterschiede und Gemeinsamkeiten verschiedener Arten der Atmung analysieren.
Bei der Bauchatmung werden die Befestigungen des Zwerchfells am Rippenbogen von den Muskeln gestützt, die den Brustkorb nach unten ziehen: den inneren Zwischenrippenmuskeln (Interkostalmuskeln), der Musculi transversi thoracis und anderen (Abb. 1.15 und 1.16, Seite 31). Diese Muskeln werden allgemein den exspiratorischen Muskeln oder Exspiratoren zugerechnet, hier aber beteiligen sie sich aktiv beim Formen einer Einatmung.
Bei der Brustatmung werden die oberen Befestigungen des Zwerchfells von den unteren Bauchmuskeln stabilisiert, die ebenfalls als Exspiratoren gelten, in diesem Fall aber offensichtlich am Einatmungsmuster mitarbeiten. In beiden Fällen, sowohl bei Bauch- als auch Brustatmung, muss allerdings die eine Muskelgruppe entspannt sein, während die andere aktiv ist. Bei der Bauchatmung ist die Bauchdecke entspannt, bei der Brustatmung müssen die Muskeln, die den Brustkorb herunterdrücken, loslassen.
Kapalabhati ist eine
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