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Yoga Bitch

Titel: Yoga Bitch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Danijela Pilic
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nicht geahnt hätte, dass sie überhaupt existieren.

4
    »Als ich mit Yoga anfing, schnaufte ich beim Sonnengruß wie ein alter Zug.«
    Sting
    Am Tag nach dem Muskelkater fühlte ich mich schon besser. Zwar schmerzte noch alles, aber nicht so stark wie am Tag zuvor, und der Ich-habe-angefangen-Stolz ließ mich aufrecht schreiten. Es war ein schöner Zustand, auch weil ich wusste, dass ich morgen noch nicht wieder hinmüsste – ich solle drei Tage Pause machen, meinte Polly. Das kam mir gelegen, denn leider war mein innerer Schweinehund nicht etwa eingeschläfert worden, nur weil Yoga mich etwas berauscht hatte. Nein, der innere Schweinehund war zwar müde, aber noch präsent. Ich sah mein Ziel klar vor Augen: Es ging darum, den inneren Schweinehund so zu dressieren, dass der äußere Schweinehund möglichst schnell möglichst knackig werden könnte.
    Und plötzlich war Yoga überall. Ü-ber-all.
    Im Drogeriemarkt hörte ich, wie sich zwei Sechsjährige unterhielten: »Oh Mann, ich will nicht zum Kinderyoga«, piepte der eine.
    »Wieso nicht? Ist doch total cool. Miley Cyrus macht auch Yoga. Waaas, du nimmst Eis? Das ist ungesünder als Gummibärchen. Die ham kein Fett«, piepte der andere.
    Ich sah auf der Straße meine Zahnärztin auf dem Fahrrad; im Korb: eine Yoga-Matte. Ich las über eine Initiative in New York City, die Schulkindern kostenlosen Yoga- und Meditationsunterricht ermöglichen wollte und dabei tatkräftig von einem Hip-Hop-Mogul unterstützt wurde. Ich schaltete den Fernseher ein und sah einen Beitrag über Bikram-Yoga, das bei 39 Grad gemacht wird. (Davon machte ich mir eine mentale Notiz, denn es hörte sich sehr wirksam an.) Im Internet, in Zeitschriften, in Bücherläden, an Straßenecken: Yoga, Yoga, Yoga. Ich erkundigte mich, ob es mir nur so vorkam, dass die Yoga-Armee immer mehr Zulauf erhielt, doch mein Eindruck stimmte: Laut dem Berufsverband der Yogalehrer (BDY) machen in Deutschland inzwischen fünf Millionen Menschen Yoga. 2006 waren es noch geschätzte vier Millionen. Das heißt, dass sich in den vergangenen vier Jahren eine weitere Million Deutsche dazu entschlossen hat, eine jahrtausendealte indische Lehre zu befolgen, mit einem teils sehr europäischen Ehrgeiz. Das ist mehr als ein Trend, das ist Mainstream. Auch meine Tante Ida, die sich den Bekehrungsversuchen meiner Mutter ähnlich wie ich jahrelang widersetzt hatte, war vor ein paar Monaten schwach geworden. Seit sie Yoga machte, war sie gut drauf. Das stand in einer E-Mail, die sie mir geschickt hatte. Sie steckte offenbar in einer Lebenskrise, denn sowohl E-Mail als auch Yoga waren für sie unerhörte, revolutionäre Veränderungen. Außerdem zitierte sie Madonna:
    Ich kann Dir gar nicht sagen, wie sehr mir Yoga hilft. Ich finde immer mehr, dass Madonna recht hatte, als sie mal sagte, dass Yoga eine Metapher für das Leben sei. Man muss es langsam angehen. Man kann sich nicht beeilen. Man kann nicht schnell-schnell in die nächste Position. Man findet sich in erniedrigenden Situationen wieder, aber man darf sich nicht verurteilen. Man sollte atmen und loslassen. Yoga ist ein Work-out für den Geist, den Körper und die Seele.
    Hm. Ich überlegte gerade, wann ich die nächste Yoga-Stunde besuchen sollte – und diese Entscheidung durfte ich, das wusste ich aus Erfahrung, nicht lange hinauszögern –, als Alev an meiner Tür klingelte. Unangekündigt. (Von zu Hause aus zu arbeiten hat eben auch seine Nachteile, unter anderem, weil ich mit zunehmendem Alter unangekündigte Besuche immer mehr hasse. Was, wenn ich gerade eine teure Maske aufgetragen habe? Soll ich mir 20 Euro abwaschen? Ich sollte unbedingt wieder öfter ins Büro.) Alev schien irgendwie aufgeregt. Sie hatte eine Flasche Wodka, Mineralwasser con gas , Zitronen und Eis dabei. Wir machten uns zwei Clooneys [2] , denn die hatten sehr wenig Kalorien, und außerdem: Was für George gut war, konnte auch für uns nicht verkehrt sein.
    Wir plauderten ein bisschen, bis sie sagte: »Du …«
    »Ja, was war mit dir? Warum bist du nicht gekommen?«
    »Ich habe jemanden kennengelernt, am Abend vor der Yoga-Stunde«, grinste sie.
    »Und?! Durchgemacht? Volles Programm?«
    »Nein, nein! Ich war ganz brav. Aber als ich nach Hause kam, konnte ich die ganze Nacht nicht schlafen. Und dann musste ich wirklich in den Schnitt …«
    »Macht ja nichts«, beschloss ich großzügig. Für die Liebe oder etwas, das zumindest entfernt danach aussah, durfte man jedes Sportvorhaben sausen

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