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Yoga Bitch

Titel: Yoga Bitch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Danijela Pilic
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losging, nicht, weil ich inzwischen bewegungsgeil geworden wäre, sondern weil es mir verglichen mit dem Lotussitz als das kleinere Übel erschien.
    »Findet einen aufrechten und bequemen Sitz. Aufrecht und bequem«, sagte Jana.
    Übrigens sollten wir nicht nur aufrecht und bequem sitzen, sondern auch so durchs Leben gehen.
    Ja, keine schlechte Idee, dachte ich. Aber mein linker Fuß, oh Mann, der juckt!
    Doch ich konzentrierte mich, überwand mich, blickte kurz auf meine pinkfarbenen Zehen (Chanel # 159 Fire) und lächelte.
    Am Ende der Stunde sagte Jana wie immer »Namasté« und führte dabei ihre zum Gebet gefalteten Hände zwischen die Augen. (Da sitzt, glaube ich, ein wichtiges Chakra. Hatte ich in meinem Yoga-
Buch gelesen, ich kleine Yoga-Streberin.) Jana sagte: ›Namasté‹ heißt so viel wie ›das Gute in mir grüßt das Gute in dir‹.«
    Das gefiel mir. Ich dachte: »Das Gute in mir grüßt das Gute an mir.«
    Das gefiel mir auch.
    Das Gute in mir. Genau. Das wollte ich. Außerdem wollte ich das Gute an mir sehen. Ich wollte alles: aufrecht und bequem sitzen und leben und das Gute in und an mir. Die Saat des Yoga wuchs in mir und sagte: Das ist alles drin. Ommmm.
    Deshalb machte ich sofort einen Termin bei Dr. Kiefermed aus. Ich bekam einen in drei Wochen, immerhin. Zum Bleichen konnte ich sofort kommen. Schiefe weiße Zähne sind immerhin besser als schiefe gelbe Zähne, dachte ich.
    Gut, dass ich keine Ahnung hatte, welche Schmerzen ich durchstehen musste. Zunächst wurden meine Zähne gereinigt, mit einem Metallinstrument und Bicarbonatsoda, das im Mund herumgespritzt wurde. Das war nicht gerade angenehm, aber erträglich. Dann wurde mir mein Mund aufgerissen und mit einem riesigen Plastikteil gestopft, um das Zahnfleisch zu schützen und zu verhindern, dass ich den Mund schließe. Die nächsten eineinhalb Stunden lang musste ich auf dieses Plastikteil beißen. Dann bekam ich das aufhellende Gel auf die Zähne gepinselt und die Sonnenbrille eines 80-jährigen Florida-Rentners auf die Nase gesetzt. Dann wurde das Laserlicht angeschaltet. Es war langweilig. Nach gefühlten drei Wochen kam die Bleicherin wieder und fragte in fröhlichem Ton: »Und? Tut’s schon weh?«
    »Uh-Uh«, sagte ich, denn weiter konnte ich mich nicht elaborieren. Wieso denn weh? Es war nervig und langweilig und mein Kiefer krampfte schon etwas, aber was sollte denn genau wehtun? Die Zähne?
    Ja, die Zähne. Während der zweiten Session stellte sich in allen bepinselten Zähnen ein irrer Schmerz ein, der bis weit über die Wurzeln hinausschoss. Mein Kiefer verkrampfte sich immer mehr, und dennoch musste ich zusammenbeißen. Es war schrecklich. Nach dem dritten Aufpinseln liefen mir die Tränen. Wasserstoffperoxid wird in Verbindung mit dem menschlichen Körper richtig fies, das wusste ich eigentlich, seit ich mir einmal die Haare platinblond hatte färben lassen und dabei Höllenqualen gelitten hatte. Doch ich hielt durch, denn Abbrechen war keine Option. Die Bleicherin blieb nun im Raum und erlöste mich schließlich. Ich war überwältigt von Schmerzen und glücklich, endlich den Mund schließen zu können. Ich bekam einen Zettel mit, auf dem stand, was ich die nächsten 72 Stunden meiden sollte: Kaffee, Tee, Zigaretten, Wein – also alles, was Spaß macht. Außerdem bekam ich ein Schmerzmittel mit, für die Zähne. In der Nacht aß ich die ganze Packung auf.
    Während ich wach im Bett lag und meine blitzweißen Beißerchen pochten, wurde mir Folgendes bewusst: Der Grad der erreichbaren Schönheit hat sich vor allem in den letzten zwei Jahrzehnten radikal verändert. Vor 20 Jahren noch hätte ich meine Zähne und ihren Alterungsprozess so akzeptiert und einfach ein bisschen weniger gelächelt, getröstet von der Tatsache, dass es meinen Altersgenossinnen auch nicht anders ging. Doch die Messlatte wird ständig höher gelegt. Nehmen wir mal das Beispiel Zähne: Verbesserungsmöglichkeiten sind in Großstädten jedem zugänglich und bezahlbar, wenn man mal von Veneers absieht. Seit Julia Roberts 1990 als Pretty Woman Zahnseide benutzte, fühlte man sich auch als Nicht-Prostituierte schuldig, wenn man es nicht tat. Tom Cruise und Gwen Stefani ließen sich, beide längst ihren Twens entwachsen, feste Zahnspangen einsetzen. Demi Moore wäre heute vielleicht nicht Mrs. Kutcher, wenn sie Ashton mit den schiefen, kleinen Teilen angelächelt hätte, die Gott ihr bei der Geburt in den Mund geschmissen hatte. Selbst Liam Gallagher

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