Yoga ist auch keine Lösung (German Edition)
verteidigte sich Lena. »Ich werde dieses Jahr dreißig.«
»Eben. Da arbeiten die meisten Menschen schon. Wie kommt es, dass du noch studierst, oder ist das dein zweites Studium?«
Lena trank einen Schluck. »Nach dem Abi habe ich in einer Werbeagentur angefangen und dort an der Rezeption gearbeitet. Die Entwürfe, die dort gemacht worden sind, fand ich meistens schrecklich und meine Vorschläge wurden von den Grafikern immer begeistert aufgenommen. Die Grafiker rutschten die Karriereleiter hoch und ich saß immer noch an der Rezeption. Also musste ich was ändern. Deswegen habe ich vor drei Jahren beschlossen zu studieren. Ich habe mir lange überlegt, ob ich das wirklich durchziehen kann und jeden Cent gespart. Ron hat mich für verrückt erklärt. Wir waren insgesamt vier Jahre zusammen und naja, der Rest ist Geschichte.«
»Und dieser Jörg?«
»Das ist der Chef der Werbeagentur, für die ich nebenbei gearbeitet habe. Er fand meine Entwürfe wundervoll, und auch ohne meinen Abschluss habe ich Kunden schon komplett alleine betreut.«
»Du bist also gut«, meinte Maureen.
»Die Leute waren zufrieden. Hätte Jörg nicht Ron ins Bett gezerrt, dann hätte ich dort nach meiner Prüfung einen klasse Job gehabt.«
»Und was ist dieser Jörg so für ein Typ? Wenn Ron nicht doch schwul ist, muss er ja was Besonderes haben.« Maureen zögerte einen Moment. »Es tut mir leid. Das hätte ich nicht fragen sollen.«
Lena schenkte sich nach. »Schon gut. Jörg ist ein Paradiesvogel. Man sieht von Weitem, wie er tickt. Er ist groß, muskulös und sieht gut aus, wenn man auf metrosexuelle Männer steht. Selbst seinem grellen Kleidungsstil konnte ich was abgewinnen.« Lena seufzte. »Wir haben uns prächtig verstanden. Hätte er nur die Finger von Ron lassen können ... bei einer Betriebsfeier haben sie sich das erste Mal getroffen und Jörg flatterte nervös um ihn herum. Und ich dumme Kuh habe mich über seine Schwärmerei noch amüsiert!«
»Naja, deswegen musst du dir nichts vorwerfen. Und Ron? Was ist er für ein Typ?«
»Wenn ich einen Schauspieler wählen müsste, würde ich auf James Dean mit Dreitagebart setzen. Verwegen, manchmal unergründlich, aber genau das hat mir so an ihm gefallen. In den Gedanken meiner Ex-Freunde konnte ich oft lesen, wie in einem offenen Buch, und das wurde dann irgendwann langweilig.«
Maureen lachte. »Ach, du erinnerst mich an mich selbst. Mir gefielen auch immer die bösen Jungs.«
Lena sah sie nachdenklich an und hoffte, Maureen würde weitersprechen.
»Weißt du, ich war vier Mal verheiratet. Mein erster Mann ist auch mein vierter Mann geworden. Aber es hat fast zwanzig Jahre gedauert, bis er verstanden hat, dass ich die Richtige für ihn bin.«
»Und? Seid ihr nun glücklich?« Lena wünschte es ihr.
»Das waren wir.« Um Maureens Augen legte sich ein leichter Schatten. »Er ist vor sieben Jahren gestorben. Unsere gemeinsame Zeit war die schönste meines Lebens.«
Lena drückte Maureens Hand. »Und du warst vier Mal verheiratet? Das ist ungewöhnlich für die damalige Zeit.«
Maureen lächelte. »Nicht in der Branche, in der ich gearbeitet habe. Mein Leben war sehr aufregend. Und wenn ich nicht verliebt war, dann habe ich jemandem hinterhergetrauert.«
»In der Branche, in der du gearbeitet hast?«, wiederholte Lena Maureens Ausführung.
»Dir sagt mein Name wirklich nichts?«
Lena schüttelte den Kopf. »Sollte es?« Maureen Walter. Irgendwie kam ihr der Name schon bekannt vor, doch so sehr sie überlegte, sie kam nicht darauf, woher.
»Früher war ich eine viel gefragte Schauspielerin. Auch heute noch spiele ich in Filmen mit, wenn auch nur noch die senile Großmutter.«
»Du hast die Carla gespielt«, flüsterte Lena. Es handelte sich dabei um den Lieblingsfilm ihrer Mutter.
»Unter anderem.«
»Wenn ich meiner Mutter erzähle, dass ich mit dir nach Mallorca geflogen bin und für einige Zeit bei dir wohne, bekommt sie einen Herzinfarkt. Und wenn nicht das, dann setzt sie sich in den nächsten Flieger und du hast meine Familie am Hals. Du bist die Lieblingsschauspielerin meiner Mutter, und Carla ist ihr Lieblingsfilm. Sie liebt diese alten Filme.«
Maureen lachte.
»Oh, Entschuldigung. Ich wollte dich nicht kränken.«
Nun lachte sie noch lauter. »Keine Sorge. Ich weiß, wie alt ich bin.« Sie zwinkerte Lena zu. »Aber es ist schön zu hören, dass man mich nicht ganz vergessen hat.«
Lena trank ihren Becher leer, als sie sah, dass die Servicerunde kurz vor
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