Yoga und Vegetarismus

die den Tieren zugutekommen würden. Was es braucht, ist starke, positive Leidenschaft. Nur durch aktives, bewusstes Mitgefühl kann man die Denkweise und die Herzen der Menschen bewegen, so dass sie in sich selbst Mitgefühl empfinden und diese Empathie auf alle Lebewesen, einschließlich der Tiere, ausweiten. Mit anderen Worten muss die Veränderung in uns selbst beginnen; man muss selbst das Mitgefühl verkörpern. Man muss die Menschen, mit denen man spricht, mitfühlend behandeln, egal, wie aufgebracht sie sein mögen. Auch wenn man selbst die Fakten über die Misshandlung der Tiere und die Auswirkungen, die diese Massenvernichtung auf den Planeten, unsere Seele und unsere Gesundheit hat, kennt, muss man sich in yogischer Selbstkontrolle üben und seine Leidenschaft durch Mitgefühl mäßigen. Wenn man als Moralapostel, wütend oder verurteilend erscheint, kann man kein Publikum lang genug in seinen Bann ziehen, um ihm die Wahrheit vermitteln zu können.
    Wenn man beginnt, über seine eigenen Erfahrungen mit dieser Wahrheit zu erzählen, wird man wahrscheinlich zunächst ausgelacht werden, selbst von Freunden und in der Familie. Dabei handelt es sich um eine Phase des natürlichen Prozesses, wenn lebenslang bestehende, konditionierte Denkweisen des Menschen in Frage gestellt werden. Dann gilt es weiterzumachen und den eigenen Prinzipien treu zu bleiben. Patañjali schlägt hierzu Folgendes vor: Wenn man sich in einer schwierigen Position befindet, sie einfach umzudrehen, sie als Herausforderung zu betrachten, nicht als Hindernis – und am wichtigsten dabei: nicht wütend zu werden.
    Vitarka-badhane pratipaksha-bhavanam PYS II.33
    Denke das Gegenteil, wenn du von
    störenden Gedanken verwirrt wirst.
    vitarka:
negativer Gedanke
    badhane:
überwinden; ins Positive wenden
    pratipaksha:
das Gegenteil
    bhavanam:
sollte gedacht werden
    Wenn destruktive Emotionen wie Hass, Wut oder das Verlangen, andere zu verletzen, entstehen, sollte man das Gegenteil denken. Erkenne das Potenzial der anderen Person für Mitgefühl und verstärke dadurch deinen eigenen Ausdruck der Güte. Betrachte andere mit Hoffnung. Sieh sie so, als ob sie ihre eigene Unwissenheit schon überwunden hätten. Wenn du sie negativ betrachtest, wird die Ausstrahlung deiner Denkweise dazu beitragen, dass du und die anderen noch weiter auseinandergetrieben werden, weil du dich selbst in eine überlegene Position versetzt.
    Der Spott, den dir andere bei deinem Engagement für die Tiere entgegenbringen, kann dir helfen, die vegane Botschaft besser zu artikulieren und für Tierrechte auf sachkundige und emotional glaubwürdige Art einzutreten.
    Wenn die anderen um dich herum verstehen, dass deine Prinzipien selbst durch ihre abschätzige Einstellung nicht so leicht zu erschüttern sind, werden sie sich bedroht fühlen. Sobald lebenslange Gewohnheiten und Denkweisen des Menschen infrage gestellt werden, ist es gut möglich, dass sie den Wahrheiten, die du ihnen zu vermitteln versuchst, vehement gegenübertreten. Wenn riesige Unternehmen das Gefühl haben, dass ihr finanzieller Gewinn in Gefahr ist, werden sie zweifellos mit aggressivem Widerstand reagieren. Erinnere dich: Der Grund, warum die Nutztierindustrie Erfolg haben konnte, lag an der Unwissenheit des Verbrauchers und dem niemals infrage gestellten Vertrauen in Autoritäten. Wird ihr Status gefährdet, werden die Nutztierindustrie und ihre jahrelangen Befürworter aus den Reihen der Regierung drastische Maßnahmen gegen alle Aktivisten ergreifen. Halte durch! Es handelt sich nur um Phase zwei. Die Akzeptanz der Wahrheit ist schon näher gerückt, denn sie ist das, was allem Sein zugrunde liegt. Die Wahrheit ist, dass wir alle eins sind und nur in unterschiedlicher Form in Erscheinung treten. Wie wir einander behandeln, wird in jedem Einzelnen und in der Gesamtheit widergespiegelt. Viele Leute werden abstreiten, dass sie sich jemals dagegen gewehrt haben, wenn sie erst einmal die Wahrheit erkannt haben. Mache dir darüber keine Gedanken. Erfreue dich an jedem Schritt, den jemand gemacht hat, um bewusster und heiler zu werden. Jeder Schritt in Richtung Wahrheit führt auch in Richtung Ganzheit.
    Das Individuum ist sowohl zu vollkommenem Mitgefühl als auch zu völliger Gleichgültigkeit fähig. Den Menschen ist es möglich, das Erstere zu fördern und über das Letztere hinauszuwachsen. Es gibt nichts Wirksameres als ein Individuum, das aus seinem Gewissen heraus handelt und dadurch dazu beiträgt, das