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You are Mine

You are Mine

Titel: You are Mine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kirstyn McDermott
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vertraute breite Grinsen und der geschmeidige Gang. Ruth ist weg, verschwunden, meine Arme sind leer. Ich lasse sie sinken.
    »Raus«, flüstere ich. Der Hass steigt bereits in mir auf, brennt noch die letzten kalten Reste von Ruth aus.
    »Schau dich an«, sagt Madigan. »Siechst hier unten in Träumen und Phantasien dahin.«
    »Ich habe gesagt, du sollst verschwinden.«
    Sie hebt den Stoff von der Leinwand und schnalzt mit der Zunge, als sie das Bild sieht. Ihr Selbstporträt, immer noch brillant und schön, immer noch beängstigend. »Du erinnerst das viel schöner, als ich das je gemalt habe.« Für einen Moment huscht Trauer über ihr Gesicht. »Das muss wohl die rosarote Brille sein.«
    Wortlos richte ich meinen Blick auf die Leinwand, beobachte, wie die Farbe schmilzt und verläuft, sich in hässliches Braun verwandelt. Die letzten Reste des menschlichen Gesichts machen es nur grotesker.
    Madigan grinst. »Oh, übel.«
    Ich balle die Hände zu Fäusten, knirsche mit den Zähnen, während ich meine Wut herunterschlucke, weil ich ihr die Befriedigung nicht gönnen will. Wie zur Hölle ist sie hierhergekommen, wie hat sie es geschafft, mich zu finden? Das ist mein Revier, mein Territorium; wenn sie denkt, sie könnte einfach –
    »Einfach was, Lexi? Durch deinen Geist wandern? Wann immer es mir gefällt?«
    Sie lächelt bösartig, will, dass ich es verstehe, will, dass ich meine lächerliche Macht – oder meine Machtlosigkeit – begreife, will absolut sicherstellen, dass ich weiß, dass es nichts gibt, das ich tun kann, keinen Ort, an den ich gehen kann. Sie wird immer in der Lage sein, mich zu finden.
    »Ich hasse dich.«
    Madigan rollt die Augen und lässt sich auf die Couch fallen. »Das hast du bereits gesagt. Und gesagt und gesagt. Du nervst ganz schön wie ein verdammter Moskito.«
    »Dann lass mich in Ruhe.«
    »Kann ich nicht.« Sie reibt sich die Stirn. »Ich will, dass du für ein paar Tage übernimmst. Ich bin müde und brauche ein bisschen Ruhe, tieferen Schlaf, als ich ihn in letzter Zeit bekommen habe. Es gibt Dinge, auf die ich mich vorbereiten muss.«
    Ich lache. »Fick dich ins Knie.«
    »Ich bitte dich höflich.«
    »Und was passiert, wenn keiner von uns auftaucht?«
    Sie zuckt so beiläufig mit den Achseln, als hätte sie darüber nicht schon Dutzende Male nachgedacht. »Wir fallen ins Koma, nehme ich an, oder irgendwas anderes in der Art. Aber die Situation ist zu heikel für so was, jemand muss da draußen aufpassen.« Ein zärtliches Lächeln. »Ich brauche dich immer noch, Lexi.«
    Ich schüttle den Kopf. Diese großen grünen Augen funktionieren nicht mehr bei mir, und außerdem, wenn wir beide hier drin sind, was passiert dann gerade in der wirklichen Welt?
    »Wir schlafen.« Sie tätschelt die Couch neben sich. »Komm her.«
    Eher hätte ich einen hungrigen Tiger aus der Hand gefüttert.
    Madigan runzelt die Stirn. »Ich gebe dir noch eine Chance, Lexi. Nach allem, was du getan hast, bin ich bereit, dir noch eine Chance zu geben. Du solltest sie wirklich ergreifen.«
    »Nach allem, was ich getan habe?«
    Sie hebt eine Hand, diese alte, vertraute Geste, die sofortiges Schweigen verlangt, ihre absolute Autorität klarstellen soll – genug, hör mir zu, braver kleiner Schoßhund –, und es macht mich wütend. Die letzten Reste meiner Selbstkontrolle brechen beim Aufblitzen ihrer Handfläche zusammen. Ich werfe mich auf sie, die Arme ausgestreckt in Richtung ihrer langen, fahlen Kehle. Ich freue mich schon auf das Knirschen ihres Kehlkopfes unter meinen Fingern, das erstickte Keuchen ihres letzten Atemzuges.
    Aber sie ist nicht mehr da und ich lande ungeschickt auf der Couch, die sofort zusammenbricht, um mich unsanft auf den Boden zu werfen. Der dreckige graue Teppich bewegt sich unter meinen Händen, verwandelt sich erst in Sand, dann in Schnee, dann in Leere, in das Nichts, alles in einem einzigen Augenblick. Ich rolle herum und schlage mir die Fäuste vors Gesicht.
    Weg. Verschwunden. Zumindest sehe ich sie nicht mehr, denn ihre Anwesenheit kann ich immer erstickend eng um mich fühlen, die Wärme ihres Atems, den Gestank ihrer Wut und dann ihre Stimme, ein flüssiges, zorniges Geräusch, das nicht wirklich aus Worten besteht und trotzdem verständlich ist: dumm dumm dumm dumm dumm.
    Ich keuche. Die Luft ist zu dünn zum Atmen. Der Anti-Ort drängt sich an mich heran, bedrängt mich von allen Seiten. So wird es also enden, ist das der Moment, in dem sie mich schließlich umbringt?

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