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You are Mine

You are Mine

Titel: You are Mine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kirstyn McDermott
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war man nicht immer schon gelaufen, hatte man nicht immer schon gesprochen, genauso wie man es heute tut?
    »Also, ich erinnere mich.« Der Tadel verwandelte sich in Nostalgie, als sie von einem lange vergangenen Morgen sprach, an dem unsere Kindergartengruppe eifrig damit beschäftigt gewesen war, lächelnde Sonnen und hellgrüne Kätzchen, Mamis in dreieckigen Kleidern und Papis mit extravaganten orangefarbenen Bärten zu malen. Sie wollte sich meine rote Wachsmalkreide ausleihen, weil das ihre Lieblingsfarbe war und alle anderen von irgendeinem Kind mit einer Schwäche für Wachs angekaut worden waren. Rot war auch meine Lieblingsfarbe, also hatten wir die nächsten paar Minuten damit verbracht, uns über Farben und Kreiden zu verbrüdern – die Art von zufälliger Freundschaft, die, nach allen Gesetzen der Kindheit, kaum den Nachmittag hätte überleben dürfen. Aber am nächsten Tag hat sie ihre Erdbeeren mit mir geteilt, und ich habe ihr eine rote Kreide von der Tafel gestohlen, und so hatte alles angefangen.
    »Fühlst du es?«, fragte sie plötzlich und stützte sich auf den Ellbogen auf. »Sag mir, dass du es fühlst.«
    »Was?«
    Ein Gefühl von Unumgänglichkeit, antwortete sie, von Schicksal – weil ihr kein weniger dramatisches Wort einfiel. Als zöge sich eine Verbindung von diesem ersten Moment bis ins Jetzt, und alles, was jemals passiert war, jede geplatzte Möglichkeit und falsch getroffene Entscheidung enthielte in sich einen unerbittlichen Drang zu genau diesem Punkt, der Gegenwart, zu uns .
    Schicksal. Die Begründung für alles.
    Ich lächelte. »Muss es einen Grund geben?«
    »Ja.« Ihre Antwort kam mit so wilder Energie, dass sie außer Frage stand. »Ja, muss es. Sonst ergibt nichts einen Sinn.«
    »Nichts was?«
    Schweigen. Viel zu lang.
    »Madigan?«
    Sie stöhnte, ein langgezogenes, zitterndes Geräusch, das mir sofort einen kalten Schauder über den Rücken jagte. Ich hatte plötzlich die feste Überzeugung, dass ich ihre nächsten Worte absolut nicht hören wollte.
    Aber es war bereits zu spät.
    »Ich bin krank, Lexi«, sagte Madigan. »Das musst du wissen. Genau jetzt, hier mit dir, und morgen und auch am Tag danach. Ich bin krank. Ich sterbe.«
    Nein, auf keinen Fall. Es war unmöglich, nicht wenn ihr Körper so warm und nackt und lebendig in meinen Armen lag, ihr Atem so sanft meine Haut streichelte. Absolut unfassbar, und ich musste etwas in dieser Richtung gemurmelt haben, weil sie meine Hand ergriff und sie so fest gegen ihre Brust drückte, dass ich das Klopfen ihres Herzens unter meiner Handfläche spüren konnte.
    »Es klingt stark, oder? Als würde es nie aufhören zu schlagen.«
    Ich nickte und Furcht stieg wie Galle in mir auf.
    »Der Schein kann trügen.«
    Und diese spezielle Lüge besaß sogar einen Namen, erklärte sie. Hypertrophe Kardiomyopathie. Ihr verräterisches Herz war in sich schadhaft und schwach, ein unheilbares Vermächtnis von Veranlagung und Zufall – wie die Mutter, so die Tochter, beide stolze Besitzer einer genetischen Zeitbombe. Dieser wichtigste klopfende Muskel war von Geburt an darauf programmiert, jederzeit zum Verräter zu werden, oft ohne Vorwarnung und sicherlich ohne Gnade.
    Ein gebrochenes Herz, ohne Heilungschance.
    »Meine Mutter hatte einen vorausgehenden Herzinfarkt«, erklärte Madigan. »Nur klein, aber sie haben jede Menge Tests gemacht – natürlich wurden keine Kosten gescheut –, und als sie schließlich entdeckt haben, dass es HCM ist …« Sie schnaubte abfällig. »Natürlich bestand Vater darauf, dass auch Bailey und ich uns sofort testen ließen, als machte es einen Unterschied, es zu wissen . Sie können es nicht heilen, weißt du. Oh, sie können es dir erklären, können dir ihre Resultate vor die Nase halten und dir genau die kleinen Marker zeigen, die bedeuten, dass du, Madigan, sterben wirst, während du, Bailey, weiterleben darfst – aber sie können es nicht heilen. Sie werden es niemals heilen können.«
    Wut und Frustration stiegen in Wellen von ihrem Körper auf. Sie zitterte und ich konnte sie nur fester an mich drücken, als könnte ich durch diese Nähe ihren Schmerz, ihre Angst, den ganzen verhedderten Knoten ihrer Krankheit in mich aufnehmen.
    »Uns wurde nichts gesagt«, erzählte Madigan weiter. »Nicht bevor Mutter gestorben war.« Vielleicht hatte Katherine nicht gewollt, dass ihre Kinder es wussten, hatte es für besser gehalten, ihre Träume nicht mit der Angst zu vergiften, dass genau diese Träume

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