You are not alone - Mein Bruder Michael Jackson (German Edition)
ins Auto und fuhren langsam davon, getrennt von den anderen und mit einem seltsam beklommenen Gefühl. Situationen wie diese gab es öfter, seit ich Hazel geheiratet hatte, denn Mr. Gordy wollte, dass seine Hazel überall alle erdenklichen Bequemlichkeiten genoss, und deshalb buchte er für sie einen extra Wagen und eigene Sicherheitskräfte. Was hätte ich tun sollen? Dem Boss sagen, dass er seine väterlichen Aufmerksamkeiten einstellen sollte? Meine Frau allein reisen lassen, um mit meinen Brüdern und ihren Frauen im Bus zu sitzen? Nein, ich nahm die Dinge, wie sie waren, und hoffte, dass es keinen Ärger geben werde. Das war natürlich Wunschdenken, vor allem, was meine Schwägerinnen betraf. Sie waren es, nicht meine Brüder, die Hazel ihre Sonderbehandlung missgönnten. Und das sorgte für erste Risse in einem Gefüge, in dem Neid zuvor nicht das geringste Problem gewesen war. Es war klar, dass es irgendwann zum großen Krach kommen musste. Das geschah in der Abflughalle auf dem Flughafen von Kingston, als wir den Rückflug antreten wollten.
Jackies Ehefrau Enid hatte sich mit Hazel nie vertragen. Beim Check-in beschwerte sie sich nun ausgiebig über irgendetwas, und sie sprach übertrieben laut; ganz offensichtlich legte sie es darauf an, dass man sie hörte. Als sie keine Ruhe gab, kommentierte Hazel schließlich knapp: „Blöd gelaufen, Enid!“
Enid fuhr auf. „Jackie! Hast du gehört, was sie gesagt hat?“
„Lass gut sein, Enid“, sagte Jackie, der ebenso schockiert war wie wir anderen.
Jeder Mann weiß, dass so etwas das Schlimmste ist, was man in einer solchen Situation sagen kann. Die Auseinandersetzung eskalierte. Enid fiel nun über Jackie her, er schubste sie, und sie stürzte.
Michael war entsetzt. „So ist das früher nie gewesen, früher hatten wir Spaß“, sagte er. Er hasste Streit, und dieser Vorfall bestärkte ihn in seiner Ansicht, dass Ehefrauen nur Probleme machten und nichts als Ablenkung darstellten. Genau aus diesem Grund ist übrigens auch diese Geschichte, laut deren Hazel sich in unsere Choreographie einmischte, völlig lächerlich. Keiner von den Brüdern hätte so etwas akzeptiert. Michael schon gar nicht.
Für ihn reichte es, dass er sich außerhalb des Proberaums mit den kleinen Eifersüchteleien herumschlagen musste. Er hatte sogar einen speziellen Ausdruck für die intrigierenden Frauen aus dem Film Die zehn Gebote entlehnt: Nach der Frau, die Moses zu beeinflussen versuchte, nannte er sie „verräterische kleine Pfauen mit scharfen Krallen“. Frauen waren der Grund dafür, dass Bands auseinanderbrachen: Sie hatten ihre eigenen Vorstellungen davon, was ihre Männer tun sollten. Aufgrund dieser Überlegungen schwor sich Michael, nie zu heiraten, bevor er nicht eine Seelenverwandte gefunden hätte, die ihm auch in kreativer Hinsicht ebenbürtig war. Davon abgesehen hatte er sich noch viel zu viele Ziele gesteckt und wollte sich durch nichts und niemanden behindern lassen. Aber dieser Vorfall am Flughafen war einer von vielen, die sich Mitte der Siebzigerjahre ereigneten. Letztlich war das auch das Thema, das Michael in seinem Hit „Wanna Be Startin’ Something“ von 1983 verarbeitete. Seine Überzeugung, dass Ehefrauen stets irgendwelchen Ärger anzetteln, ist aus diesem Text gut herauszulesen.
In dieser Zeit fiel es Motown zunehmend schwer, die Familie zusammenzuhalten. Viele Künstler waren mit der Promotion und den Verkaufszahlen nicht mehr zufrieden. Die Four Tops und Gladys Knight & The Pips suchten sich neue Labels, und die Temptations machten es ihnen wenig später nach. Marvin Gaye nahm sich ein Beispiel an Stevie Wonder und drängte darauf, größere Kontrolle über das Songwriting und den Aufnahmeprozess zu erhalten, und nachdem ihm das nach langen Diskussionen gelungen war, lieferte er mit What’s Going On ein unvergessliches Album ab. Michael nannte diese Platte ein „echtes Meisterwerk“ und stellte das Cover gut sichtbar auf ein Regal in Hayvenhurst – als Dekorationsstück, das schön anzusehen war, aber vor allem als nachahmenswertes Beispiel. Es lehnt noch heute genau dort, wo er es damals hingestellt hat.
Betrachtet man die Entwicklung von heute aus, dann scheint es wirklich so, als ob damals alle Künstler unter neuem Management aufblühten oder zumindest mehr künstlerische Freiheiten genossen. Alle außer den Jackson 5. Michael betonte stets: „Auf unserem eigenen Schiff sind wir die Kapitäne“, und nach dem Ausflug nach Vegas, bei
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