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You are not alone - Mein Bruder Michael Jackson (German Edition)

You are not alone - Mein Bruder Michael Jackson (German Edition)

Titel: You are not alone - Mein Bruder Michael Jackson (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jermaine Jackson
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Michael. In meiner unentschuldbaren Naivität glaubte ich, dass niemand außer den Produzenten und dem Tontechniker das hören werde, denn der Text war eigentlich nicht zur Veröffentlichung bestimmt. Nachdem ich die zornigen Vocals eingesungen hatte – und mich wesentlich besser und befreiter fühlte –, nahmen wir eine andere Fassung auf. Es war die ursprünglich geplante Version von „Word To The Badd“, mit T-Boz von TLC. Der Hook wurde beibehalten, jedoch ohne die Anspielungen auf Michael im Text. Als wir uns an den Rest der Aufnahmen für das Album machten, das 1992 veröffentlicht werden sollte, dachte ich nicht mehr an die Sache. Meine größten Hoffnungen lagen auf einem vor Energie strotzenden Song mit einem explosiven Beat, der den Hörer in seinen Bann zieht. Er hieß „You Said, You Said“.
    Ich kann mich nicht mehr erinnern, wo ich mich gerade aufhielt, als die Bombe hochging. Ich erinnere mich nur noch an jemanden, der mich anrief und fragte, ob ich Radio gehört hätte. Und so fand ich heraus, dass die aggressive Version von „Word To The Badd“ illegal an die Öffentlichkeit gelangt war.
    Jemand hatte der Versuchung nicht widerstehen können, und so wurde das Stück bei einem Radiosender in Los Angeles und seinem New Yorker Pendant ununterbrochen gespielt. Ein neunmalkluger DJ hatte seinen großen Tag, indem er eine Parallele zwischen den Textzeilen „You changed your shade / Was your colour wrong?“ und Michaels kurz vor der Veröffentlichung stehender Single „Black Or White“ zog – natürlich mit einem höhnischen Unterton. Ich fühlte mich gedemütigt: Ich war der Mann, der auf einem Überwachungsvideo mit einer Pistole in der Hand zu sehen war, jedoch kein Verbrechen verübt hatte. Allerdings schien die Beweislage erdrückend. Vor meinem geistigen Auge sah ich ein Bild von mir, das in allen Medien mit der Schlagzeile veröffentlicht wurde: „Haben Sie diesen Täter gesehen?“ Schuldig, ohne jeden Zweifel. Ich schämte mich in Grund und Boden.
    Meine Dummheit, auf die Intimität des Studios zu vertrauen und diese Version, die ja wirklich nur meiner persönlichen Befreiung diente, nicht zu löschen, verfolgte mich mit brutaler Konsequenz. Ich musste mich den Tatsachen stellen: Jermaine Jackson singt einen Text, der Michael Jackson angreift und zutiefst beleidigt. Es konnte keinen schlimmeren Angriff auf unsere brüderliche Loyalität geben!
    Ich schnappte mir sofort den Telefonhörer und rief Mr. Gordy an, der immer ein Fels in der Brandung gewesen war.
    Sein Ratschlag war unmissverständlich und erlöste mich von meiner Verwirrung. „Hast du den Text geschrieben?“
    „Nein.“
    „Aber du hast ihn gesungen?“
    „Ja.“
    „Warst du während der Aufnahme verärgert?“
    „Ja.“
    „Tja, dann musst du die volle Verantwortung übernehmen, Jermaine. Ich kann dazu nicht mehr sagen.“
    Ich muss ungefähr eine Stunde lang im Auto gesessen haben, mit Selbstanklagen beschäftigt. Am liebsten hätte ich den Kopf auf das Armaturenbrett geschlagen und danach gegen die Windschutzscheibe gehauen. Ich wollte Michael sofort anrufen, doch was hätte das gebracht? Jemand hätte meine Nachricht entgegengenommen, die aber unbeantwortet geblieben wäre. Besonders in dieser Situation! Ich wollte der Welt meine Unschuld beteuern, darauf hoffend, dass die Menschen die Lüge glaubten. Mein wahres Ich hatte das nicht gemacht – und das war die Wahrheit. Nun blieb mir nicht anders mehr übrig, als zu der Tat zu stehen und die Konsequenzen zu tragen.
    Ich wurde von Larry King für seine Sendung auf CNN eingeladen und versuchte alles zu erklären, es in den richtigen Kontext zu setzen und auf verminderte Schuldfähigkeit angesichts der Umstände zu plädieren. Es war ein Song, den ich niemals hätte singen und schon gar nicht aufnehmen dürfen. Doch das öffentliche Bekenntnis veränderte nicht die grundsätzliche Sachlage. Mir ging es vor allem darum, die Beziehung zu Michael wiederherzustellen, die eindeutig Schaden genommen hatte. Natürlich rief Mutter an, um zu erfahren, was denn da los sei, und sich zu versichern, dass ich wirklich diesen Text singe. Michael konnte es nicht fassen. Niemand konnte es fassen. Ich hörte ständig die gleiche Frage von den mir nahestehenden Menschen: „Was hast du dir nur dabei gedacht?“ Mir fiel dazu keine angemessene Antwort ein. Nach diesem Erlebnis empfand ich Wut und Ärger nie wieder als berechtigte Emotionen.
    Unsere Mutter sorgte stets für den

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