You are not alone - Mein Bruder Michael Jackson (German Edition)
Familienfrieden. Sie war es auch, die uns in Hayvenhurst zu einem Gespräch unter vier Augen zusammenbrachte. „Hör nicht auf die Medien“, riet sie Michael. „Hör nicht auf deine Berater. Lass dir alles von Jermaine erklären, und dann regelt ihr das wie Brüder, wie richtige Männer.“
Zum ersten Mal in unserem Leben sollten wir eine Sache von Angesicht zu Angesicht klären. Wir mussten uns einem riesigen Problem stellen und es direkt beim Namen nennen.
Ich hielt mich in der oberen Etage in Hayvenhurst auf, als ich Michael in der Lobby hörte und ernste, gedämpfte Stimmen vernahm, die man normalerweise nur mit einem Gipfeltreffen in Verbindung bringen würde. Als ich hinunterging, warteten er, Mutter und Joseph in der Bibliothek. Er nahm auf dem Sofa neben mir Platz, sodass sich unsere Knie beinahe berührten. Neben ihm saß Mutter, Joseph setzte sich auf das mir gegenüberstehende Sofa am anderen Ende des Couchtisches. Ich konnte mich an keinen derart großen Streit erinnern. Noch nicht mal in unserer Kindheit hatte es eine so heftige Auseinandersetzung gegeben. Somit empfand ich die steife Situation zwischen uns als fremd. Zuerst die Distanz – nun die Zwietracht.
Anfänglich vermieden wir jeglichen Blickkontakt. Michael richtete den Blick auf den Boden. Ich starrte Mutter an. Joseph vermittelte den Eindruck, als wollte er jede Sekunde unsere Köpfe gegeneinanderschlagen. Doch er sagte nichts. Er war nun ein Vater, der mit Spannung darauf wartete, wie seine Söhne ein Problem selbständig lösten.
Mutter brachte das Gespräch ins Rollen. Sie erinnerte uns an die Liebe und an die Nähe zwischen Michael und mir, und deutete an, dass es gar nicht so weit hätte kommen dürfen. Ich begann zu reden, nicht auf eine schnelle Entschuldigung setzend, sondern mit einem genau kalkulierten Unterton in der Stimme. Die Unterhaltung ist mir gut im Gedächtnis geblieben: „Wir standen uns sehr nahe, doch nun sind acht Jahre vergangen … acht Jahre, Michael. In der ganzen Zeit haben wir uns so gut wie nie gesehen, nichts gemeinsam unternommen. Ich spreche im Moment für alle, nicht nur für mich.“ Er schaute mich an. Nun sahen wir uns direkt in die Augen. Ich fuhr fort: „In diesen acht Jahren hat anscheinend jeder über uns Gerüchte verbreitet, als würde er die Familie kennen. Wir hätten zusammenhalten müssen, aber du gingst fort und … “
„Und wegen der acht Jahre meinst du, ich hätte solch einen Song verdient?“, unterbrach er mich. „ Das schmerzt mich, und ich hätte das niemals erwartet … nicht von dir, Jermaine.“
„Ich habe das Stück nicht geschrieben.“
„Du hast es gesungen.“
„Ich sang es, als ich wütend auf dich war. Der Text steht nicht für meine wahren Gefühle dir gegenüber, und das weißt du auch.“
„ Du hast du diesen Text gesungen“, entgegnete Michael und zeigte mir durch diese Aussage, dass er vollkommen im Recht war.
Ich sah die Verletzung, den Schmerz in seinen Augen. Ich hatte das zu verantworten, und das tat mir unglaublich weh. „Ich will mich bei dir entschuldigen“, meinte ich mit leiser Stimme. Da ich nun meinen Verrat zugegeben hatte, wollte ich Michael erklären, wie ich unzählige Male versucht hatte, ihn zu erreichen und ihm Nachrichten hinterließ. Ich schilderte ihm meine Frustration. „Erinnerst du dich an den Film über Tutanchamun, den du ignoriert hast?“
„Ich weiß gar nichts von einem Film über den König“, erklärte er, sichtlich erstaunt. „Ich erhielt keine Nachrichten.“
„Und da denkst du dir nichts dabei? Die dich umgebenden Menschen schirmen dich von uns ab!“ Angesichts der Bestätigung meines Verdachts, dass die Nachrichten von seinen Wachhunden ausgefiltert wurden, spürte ich Wut in mir aufsteigen.
Michael versprach, sich um das Problem zu kümmern.
„Doch das entschuldigt immer noch nicht die Zeit, die du in den acht Jahren verschwendet hast“, erinnerte ich ihn. Wenn wir schon gemeinsam am Tisch sitzen, muss alles raus, dachte ich mir.
Michael versuchte sich umständlich zu rechtfertigen, sagte, dass dahinter keine Absicht gesteckt habe und er zu beschäftigt gewesen sei. Er habe viel reisen, auf Tour gehen, im Studio produzieren und Videos aufnehmen müssen. Er sprach unaufhörlich, was ich als eine Rationalisierung des zugrundeliegenden Problems interpretierte.
Schließlich hatte ich genug. „ABER MICHAEL, WIR SIND DEINE FAMILIE! Für deine Familie MUSST du dir immer Zeit nehmen!“, brüllte ich und
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